Finanzberater tragen mit individuellem Rat zu solider Altersversorgung ihrer Kunden bei. Für viele Berater scheint die Aufgabe damit erledigt zu sein, doch das ist ein gewaltiger Trugschluss. "Der einzelne kann nicht planen, wie lange das angesparte Geld reichen muss", weiß Ronald Perschke, Vorstand der Initiative Ruhestandsplanung. Dieses 2014 gegründete Netzwerk sieht sich zugleich als Denkfabrik zur Ruhestandsplanung.

"Erfahrungen aus der Altersvorsorgeberatung sind nur begrenzt übertragbar, denn die bisherigen Beratungsschwerpunkte müssen an die Ziele, Bedürfnisse und Wünsche dieser Lebensphase der finanziellen Ernte angepasst werden", so Perschke weiter, im Hauptberuf Vorstand der Going Public Akademie für Finanzberatung in Berlin.

Warum das Geschäftsfeld noch zu selten beackert wird
Dieser Prozess besteht klassisch, wie es Berater kennen, ebenfalls aus Bestandsaufnahme, Analyse, Umsetzung und regelmäßiger Kontrolle. Der Blick wird aber auf den gesamten Ruhestand erweitert. "Der Zielgruppe fehlt jemand, der konzeptionell die gesamte Finanz- und Vorsorgesituation analysiert", legt Perschke den Finger in die Wunde. Das gilt auch für Unternehmen.

Dazu plauderte am Freitag (17.2.) Lutz Ammon (63) im Rahmen einer Webinar-Reihe der Initiative Ruhestandsplanung aus dem Nähkästchen, wie er Ruhestandsplanung in Abstimmung mit Arbeitgebern als betriebliche Mehrwertberatung umsetzt. Ammon ist zertifizierter Ruhestandsplaner (FH) und Generationenberater (IHK). "Betriebliche Ruhestandsplanung lässt sich als Türöffner für Unternehmens- und Privatkunden nutzen", ermuntert er Beraterkollegen.

Einkommensstrategie für Ruhestand bei drohender Entlassung
Ammon selbst hat einen sehr speziellen Ansatz der Ruhestandsplanung gesucht und gefunden. Ein gewerkschaftsnaher Dienstleister kam auf ihn zu, ob er Interesse hätte, ein Dax-Unternahmen, in dem personelle Umstrukturierungen anstanden, im Rahmen einer Ruhestandsplanung zu betreuen. Der Arbeitgeber war bereit, dies für die betroffenen Arbeitnehmer, zumeist zwischen 55 und 60 Jahre alt, zu bezahlen. Ammon spricht von 500 bis 1.000 Euro pro Mitarbeiter – zuzüglich Kosten für Steuerberatung.

Hintergrund: Der Arbeitgeber wollte die Umstrukturierungen sozial verantwortlich organisieren und mit Abfindungen und Altersteilzeit-Regelungen garnieren und in diesem Zusammenhang auch eine sach- und fachgerechte Beratung bieten. Die betroffenen Arbeitnehmer wiederum wollten die finanziellen Ausgleichsangebote prüfen und beurteilen lassen, um ihre künftige Einkommensstrategie zu finden, und dies bei absoluter Anonymität. "Durch meine Beratung, die unabhängig von den Interessen des Arbeitgebers erfolgte, ist die Annahmequote der Unternehmensangebote an die Mitarbeiter nachweislich um bis zu 55  Prozent gestiegen", so der Ruhestandsplaner.

Arbeitgeber zahlt Beratung, Kunde ist Arbeitnehmer
Jeder Arbeitnehmer habe einen Beratungsgutschein im Wert der oben genannten Summe bekommen. In zwei Jahren erfolgten dann laut Ammon 250 Beratungen seiner Kunden, also der Arbeitnehmer. "Das alles in enger Kooperation mit Steuerberatern und manchmal auch mit Anwälten aus meinem Netzwerk, um unerlaubte Beratung zu vermeiden", betont der Generationenberater.

Zentrale Punkte dieser Beratungen für die Mitarbeiter sind zumeist 13 Themen-Komplexe – siehe folgende Grafik (MA = Mitarbeiter).

Quelle: Initiative Ruhestandsplanung

Dabei soll Antwort auf die Frage gefunden werden, wie der Mitarbeiter auf Basis des bisherigen Gehaltsniveaus auch künftig über die Runden kommt. Die allgemeine Vorarbeit mit dem Arbeitgeber dauerte laut Ammon rund sechs Monate. Dabei ging es vor allem um Vorüberlegungen, die Erstellung eines Fragenkatalogs für Mitarbeiter, Ammons Analyse auf Machbarkeit für sich selbst auf Basis der Anforderungen des Arbeitgebers und des vorgegebenen Budgets und Planung der Umsetzung.

Zeitmanagement entscheidet über Wirtschaftlichkeit
Durch die restriktive Budgetvorgabe sah sich der Berater genötigt, mit mindestens 4 bis maximal 8 Stunden pro Mitarbeiter auszukommen. "Durch die Pandemie bin ich zur reinen Online-Beratung übergegangen, die sehr gut angenommen wurde", erinnert sich Ammon. Er durfte aber auch weiter während der Arbeitszeit und in den Geschäftsräumen der Firma tätig sein. Einzige Bedingung des Unternehmens: keinerlei Produktvermittlung auf dem Firmengelände.

Solchen Versuchungen ist der Ruhestandsplaner nach eigener Aussage nicht erlegen, da die Flut an Beratungen seine Arbeitszeit komplett ausfüllt. Er komme nicht mehr dazu, seine bisherige Tätigkeit als Finanzmakler fortzuführen. Seinen Berufskollegen rät er, bei der Ruhestandsplanung eine realistische Zeiteinschätzung vorzunehmen, stets nach der Analyse ein persönliches Gespräch (am besten per Video) zur Kontrolle der erfragten Daten zu führen und stets den Mehrwert in den Vordergrund zu stellen.

Vergütungschancen bei Ruhestandsplanung
Der Vergütungsanspruch könne bei der Ruhestandsplanung breit gefächert sein, so Ammon. Das beginnt bei der knappen Analyse für einen Ruhestands-Check-up für 99 Euro und reicht bis zur eigentlichen Analyse für rund 2.000 Euro. Für weitergehende Rentenberatung oder Anlageplanung könnten 150 Euro Stundenhonorar angemessen sein, für die Vermittlung von Produkten ebenfalls Honorar oder Courtagen. Ammons Fazit: Es gibt keinen besseren Weg, frei Haus Mandanten aus kostenlosen Leads zu generieren. Das klappe nicht nur in Dax-Unternehmen, sondern auch in mittleren und mitunter auch kleineren Firmen.

"Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg ist nicht die Vergütungsform, sondern dass Kunden den hohen Mehrwert dieser Konzeptberatung für sich erkennen können", so Perschke, der das Webinar moderierte. Der Nutzen betrieblicher Ruhestandsplanung sei für beide Seiten beträchtlich, so Ammon – siehe Grafik unten. (dpo)

Quelle: Initiative Ruhestandsplanung