Wie sich die Zeiten ändern: Die Liquiditätsquoten offener Immobillienfonds waren vor einigen Jahren der Grund dafür, dass ein großer Teil der für freie Vermittler zugänglichen Portfolios geschlossen wurden. Die Fonds hatten schlicht zu wenig Barreserven angehäuft, um jene Scharen von Anlegern auszuzahlen, die aus Sorge vor einem Überschwappen der US-Immobilienkrise nach Europa ihre Anteilscheine hastig zurückgeben wollten.

Nun haben sich die Vorzeichen umgekehrt: Viele Fondsmanager haben mit zu großer Liquidität bei gleichzeitg nachlassendem Angebot an aussichtsreichen Anlageobjekten zu kämpfen. Beleg: 2016 ist die nach Fondsvermögen gewichtete Bruttoliquiditätsquote deutlich von durchschnittlich 21 auf 22,9 Prozent angestiegen. Das entspricht einem absoluten Liquiditätszuwachs von drei Milliarden Euro, wie Scope nach Analyse von insgesamt 18 Fonds mit einem aggregierten Vermögen von 77,7 Milliarden Euro feststellt.

Der Ratingagentur zufolge weisen von den großen und etablierten Fonds aktuell der Uniimmo: Deutschland (28,4%) und der Hausinvest (25,4%) die höchsten Liquiditätsquoten auf. Letzterer ist zugleich der Fonds mit der stärksten Mittelzunahme im vergangenen Jahr: Die Liquiditätsquote schwoll von 11,8 auf enrome 25,4 Prozent an – und hat sich damit mehr als verdoppelt. Das bringt vielfach Probleme mit sich: Das mangels Investmestmöglichkeiten bei Banken zwischengeparkte Geld zieht aufgrund der Mini-oder sogar Negativzinsen die Renditen der Portfolios immer weiter nach unten.

"Betongold"-Begeisterung kennt keine Grenzen
Grund für die hohen Barbestände ist die anhaltend hohe Nachfrage: Zahlreiche Anleger betrachten offene Immobilienfonds im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld als lukrative Anlage, so Scope. Zwar liege die Performance der Fonds aktuell nur bei durchschnittlich 2,3 Prozent per annum. Dennoch liegt sie damit noch deutlich über dem Niveau, das sich derzeit mit Rentenpapieren von Emittenten hoher Bonität erzielen lässt – geschweige denn mit Tages- oder Festgeld..

Da es den meisten Fonds dennoch nicht möglich ist, Objekte im Umfang der Netto-Mittelzuflüsse anzukaufen, bleiben ihnen nur zwei weitere Möglichkeiten, um die Liquidität zu
begrenzen. Die erste: Sie tilgen ausstehende Kredite. Ein Trend zu niedrigen Kreditquoten ist bereits seit einigen Jahren zu beobachten und hat sich 2016 fortgesetzt. Die durchschnittliche Kreditquote der von Scope untersuchten 18 Portfolios ist nochmals um mehr als 1,5 Prozentpunkte auf nunmehr 15 Prozent gefallen.

Die zweite Möglichkeit zur Liquiditätssteuerung: Die Fonds nehmen schlicht keine Anlegergelder mehr an. Derzeit reglementieren nahezu alle Anbieter die Mittelzuflüsse in ihre Fonds. Lediglich der Hausinvest und der Grundbesitz Global nehmen weiterhin noch uneingeschränkt neue Mittel an.

Anlegerinteresse bleibt auch 2017 ungebrochen
Die Ratingagentur erwartet auch für 2017 ein bleibend großes Anlegerinteresse für offene Immobilienfonds. Fondsmanager stehen daher auch in diesem Jahr vor der Herausforderung, Mittelzuflüsse zu begrenzen und Liquidität effektiv zu steuern.

Ein Ende der hohen Nachfrage nach offenen Immobilienfonds erwartet Scope erst, falls das Zinsniveau spürbar ansteigt und Rentenpapiere wieder auskömmliche Renditen ermöglichen. An diesem Punkt würden auch Anleger, die offene Immobilienfonds derzeit als Termingeld-Ersatz verwenden, wieder aussteigen. (jb)