Er ist lahm gestartet, nahm dann etwas Fahrt auf und hat erst zuletzt richtig Tempo vorgelegt – der European Long-Term Investment Fund (ELTIF). ELTIFs haben im Jahr 2022 die Volumen-Grenze von zehn Milliarden Euro überschritten, und das ist ein echter Rekord. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Analysehauses Scope.

ELTIFs sind langfristig angelegte Fonds, die es auch Privatanlegern ermöglichen, in nicht-börsennotierte, alternative Anlagen wie Private Equity, Private Debt oder Infrastruktur zu investieren. Das Fondsvehikel wurde bereits 2015 von der Europäischen Union (EU) zugelassen. Doch während das Angebot an ELTIFs jahrelang hinter den Erwartungen zurückblieb, brachten die Assets under Management solcher Fonds in Europa per Ende 2022 11,3 Milliarden Euro auf die Waage, heißt es in der Scope-Studie.

Fast vier Milliarden Euro neu investiert
Der Untersuchung zufolge wurden im vergangenen Jahr fast vier Milliarden Euro in ELTIFs neu platziert. Dies ist ein Wachstum von mehr als 50 Prozent. Rund 7,5 Milliarden Euro waren 2022 in solche Fonds investiert. 15 Asset Manager legten 23 neue ELTIFs auf, sieben davon brachten zum ersten Mal einen langfristigen europäischen Investmentfonds an den Markt. Damit sind nach den Daten von Scope derzeit 77 ELTIF-Strategien von 38 Asset Managern registriert. Die mit Abstand meisten Produkte (44) wurden von der luxemburgischen Finanzaufsicht CSSF zugelassen.

Der größte europäische ELTIF-Markt ist nach wie vor Frankreich. Hier ruhten Ende vergangenen Jahres 3,8 Milliarden in Fonds dieser Art. Das Geld kam überwiegend von institutionellen Kunden. An zweiter Stelle folgt Italien, wo sich die Assets under Management von ELTIFs auf 2,5 Milliarden Euro belaufen. Zu 95 Prozent wurden die Anlegergelder in Privatkunden-ELTIFs platziert. 

Deutschland hinkt hinterher
Deutschland hinkt im europäischen Vergleich mit 1,5 Milliarden Euro in Langfristfonds noch etwas hinterher. 2022 lag das Wachstum hier bei 600 Millionen Euro. Allerdings entfallen zwei Drittel des Volumens allein auf den Klimavest der Commerz Real.

Abseits des Klimavest habe sich der ELTIF hierzulande bislang nur im Private-Wealth-Segment etabliert. Im vergangenen Jahr seien keine signifikanten Vertriebskanäle hinzugekommen, erklärte Scope-Analystin Andrea Vathje am Donnerstag (23.3.) bei der Präsentation der Studie. "In Deutschland herrscht immer noch eine gewisse Skepsis gegenüber geschlossenen Produkten", sagte Vathje. Der Grund seien die oftmals negativen Erfahrungen, die Anleger während der Finanzkrise mit geschlossenen Fonds gemacht hatten. 

Kundennachfrage nimmt zu
Da ELTIF-Strategien als Produktkategorie nicht im Fokus standen, sei auch auf Seiten der Berater in den vergangenen Jahren eher wenig Know-how aufgebaut worden. Doch das könnte sich nun ändern. Seit Jahresbeginn erkennt Scope eine dynamischere Entwicklung am deutschen ELTIF-Markt. Die Kundennachfrage nehme zu, kleinere Stiftungen und Family Offices fänden mehr und mehr Geschmack an den europäischen Langfristvehikeln, auch bei Maklerpools steige das Interesse. 

Als klaren Treiber dieser Entwicklung sieht Scope die kürzlich vom EU-Parlament verabschiedete überarbeitete ELTIF-Verordnung, die deutliche Erleichterungen für den Vertrieb vorsieht. So entfällt künftig etwa die Mindestanlagesumme von 10.000 Euro. Der Vermögenscheck und die gesonderte Geeignetheitsprüfung, die Berater bisher vornehmen mussten, wenn sich Kunden für ein ELTIF-Investment interessierten, sind nicht mehr notwendig. 

Erleichterungen auch für Anbieter
Auch für die Anbieter von ELTIFs bringt die Reform Verbesserungen: Sie dürfen in Zukunft unter anderem in ein breiteres Spektrum an Vermögenswerten investieren. Fondsmanager können auch in Dachfonds anlegen, die keine ELTIFs sind, sowie in Master-Feeder-Strukturen. Die überarbeitete Verordnung wird voraussichtlich am 8. April 2023 in Kraft treten und ab dem 10. Januar 2024 anzuwenden sein. Allerdings ist es Asset Managern freigestellt, Produkte bereits jetzt schon nach den reformierten Vorschriften aufzulegen.

Und die Pipeline ist mit neuen Produkten gut gefüllt. Blackrock hat bereits zwei neue ELTIFs im Fundraising, Neuberger Berman und Schroders sammeln derzeit für jeweils einen solchen Fonds Investorengelder ein. Aquila Capital, Moonfare, Muzinich, die Partners Group, die UBS und Union Investment planen die Auflage neuer ELTIFs.

J.P. Morgan AM kündigt ELTIF-Offensive an
Auch der US-Investmentmanager J.P. Morgan Asset Management hat vor, ein umfassendes Angebot an europäischen langfristigen Investmentfonds aufzubauen. Das kündigte der für das Neugeschäft mit alternativen Anlagen verantwortliche Mark Minichiello bei einer Veranstaltung in London an. "Für uns ist es eine strategische Priorität, Privatanlegern alternative Anlagen anzubieten", sagte Minichiello. Details nannte er noch nicht.

Das Analysehaus Scope zeigt sich für die weitere Entwicklung des europäischen ELTIF-Marktes optimistisch: Nach Einschätzung der Analysten könnten sich die Assets under Management der Langfristfonds bis 2028 in Summe auf 35 bis 50 Milliarden Euro belaufen. (am/jh)