Die Coronakrise ist für wohlhabende Anleger ein heftiger Schlag ins Kontor. Im laufenden Jahr werden die privaten Finanzvermögen weltweit zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2008 nicht wachsen, sondern schrumpfen.

Das geht aus dem aktuellen "Global Wealth Report" der Boston Consulting Group (BCG) hervor, über den die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) berichtet. Die Beratungsgesellschaft hat dafür Zahlen von Privatbanken und Vermögensverwaltern ausgewertet. Der Report zeigt: Die Covid-19-Pandemie hat Milliarden pulverisiert; weitere Verluste sind keineswegs ausgeschlossen.

Die Deutschen verschenken Rendite...
So ist das Finanzvermögen der Deutschen von 2018 auf 2019 noch gestiegen, und zwar währungsbereinigt um rund 6,4 Prozent auf 7,7 Billionen US-Dollar. Mit dieser Entwicklung liegt die Bundesrepublik im globalen Vergleich auf dem fünften Platz. "Der Anstieg ist zum einen auf die starke Entwicklung des Dax zurückzuführen, zum anderen auf das erfolgreiche volkswirtschaftliche Jahr 2019 mit einem Zuwachs des Bruttoinlandprodukts zum zehnten Mal in Folge“, sagt Anna Zakrzewski, BCG-Partnerin und Autorin der Studie. Im Vergleich zu den USA sei der Anstieg aber nur moderat. 2019 hätten die Deutschen eine gute Chance der Vermögenssteigerung verpasst.

Und es wird eher schlechter als besser: Während Prognosen aus dem Jahr 2019 ein weltweites jährliches Vermögenswachstum von 5,7 Prozent und in Deutschland von 4,6 Prozent für die kommenden fünf Jahre zeigten, ergeben sich durch die aktuelle Pandemie deutlich nach unten korrigierte Szenarien. "Das Vermögen der Deutschen wird im besten Fall bis 2024 voraussichtlich um 4,2 Prozentpunkte pro Jahr auf 9,5 Billionen US-Dollar wachsen. Bei einer langsamen Erholung der Wirtschaft ist mit einem maximalen Wachstum von 3,4 Prozentpunkten pro Jahr, im schlimmsten Fall nur mit 2,5 Prozentpunkten zu rechnen", präzisiert Zakrzewski.

Österreich macht's besser
Im Nachbarland Österreich sieht es besser aus: Dort ist das Finanzvermögen von 2018 auf 2019 währungsbereinigt um sieben Prozent auf 900 Milliarden US-Dollar gestiegen. Mit dieser Entwicklung liegt Österreich im weltweiten Vergleich des Gesamtvermögens auf Platz 26. Österreicher halten 33 Prozent ihres Vermögens in Aktien und Investmentfonds. Damit liegen sie acht Prozentpunkte über dem Durchschnitt Westeuropas. "Entgegen der vorherrschenden Meinung zeigt sich, dass die Österreicher dem Aktienmarkt gegenüber aufgeschlossen sind“, sagt Zakrzewski. Doch auch hier zeigt der Trend abwärts: Das Vermögen der Österreicher wird laut BCG-Hochrechnung im besten Fall bis 2024 voraussichtlich um 3,7 Prozentpunkte pro Jahr auf dann eine Billion US-Dollar wachsen. Bei einer langsamen Erholung der Wirtschaft ist mit einem maximalen Wachstum von 2,9 Prozentpunkten pro Jahr, im schlimmsten Fall nur mit 1,7 Prozentpunkten zu rechnen.

Für beide Länder gilt: "Wir erleben seit zehn Jahren einen Bullenmarkt. Dieses ideale Umfeld und die damit verbundenen hohen Mittelzuflüsse haben Vermögensverwalter davor bewahrt, schwierige Entscheidungen treffen zu müssen. Jetzt stehen neue Zeiten an, in denen diese Entscheidungen beschleunigt werden müssen“, sagt Zakrzewski.

Banken und Berater hinken der Zeit hinterher
2021 dürften die Privatvermögen gleichwohl wieder zulegen, wenn auch langsamer als zuvor. Frauen werden bei dieser Erholung aller Voraussicht nach die Nase vorn haben, schreiben die Studienautoren: Ihr Anteil am globalen Reichtum dürfte von aktuell 32,5 Prozent auf 34,2 Prozent im Jahr 2023 steigen. Entsprechend dem mittleren Erholungsszenario der BCG würden Frauen rund um den Globus dann 85 Billionen US-Dollar kontrollieren. 

Die BCG-Berater nennen drei Gründe dafür, dass Frauen in der Post-Corona-Welt schneller wohlhabender werden dürften als Männer: Sie werden immer häufiger ebenso gut bezahlt, sie besetzen inzwischen öfter Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft, und immer mehr Frauen betätigen sich als Unternehmerinnen. Besonders stark ausgeprägt sind diese Trends den Experten zufolge in Nordamerika, Westeuropa und Asien, außer in Japan.

Vermögensberater und Banken scheinen auf die neue, weibliche Normalität indes schlecht vorbereitet. In vielen Kreditinstituten dominieren traditionelle Rollenbilder mit dem Mann als Entscheider, konstatieren die BCG-Experten. Auch Vermögensberater berücksichtigen laut der Studie die Bedürfnisse ihrer weiblichen Kundschaft längst nicht genug. Dabei gibt es durchaus Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So tendieren Frauen etwa im Schnitt stärker zu nachhaltigen Investments als Männer, halten mehr Bargeld und sind weniger stark in Aktien investiert. (fp/ps)