Der "Vertriebswege-Survey Leben 2015" der Unternehmensberatung Willis Towers Watson ergab ein erwartetes und ein unerwartetes Resultat. Dass die deutschen Lebensversicherer 2015 rund sechs Prozent weniger Neugeschäft verzeichneten, dürfte niemanden überraschen. Dass sich die Vertriebswege für die Produkte kaum geändert haben, kam dagegen für die Experten völlig unerwartet. Das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) hat sich hier noch nicht erkennbar ausgewirkt und die freien Makler eben nicht zurückgeworfen, wie die Beratungsgesellschaft in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Studie schreibt.

Im Detail gab das Neugeschäft gegen laufende Beiträge (- 4,4%) weniger stark nach als das Einmalbeitragsgeschäft (- 9,0%). Der starke Rückgang beim Einmalgeschäft ist auch der Grund, warum die freien Makler kaum Boden verloren haben. Die Spezialisten von Willis Towers Watson gingen im vergangenen Jahr davon aus, dass das LVRG mit seinen beschlossenen Kürzungen der Abschlusscourtagen die Makler am meisten, die Ausschließlichkeitsorganisationen (AO) der Versicherer dagegen am wenigsten treffen würde. Die Makler haben in der Vergangenheit schließlich die höchsten Courtagesätze erhalten.

Diese Entwicklung sei aber von der Entscheidung der Versicherer überlagert worden, die AO mit einem reduzierten Angebot an Einmalbeitrags-Produkten "auszubremsen": "Einige Versicherer haben ihr Angebot gegen Einmalbeitrag bewusst reduziert. Das trifft die Ausschließlichkeitsvertreter härter als die unabhängigen Vermittler, die sich für das Einmalbeitragsgeschäft dann andere Partner suchen", sagt Ulrich Wiesenewsky, Leiter Distribution Services bei Willis Towers Watson. Diese Entwicklung habe die eigentlich erwarteten Effekte aus dem LVRG völlig überlagert: "Die vollständige Wirkung des LVRG ist bisher noch nicht erkennbar", erklärt er weiter. Viele Versicherer würden vermutlich noch weiter an ihren Vergütungssystemen arbeiten, da Provisionen und Courtagen weiter unter Druck geraten werden und insbesondere eine noch stärkere Verteilung über die Laufzeit eines Vertrages erfolgen wird.

Bankvertrieb baut Spitzenposition im Neugeschäft aus
Daher hat sich an der Verteilung der Vertriebskanäle im Lebensgeschäft nicht viel geändert (siehe Grafik). Mit einem Marktanteil von 30,4 Prozent ist der Bankvertrieb nicht nur weiterhin der führende Vertriebsweg für Lebensversicherungsprodukte. Er konnte seine Position weiter ausbauen. Ihm folgt die AO mit 27,5 Prozent. Sie hat jedoch vergleichsweise signifikant Marktanteile verloren. Der Anteil der unabhängigen Vermittler blieb mit einem Anteil von 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stabil.  

 

Quelle: Willis Towers Watson; APE = Summe aus laufenden Prämien plus 10 Prozent der Einmalprämien

Online-Vertrieb hat das größte Potenzial
Wachstumschancen sehen die Studienteilnehmer – zumindest für ihr eigenes Unternehmen – eindeutig bei Vergleichsportalen und im Direktvertrieb: 97 beziehungsweise 94 Prozent der Teilnehmer erwarten hier eine steigende oder zumindest gleichbleibende Bedeutung.

Als stabile Säulen schätzen die Befragten nach wie vor auch die AO und Banken ein. Dagegen sinkt die erwartete Bedeutung der unabhängigen Vermittler seit einigen Jahren stetig: 2012 sahen noch 91 Prozent Wachstumschancen für die Makler, 2015 waren es lediglich 77 Prozent. (jb)