Der Oberurseler Maklerpool BCA wehrt sich gegen Vorwürfe der "Wirtschaftswoche", in seinem Haftungsdach Bank für Vermögen (BfV) schlecht ausgebildete Berater angebunden und damit möglicherweise gegen das Gesetz verstoßen zu haben. "Diese Behauptung ist falsch", heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Die Bank habe die gesetzlichen Vorgaben stets eingehalten. "Im Rahmen wiederholter Prüfungen durch die Aufsicht gab es hierzu keine Beanstandungen." (Siehe zu diesem Thema auch den Kommentar von FONDS professionell-Redakteur Bernd Mikosch: "Medienschelte für die BCA – ein Denkanstoß".)

Bei der BfV seien "möglicherweise Berater tätig, die nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Qualifikation verfügen", heißt es in dem Artikel. Das sei ein Fall für die Finanzaufsicht Bafin. Die BfV schaffe sich "offenbar ihre eigenen Regeln". So werde die nötige Sachkunde durch die bisherige Anbindung an den Maklerpool nachgewiesen, obwohl das Gesetz eine einschlägige Ausbildung oder zumindest eine mehrjährige Tätigkeit in einem KWG-regulierten Institut vorsehe. "Die mehrjährige Tätigkeit für einen Maklerpool reicht nicht einmal, um die Ausnahmeregel für alte Hasen in Anspruch zu nehmen", zitiert das Wirtschaftsmagazin Nero Knapp, den Geschäftsführer des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter (VuV).

Bloße Poolanbindung ist kein Qualifikationsnachweis
Knapps Auffassung trifft zwar zu – die bloße Anbindung an einen Maklerpool würde als Sachkundenachweis nicht ausreichen, wie eine Bafin-Sprecherin gegenüber FONDS professionell ONLINE bestätigte. Doch die BCA bietet zusätzliche Schulungen an, um die Berater entsprechend zu qualifizieren. Damit wird dem Gesetz genüge getan.

Es ist nicht ganz trivial, zu verstehen, wie die nötige Qualifikation nachgewiesen werden kann. Zwar umschreibt die für diesen Fall relevante WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung, welche Anforderungen an Anlageberater und vertraglich gebundene Vermittler zu stellen sind, und zählt exemplarisch anerkannte Qualifikationen auf. Die Sachkunde kann aber nicht nur durch Abschluss- und Arbeitszeugnisse oder langjähige Tätigkeit für ein KWG-Institut nachgewiesen werden, sondern auch "durch Schulungsnachweise oder in anderer geeigneter Weise". "Das Kreditwesengesetz schreibt lediglich vor, dass ein vertraglich gebundener Vermittler zuverlässig und fachlich geeignet sein muss", sagte Philipp Mertens, Partner der Kanzlei BMS Rechtsanwälte, gegenüber FONDS professionell ONLINE. "Es gibt jedoch keine abschließend geregelte formale Qualifikation – anders als bei gewerblichen Finanzanlagenvermittlern mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung." Die Bafin-Sprecherin bestätigte diese Sichtweise.

Haftungsdächer legen eigene Anforderungskataloge fest
Die Haftungsdächer legen also eigenständig fest, wie sie die geforderte fachliche Eignung ihrer Vermittler nachweisen. "Das geschieht in aller Regel in Absprache mit der Bafin, schließlich wollen die Institute sicher sein, dass ihre Kriterien den Anforderungen der Aufsicht genügen", so Mertens. Ob der selbst gewählte Anforderungskatalog eingehalten wird, kontrolliert der Wirtschaftsprüfer für seinen jährlichen Prüfbericht, der wiederum der Bafin vorgelegt wird.

So verfährt auch die BCA. "Selbstverständlich können wir für jeden einzelnen unserer rund 400 angebundenen Vermittler nachweisen, dass er über die notwendige Sachkunde verfügt. Die Bafin kann diese Akten jederzeit einsehen", sagte BCA- und BfV-Vorstand Oliver Lang im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. "Bei einem Verstoß gegen das Gesetz würden wir nicht nur die Bafin-Erlaubnis unseres Instituts aufs Spiel setzen, sondern die Finanzaufsicht könnte Bußgelder auch gegen die Vorstände persönlich anordnen", sagte Langs Vorstandskollege Frank Ulbricht. "Schon deshalb achten wir peinlich genau darauf, alle Vorgaben einzuhalten."

"Damals herrschte eine große Unsicherheit"
Die Wirtschaftswoche geht auch auf die Praxis der BfV ein, Vermittler entsprechend ihrer Qualifikation unterschiedlichen Haftungsdachstufen zuzuordnen. "Das dürfte den gesetzlichen Vorgaben kaum gerecht werden", wird VuV-Geschäftsführer Knapp zitiert. Hingewiesen wird auch auf die Tatsache, dass die BCA im Oktober 2012, kurz vor Einführung der neuen Anforderungen an vertraglich gebundene Vermittler, rund 200 Berater aus dem Maklerpool an die BfV angebunden hat. Im Raum steht der Vorwurf, die Vermittler seien unter das Haftungsdach geflüchtet, um sich die kurz darauf geforderte Zulassung nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung (GewO) zu sparen.

Im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE verteidigten Lang und Ulbricht dieses Vorgehen. "Damals herrschte eine große Unsicherheit unter den Vermittlern, unter anderem mit Blick auf die bevorstehenden Prüf- und Dokumentationspflichten, die eine 34f-Zulassung mit sich bringen würde", sagte Ulbricht. "Diesen Vermittlern gab das Haftungsdach die Gewissheit, auch künftig noch rechtssicher beraten zu können. Im Grunde haben sie sich Backoffice-Dienstleistungen eingekauft, etwa die Kontrolle der Beratungsdokumentation durch die Bank. Es ist keinesfalls so, dass sich Dutzende ehemalige 34c-Vermittler unter unser Haftungsdach 'gerettet' haben, die keine 34f-Zulassung erhalten hätten. Solche Kandidaten hätten wir überhaupt nicht aufgenommen." Überprüfen lässt sich diese Aussage für Außenstehende freilich nicht.

Unglücklicher Artikel des BfV-Generalbevollmächtigten
Lang zufolge werden generell nur Makler ans Haftungsdach angebunden, deren Beratungshistorie BCA lückenlos nachverfolgen kann. Ein Vermittler, der in der Vergangenheit nur zu Fonds beraten hat, wird auch im Haftungsdach nur für diese Produkte freigeschaltet. "Wer mit 34f-Zulassung ins Haftungsdach kommt und dann zu Aktien beraten möchte, muss vorher selbstverständlich eine entsprechende Schulung absolvieren", sagte Lang. Das sei auch der Hintergrund, warum es drei verschiedene Haftungsdachstufen gebe – je nach Qualifikationsniveau und Geschäftsmodell des Beraters. Auch der Wettbewerber NFS Netfonds bietet eine Basis-Haftungsdachstufe an, in der nur zu Fonds, aber nicht zu Aktien beraten werden darf.

Die Wirtschaftswoche verweist zudem auf einen Artikel des BfV-Generalbevollmächtigten Jörg Strobel aus dem Jahr 2012, in dem er Vermittlern bis Ende Oktober jenes Jahres einen Anschluss an ein Haftungsdach "noch zu den derzeit gültigen Qualifikationsvoraussetzungen" empfehle. Die Botschaft: Wer sich jetzt noch dem BCA-Haftungsdach anschließe, entkomme den strengen Regeln des neuen Gesetzes. Die BCA entgegnet in ihrer Stellungnahme, Strobels Zitate seien aus dem "Zusammenhang gerissen" und "sinnentstellend" verwendet worden. Wer den gesamten Artikel liest, findet Argumente für beide Positionen. Für Außenstehende ist die Schlussfolgerung der Wirtschaftswoche jedenfalls durchaus nachvollziehbar, auch wenn die BCA das anders sehen mag.

Trügerische Hoffnung für vermeintlich geschädigte Anleger
Am Schluss macht der Wirtschaftswoche-Artikel noch vermeintlich geschädigten Anlegern Hoffnung. Die Autorin zitiert einen Anlegeranwalt mit folgender Argumentation: Wer von einem Vermittler ohne die gesetzlich geforderte Qualifikation ein mieses Finanzprodukt verkauft bekomme, habe gute Chancen, sein Geld zuzüglich entgangener Zinsen wiederzubekommen. "Jedes schlecht laufende Produkt und jeder unzufriedene Kunde würde damit für die BfV zu einem finanziellen Risiko", so das Wirtschaftsmagazin.

Das mag einleuchtend klingen, ist aber keinesfalls ausgemacht. "Bei einer nachweisbaren Falschberatung würde das Institut für den Fehler seines Vermittlers haften", so BMS-Anwalt Mertens. "Ob der Vermittler allerdings die nötige Qualifikation mitbringt oder nicht, ist lediglich aufsichtsrechtlich relevant. Das Institut würde dann Ärger mit der Bafin bekommen. Für den Zivilprozess des vermeintlich geschädigten Anlegers spielt diese Frage keine Rolle. Insbesondere führt dieser Umstand nicht zu einer verschärften Haftung", meint Mertens.

"Eine solide Ausbildung gibt eine gewisse Sicherheit"
VuV-Geschäftsführer Knapp, einer der wichtigsten Zitatgeber in dem Artikel, sagte gegenüber FONDS professionell ONLINE, er habe nichts gegen Haftungsdächer oder die BCA. Er habe lediglich seine Rechtsauffassung kundgetan. Ihn ärgere, dass der Gesetzgeber zwar die Qualität der Anlageberatung verbessern wollte, beim Nachweis der Sachkunde bei Mitarbeitern in der Anlageberatung aber neben dem formellen Abschluss auch einen "anderen geeigneten Nachweis" ermöglicht habe, der weder vom Wirtschaftsprüfer noch von der Aufsicht substanziell überprüft werden könne.

"Eine solide Ausbildung garantiert natürlich auch noch keine gute Beratung, sie gibt allerdings strukturell eine gewisse Sicherheit, dass weniger schiefläuft", sagte Knapp. Diese Chance habe der Gesetzgeber verpasst. "Das Anlageberaterregister suggeriert, dass nur noch qualifizierte Berater unterwegs sind. Doch das ist leider nicht der Fall." (bm)