Die rechnergestützte Anlageberatung mausert sich zu einer echten Alternative zum klassischen persönlichen Gespräch. Traditionelle bankunabhängige Berater werde es aber auch in Zukunft geben. Dieser Ansicht ist Robert Freitag, geschäftsführender Gesellschafter der Sutor Bank. "Die meisten Bankberater dürfen gar nicht beraten, sondern müssen die Produkte ihrer Häuser verkaufen. Nur wer wirklich produktunabhängig beraten darf, kann dies wirklich gut machen – und das ist in vielen Banken nicht der Fall", sagt er. Das sogenannte Robo-Advising werde sich als neue Dienstleistung auf jeden Fall durchsetzen, weil es zudem zum digitalen Lebensstil vieler Bankkunden passe. Damit sei die klassische Bertung nicht Geschichte. "Nicht klar ist aber, welche Aufgabe Vermögensverwalter noch haben werden", sagt Freitag.

Die heranwachsende Generation braucht und möchte oftmals keine persönlichen Ansprechpartner mehr. So dürften Themen wie Anlagestrategien, Asset- und Risikomanagement künftig wohl Aufgabe von Robo-Advisors werden. Menschlichen Beratern dagegen bleibt es vorbehalten, komplexe Vermögensverhältnisse en detail zu analysieren und individuelle, ganzheitliche Strategien auszuarbeiten, die sich nicht mittels Algorithmen umsetzen lassen, erwartet Freitag.

Anleger sollten ihre Erwartungen an Robo-Berater grundsätzlich nicht zu hoch hängen. "Ein online vorgeschlagenes Portfolio ist nicht a priori die bessere Alternative", findet Salome Preiswerk vom Online-Vermögensverwalter Whitebox. Denn online hin oder her: Auch hier gebe es Anbieter, die ausschließlich von vereinnahmten Rückvergütungen lebten. "Oder solche, die lediglich als Finanzanlagenvermittler einer Fondsgesellschaft agieren. Nur die Anbieter, die völlig unabhängig Anlagevorschläge machen und -entscheidungen treffen können und dafür ausschließlich das Honorar ihrer Kunden vereinnahmen, haben gute Voraussetzungen, eine bessere Alternative darzustellen."

Finanzberatung muss sich von Grund auf ändern
Menschen, Roboter und Banken werden in Zukunft anders zusammenarbeiten, meint Peter Härtling, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Ruhestandsplanung: "Die Finanzberatung muss sich von Grund auf ändern", sagt er. Die Nachfrage nach echter Beratung steigt seiner Einschätzung nach enorm, denn die Menschen werden immer älter und haben mehr Angst vor Altersarmut. "Darauf haben die Banken keine Antwort, sie beraten immer noch so, als wäre das Leben mit 75 zu Ende."

Seit Jahrzehnten werde bankenseitig in Deutschland am Kunden vorbei beraten, kritisiert Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Bank. "Das Problem an der Beratung herkömmlicher Banken liegt aber nicht in der Person des Beraters, sondern in den falschen Anreizen. Wer an Provisionen verdient, muss seinen Verdienst gegen den Nutzen des Kunden abwägen – und allzu oft fällt der Kundennutzen dabei hinten runter." 

Robo-Advising und Bankberatung dürften in Zukunft weiter zusammenwachsen, erwartet Schmidt. Es gebe ganz klar noch das Bedürfnis nach persönlicher Beratung, aber: "Das Bankwesen ändert, erneuert und transformiert sich durch den Einsatz von Robos", sagt Schmidt. Das für jedwedes Finanzgeschäft erforderliche Vertrauen werde es aber erst dann gewinnen, wenn der Nutzen für den Kunden immer wieder neu unter Beweis gestellt wird. (fp)