Versicherungsstudie: Mehr Direktgeschäft, weniger Vermittler
Herausfordernd, aber nicht hoffnungslos: Das ist die Zukunft klassischer Vermittler, falls Führungskräfte aus der Versicherungswirtschaft recht behalten. Das Onlinegeschäft wird die Zahl der Vertriebler weiter dezimieren – ganz auf sie verzichten will allerdings niemand.
Die Versicherungswirtschaft in Deutschland verharrt im Stimmungstief. Nur rund jeder vierte Entscheider geht davon aus, dass sich die Branche in den kommenden drei Jahren signifikant besser als die Gesamtwirtschaft entwickeln wird. Damit hat sich die Gemütsverfassung seit 2017 kaum verändert, trotz ordentlicher Wachstumszahlen im vergangenen Geschäftsjahr. Auch für die Zukunft des klassischen Vertriebs sind die Verantwortlichen skeptisch, wie die Studie "Branchenkompass Insurance 2019" der Beratungsgesellschaft Sopra Steria Consulting feststellt.
Mit Blick auf die kommenden drei Geschäftsjahre sehen die befragten Versicherungsführungskräfte einen Rückgang der Vermittlerzahlen zugunsten des Direktgeschäfts über Onlinekanäle. Ein Grund dafür ist, dass mehr als die Hälfte der Gesellschaften aus Kostengründen mit durchgehend digitalen Prozessen mehr direkte Onlineabschlüsse ermöglichen und die Schaden-Kosten-Quoten so massiv senken möchte.
Vermittler selbst bei Digitalversicherern gefragt
Allerdings bleiben die Berater für viele Produkte wie komplexe Lebensversicherungen unverzichtbar, so ein weiteres Ergebnis. Die Vermittler würden bei der Anbahnung von Neugschäft zukünftig aber deutlich stärker als bislang durch Technologien wie Künstliche Intelligenz unterstützt, so die Prognose. Als Vertriebsmodell der Zukunft erwarten drei Viertel der Befragten daher kein Ende der persönlichen Beratung, sondern einen Hybridansatz.
Denn selbst rein digitale Versicherer setzen auf die Nähe zu erfahrenen Vertriebsexperten. Neodigital und Wefox bieten beispielsweise digitale Sachversicherungen über Makler an. Wefox unterstützt traditionelle Vertriebler darüber hinaus mit einem digitalen Backoffice. "Wir werden erleben, wie die Versicherer mit ihrer Markenbekanntheit, Makler und Vermittler mit ihrem Vertriebs-Know-how sowie Insurtechs mit ihrer technischen Innovationsstärke deutlich enger zusammenrücken", sagt Christian Diemaier von Sopra Steria Consulting. (jb)
Über die Studie
Die Ergebnisse der Studie "Branchenkompass Insurance 2019" wurden in zwei Schritten erhoben. Sopra Steria Consulting und das FAZ-Institut haben Versicherungsführungskräfte zusammengebracht und mit ihnen über die Themen diskutiert, die die Branche bewegen. Kundenzentrierung, Vertrieb und Angebotsmanagement mithilfe Künstlicher Intelligenz sowie Cloud Computing standen im Fokus. Im März und April 2019 wurden darüber hinaus 100 Führungskräfte aus Versicherungen zu den Branchentrends, Herausforderungen und Strategien befragt. Die Onlinebefragung wurde mit Führungskräften von Versicherern unterschiedlicher Sparten und Größe durchgeführt.
