Stefan Duchateau lehrt als Professor für Risiko- und Portfoliomanagement an den belgischen Universitäten Leuven und Hasselt. Zuvor arbeitete er als Fondsmanager bei KBC Asset Management und war Präsident sowie Verwaltungsratsvorsitzender des belgischen Hauses. Nun berät er das Portfoliomanagement des Global Allocation UI bei der Vermögensverwaltung PTAM aus Metzingen. Im Interview mit FONDS professionell ONLINE erläutert Duchateau, weshalb klassische Mischfonds längst nicht überholt sind.


Herr Duchateau, Multi-Asset-Fonds gelten unter Fachleuten in der Investment-Industrie als Heilsbringer. Der Grund: Anleihen werfen keine Renditen mehr ab; die Risiken an den Aktienmärkten sind vielen Anlegern zu groß. Alternative Strategien versprechen einen besseren Mix aus Rendite und Risiko. Ist der herkömmliche Mischfonds tot?

Stefan Duchateau: Tatsächlich, klassische Mischfonds funktionieren nicht mehr? Mein Portfolio hat in den vergangenen sieben Jahren hervorragende Renditen erwirtschaftet – nur mit einer Aufteilung zwischen Aktien, Anleihen und Kassen-Bestand. Auch anderen Mischfonds-Managern gelang es, gute Erträge einzufahren. Der Mischfonds ist also mitnichten tot.

Wie kann diese Kategorie im Niedrigzinsumfeld fortbestehen?

Duchateau: Anleihen spielen nicht mehr die entscheidende Bedeutung für die Rendite. Sie sind vor allem dazu da, Risiken breiter zu streuen. Erträge kommen von der Aktienseite. Anleger sollten niemals die Stärke von Aktien unterschätzen. Natürlich schwingen die Kurse mal auf und mal ab, aber auf lange Sicht lassen sich mit Dividendenpapieren so hohe Erträge erwirtschaften wie mit keiner einer anderen Anlageklasse. Und ich spreche hier nicht von vermeintlich langen Zeiträumen von ein paar Jahren, sondern von einem Horizont ab acht oder zehn Jahren.

Anleger mit viel Geduld sollten also nur auf Aktien setzen?

Duchateau: Wer die zwischenzeitlichen Schwankungen aushalten kann: ja! Aber mit Blick auf vorsichtigere Anleger mische ich für ein ausgewogenes Risikoprofil auch Anleihen hinzu – oder parke Vermögen im Geldmarkt. Auch in Zeiten des Niedrigzinses lassen sich mit Bonds Erträge erwirtschaften. Natürlich muss man dafür von deutschen Bundesanleihen abrücken und Papiere aus Italien, Spanien, Irland oder Polen wählen, sich im Bereich der Unternehmensbonds und Hochzinstitel umschauen oder Schwellenländer hinzunehmen.

Aber genau das erhöht doch die Risiken im Portfolio, oder nicht?

Duchateau: Nicht unbedingt. Hier muss man zwischen dem Markt- und dem Kreditrisiko unterscheiden. Ein Beispiel hierfür war das Referendum in Italien über die Verfassungsreform. Unabhängig vom Ergebnis haben wir uns gefragt: Würde Italien zusammenbrechen und seine Schulden nicht mehr bedienen können? Wir meinten 'Nein' – der Markt preiste aber so ein Szenario in den Bondrenditen ein. Niedrigzinsen sind ohnehin ein Thema der Vergangenheit.

Warum?

Duchateau: Ganz einfach: Die US-Notenbank wird die Zinsen anheben, auch die Europäische Zentralbank stimmt die Märkte auf einen Rückgang der expansiven Geldpolitik ein. Gewiss ist es unangenehm für Anleihe-Investoren, wenn die Zinsen steigen. Aber dann schraubt man eben die Empfindlichkeit des Portfolios für Zinsänderungen herunter und kauft kurze Laufzeiten. Genau das mache ich gerade. Ich versuche den Zeitpunkt abzupassen, wenn die Zinsen nicht mehr weiter steigen und kaufe dann Anleihen mit höherem Kupon.

Was halten Sie von Gold im Portfolio?

Duchateau: Nichts. Ich verstehe die Bessenheit von Goldanlegern einfach nicht. Gold stellt überhaupt keine Form der Geldanlage dar. Und als Absicherung im Krisenfall taugt es auch nicht: Als eine der ersten Reaktionen auf Krisen wird der private Goldbesitz verboten.

Aktien, Anleihen, Kassen-Bestand: Das ist also Ihr Rezept?

Duchateau: Genau. Ganz ehrlich: Ich halte die Multi-Asset-Idee für einen puren Marketing-Begriff. Mischfonds haben früher schon den Anlegern Erträge geliefert, und das werden sie auch weiterhin tun. Das Konzept funktioniert nach wie vor.

Viele Multi-Asset-Fonds schauen sich Strategien aus der Hedgefonds-Welt ab. Sehen Sie da keine interessanten Ansätze?

Duchateau: Für spekulativer ausgerichtete Investoren sind Hedgefonds durchaus interessant. Aber es gibt einen großen Haken: Hedgefonds-Strategien funktionieren nur richtig, wenn man einen Hebel ansetzt. Für die Kreditfinanzierung muss man Sicherheiten hinterlegen – und die Strategie absichern. Deswegen tragen Hedgefonds ja eigentlich auch ihren Namen: Sie sind "gehedged", also gesichert. Ohne Hebelung spielen solche Strategien bestenfalls zwei Prozent Rendite ein. Das ist nicht wirklich interessant. In europäischen Publikumsfonds ist eine Leverage nicht erlaubt. Daher ergibt der Einsatz solcher Strategien in Fonds für Durchschnittsanleger keinen Sinn.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)