Wer professionell zu Finanzthemen berät, sollte sich dem Thema Verfügungen und Vollmachten intensiv widmen. Denn diese Dokumente sind nicht nur für den Kunden wichtig, sondern auch für den Berater. Warum das so ist, erläutert Ulrich Welzel, Inhaber der Unternehmensberatung Brain!Active aus Taufkirchen bei München, in folgendem Gastbeitrag für FONDS professionell ONLINE. (bm)


Verfügungen und Vollmachten sind der Finanz- und Nachlassplanung nicht mehr wegzudenken. Warum diese sinnvollen Bausteine der professionellen Finanzplanung so wenig genutzt werden, liegt oft daran, dass sich die Berater nicht im Thema auskennen. Die meisten Berater (72%) haben selber nicht vorgesorgt, kennen sich zu wenig im Thema aus und sprechen deshalb die Kunden nur selten drauf an.

Wer heute Finanzplanung professionell betreibt, egal ob in der Bank oder als freier Berater, dem empfiehlt sich, sich dem Thema Verfügungen und Vollmachten intensiv zu widmen. Bereits beim Ersttermin gehören Vollmachten und Verfügungen explizit angesprochen. Nie wieder hat der Berater so eine gute Chance, alles von seinem Kunden zu erfahren. Gemeint ist nicht der Vermögensstatus, sondern was seine Ziele, seine inneren Antreiber sind, und was dem Kunden wirklich wichtig ist. Ein wesentlicher Teil der 50, 60 Fragen im Erstgespräch gilt der Absicherung, den Verfügungen, etwaigen Testamenten und Vollmachten.

Einfache Vollmachten gelten als erster Vertrauenstest
Professionelle Berater halten sich im Erstgespräch an einem klaren Schema fest: Redeanteil Berater 20 Prozent – Redeanteil Kunde 80 Prozent. Am Ende des 90-minütigen Gesprächs kann der Berater sofort testen, ob er den Neukunden von sich begeistert hat: Nach der Gesprächszusammenfassung lässt sich der Berater die Richtigkeit der gemachten Angaben und Informationen, Vollmachten für den Steuerberater, Versicherungsgesellschaften und Investmentbanken unterschreiben.

Unterschreibt der Kunde bereits hier, ist das der beste Vertrauensbeweis, obwohl noch kein Umsatz geschrieben wurde. Profis bekommen immer ihre Unterschriften. Diese Unterschriften sind die wohl wichtigsten Unterschriften beim Aufbau einer guten Geschäftsbeziehung und der beste Vertrauensbeweis. Beides dient als Basis für zukünftige Abschlüsse.

Warum Verfügungen und Vollmachten ansprechen
Die Basis für Vermögensaufbau, Vermögenserhalt und Nachlassplanung ist eine gute Absicherung. Erkrankungen und Unfälle verändern Familien. Neben vielen Unfällen, die das Leben der Betroffenen und deren Familien dramatisch verändern können, erkranken jährlich 490.000 Menschen an Krebs, 300.000 erleiden einen Herzinfarkt und 270.000 einen Schlaganfall.

Ist ein Mensch nicht mehr in der Lage, seine eigenen Interessen zu vertreten, Entscheidungen zu treffen oder seinen Alltag zu regeln, wird es für Angehörige oft schwierig. Diese Situationen können sich Gesunde kaum vorstellen, sie hoffen darauf, dass es ihnen nicht passiert. Sollte im familiären Umfeld der Fall der Fälle eintreten, gehen 75 Prozent der Deutschen davon aus, dass engste Familienangehörige für sie entscheiden könnten. Ein großer Irrtum! Ein Irrtum, der heftige Folgen haben kann.

Volljährige dürfen keine rechtsverbindlichen Entscheidungen für andere im Haushalt lebende volljährige Menschen treffen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Das gilt auch für Ehepartner. Selbst Eltern dürfen nur bis zum 18. Geburtstag ihrer Kinder entscheiden. Das trifft auch zu, wenn die Kinder noch zuhause wohnen. Jeder Bundesbürger benötigt ab dem 18. Lebensjahr eine eigene Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.

Patientenverfügung
Für den Fall, dass eine Person ihren Willen auf Grund von Erkrankungen nicht mehr wirksam erklären kann, gilt die Patientenverfügung als schriftliche Vorausverfügung. Die Patientenverfügung ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts und dokumentiert den Willen des künftig Betroffenen. Der Verfügende entscheidet schon heute für den Fall einer schweren Krankheit oder eines schweren Unfalls über künftige medizinische Behandlungen. Die Patientenverfügung umfasst auch die Entscheidungen des Betroffenen zu lebensverlängernden Maßnahmen.

Für Ärzte, Pfleger, Pflegeheimbetreiber, Angehörige, Bevollmächtige und/oder Betreuer ist der in der Patientenverfügung geäußerte Wille verbindlich und dient gleichzeitig als Hilfestellung. Die Rechtswirksamkeit und Verbindlichkeit wurde am 1. September 2009 im Patientenverfügungsgesetz (BGB, § 1901) geregelt.

Ohne Vorsorgevollmacht wird das Depot liquidiert
Erstes Ziel der Vorsorgevollmacht ist die Vermeidung einer gesetzlichen Betreuung (nach § 1896 BGB). Für den Fall, dass der Vollmachtgeber sein Leben nicht mehr selbstständig führen kann, überträgt er einer anderen Person die Wahrnehmung einzelner oder auch aller Angelegenheiten. Die Vorsorgevollmacht regelt genau, welche Rechte dem Bevollmächtigten übertragen werden sollen und welche nicht. Vollmachten können schon im Krankheitsfall sinnvoll sein. Die Wirkungsbereiche erstrecken sich auf die Rechtsgebiete Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Vermögenssorge, Rechtsangelegenheiten, Postöffnung und Fernmeldewesen etc.

Somit kann der Bevollmächtigte handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Wer keine Vollmacht hat, läuft Gefahr, einen gerichtlich bestellten Betreuer zur Seite gestellt zu bekommen. Dessen Ziel ist es, dass alle Geldanlagen mündelsicher angelegt werden. Notgedrungen werden dann Beteiligungen, Depots und andere nicht mündelsichere Vermögenwerte sofort aufgelöst. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Geldanlagen aus erbschaftssteuerlicher Sicht sinnvoll sein könnten. Schon aus diesem Grund müsste jeder Berater ein Interesse daran haben, dass sich sein Kunde frühzeitig Gedanken über eine Vorsorgevollmacht macht.

Vollmacht erleichtert Nachlassabwicklung
Die Vorsorgevollmacht kann grundsätzlich formfrei ausgestellt sein oder auch mündlich erteilt werden. Sinnvoll ist es jedoch, eine schriftliche Vorsorgevollmacht zu erteilen. Sie gilt als die beste Form des Nachweises für das Bestehen. Der Umfang kann schriftlich durch ein Ankreuzverfahren bestimmt werden und darf keine Bedingungen enthalten. Rechtsichere Formulare stellt das Bundesjustizministerium kostenfrei zur Verfügung.

Es können eine oder mehrere Personen bestimmt werden, denen der Vollmachtgeber vertraut und bei denen er sicher sein kann, dass sein Wille gegenüber Medizinern, Pflegeeinrichtungen und Juristen durchgesetzt werden kann. Ehepartner benötigen jeder eine Vollmacht. Eine Ausnahme gilt bei Eltern gegenüber minderjährigen Kindern. Tritt der Fall der Fälle ein, hat der Bevollmächtigte den Nachweis gegenüber Ärzten und/oder Dritten zu erbringen, dass er im Besitz der Originalvollmacht ist.

Überprüft wird dann, für welchen Bereich diese Vollmacht gegeben wurde. Der Vollmachtgeber kann entscheiden, für welchen Wirkungskreis ihn der Bevollmächtigte vertreten soll. Hat der Berater die Themen proaktiv angesprochen, und der Kunde hat dementsprechend vorgesorgt, lässt sich im Fall der Nachlassabwicklung für beide Seiten vieles einfacher handhaben.

Fazit
Neben der professionellen Gesprächsführung sind Verfügungen und Vollmachten eines der wichtigsten Bestandteile der lebensphasenorientierten Finanzplanung. Sie dienen ausschließlich dem Vertrauensaufbau, was letztendlich zu mehr Umsatz führt. Speziell im Unternehmens- und Kreditbereich sollten Banken höchstes Interesse daran haben.


Ulrich Welzel ist gelernter Banker, Nachlassplaner, Unternehmensberater, Fachbuchautor, Trainer, Hospizbegleiter und Demenzhelfer. Er ist ausgebildet in psychosozialer Notfallversorgung (Krisenintervention) und arbeitet als Dozent an verschiedenen Bankhochschulen/Akademien. Welzel berät Banken und Finanzdienstleister bei der Verbesserung der Beratungsqualität, hilft bei der Positionierung und zeigt praxisnah, was bei der Beratung der vermögendsten Zielgruppe 60plus zu beachten ist.