Starttermin war der 2. August 2022: Seitdem haben Berater bei Banken und Sparkassen zu erheben, welche Nachhaltigkeitskriterien ihre Neu- und Bestandskunden bei einer Geldanlage berücksichtigt wissen möchten. So will es die überarbeitete Fassung der Delegierten Verordnung 2017/565 zur Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II. FONDS professionell wollte kurz nach dem Start der neuen ESG-Präferenzabfrage wissen, wie Finanzprofis die Sache erklären, welche Tools sie nutzen – und wie ihre Kunden reagieren. Heute berichtet Henning Schröder, Leiter der Filiale Hundsmühlen der Landessparkasse zu Oldenburg (LzO), wie es bisher läuft.


Herr Schröder, die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz ist seit dem 2. August verpflichtend in der Anlageberatung. Wie aufwendig ist es, diesen Punkt in den Beratungsprozess zu integrieren?

Henning Schröder: Unser Ziel ist es, die Nachhaltigkeitspräferenzen unserer Kunden konkret zu ermitteln. Dazu ist es erforderlich, in einem ersten Schritt das generelle Interesse an nachhaltigen Anlageprodukten zu hinterfragen. Entscheiden sich unsere Kunden dafür, ihr Erspartes nachhaltig anzulegen, folgen weitere Fragen, um das Anlegerprofil sauber herauszufinden. Dazu gab es auch technische Anpassungen, um die Präferenzabfragen einheitlich in den Beratungsprozess zu integrieren.

Können Sie bitte beschreiben, wie die Abfrage genau abläuft?

Schröder: Möchte der Kunde nachhaltige Finanzinstrumente bei der Vermögensanlage berücksichtigen, so ist anschließend darüber zu entscheiden, inwieweit eines oder mehrere der folgenden Finanzinstrumente in die Anlage einbezogen werden sollen: ein Finanzinstrument, bei dem ein Mindestanteil in ökologisch nachhaltige Investitionen im Sinne der EU-Taxonomieverordnung angelegt werden soll, ein Finanzinstrument, bei dem ein Mindestanteil in nachhaltige Investitionen im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung angelegt werden soll, oder ein Finanzinstrument, bei dem die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden. Die Antworten darauf helfen uns bei der Auswahl der Produkte. Gibt der Kunde keine Präferenz an, kommen für eine Empfehlung alle nachhaltigen Produkte in Frage.

Das sind komplizierte Begriffe, die dem Kunden erklärt werden müssen. Hat Ihre Sparkasse ein spezielles Tool entwickelt, das die Berater dabei unterstützt, oder wurde ein bestehendes Tool um die neue Abfrage ergänzt?

Schröder: Uns ist es wichtig, dieses sehr komplexe Thema für unsere Kunden so in unseren Beratungsprozess zu integrieren, dass es greifbar und verständlich wird. Dazu wurde auf Basis unseres bewährten ganzheitlichen Beratungsansatzes mit dem S-Finanzkonzept eine weitere Anwendung entwickelt. Diese unterstützt das gemeinsame Gespräch mit anschaulichen Visualisierungen.   

Welche Erfahrungen haben Sie mit der neuen Abfrage bereits gemacht?

Schröder: Technisch ist die Umstellung in unserem Haus schon Mitte Juni erfolgt. Somit konnten wir die Thematik bereits frühzeitig in die Beratungsgespräche integrieren und haben dabei inzwischen eine gewisse Routine entwickelt.

Nach welchen Kriterien wählen Sie denn die Fonds aus, die tatsächlich zu den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden passen? Orientieren Sie sich dabei zum Beispiel am sogenannten Verbändekonzept?

Schröder: Wir orientieren uns an unserer hauseigenen Empfehlungsliste, die jetzt schon eine große Palette an Produkten mit Nachhaltigkeitskriterien umfasst und auch das Verbändekonzept einbezieht. Unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen wird ein auf das Profil des Kunden passendes Produkt ausgewählt.

Und wie kommt die neue Abfrage bei Ihren Kunden an? Ist ihnen das Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage wichtig oder winkt der überwiegende Teil eher ab?

Schröder: Wir stellen fest, dass Nachhaltigkeit schon heute ein sehr bedeutsames Thema in der Anlageberatung ist. Die detaillierte Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen dürfte dazu führen, dass das ohnehin vorhandene Interesse an nachhaltigen Anlageprodukten noch einmal verstärkt wird.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen ausführlichen Bericht darüber, wie verschiedene Geldinstitute die neue Nachhaltigkeitspräferenzabfrage in der Praxis handhaben, finden Sie in der neuen Heftausgabe 3/2022 von FONDS professionell ab Seite 384. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.