Im Dauerstreit um Prämiensparverträge springt die Bafin Verbrauchern ein zweites Mal zur Seite. Wie die Behörde mitteilt, will sie Kreditinstitute dazu verpflichten, Kunden, die im Besitz solcher Produkte sind oder bis vor Kurzem waren, über unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu informieren. Dazu hat die Bafin den Entwurf für eine Allgemeinverfügung veröffentlicht, zu dem sich betroffene Kreditinstitute bis zum 26. Februar 2021 äußern können.  

Bei den betreffenden Sparverträgen, die vor allem in den 1990er-Jahren bis Anfang der 2000er abgeschlossen wurden, handelt es sich um langfristige Sparprodukte mit variabler Verzinsung und gleichbleibender Sparleistung. Kunden erhielten zusätzlich zum Zins eine Prämie. Diese ist meist nach der Vertragslaufzeit gestaffelt und beträgt bis zu 50 oder sogar 100 Prozent der jährlichen Sparleistung.

Problem mit dem hartnäckigen Niedrigzins
Aufgrund des dauerhaften Niedrigzinsniveaus versuchen Banken und Sparkassen, sich von diesen alten, hochverzinsten Verträgen zu trennen. Um dies zu erreichen, haben manche Institute die Verzinsung über einen Verweis auf Zinsanpassungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Teil drastisch nach unten angepasst. 

Diese Praxis hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwar bereits 2004 für unwirksam erklärt und sich in späteren Entscheidungen aus den Jahren 2010 und 2017 zu den Anforderungen an solche Klauseln geäußert. Dennoch besteht der Bafin zufolge weiterhin Unsicherheit darüber, wie Kreditinstitute mit der BGH-Rechtsprechung in der Praxis umzugehen haben. Ein runder Tisch, den die Aufseher zum Thema Prämiensparen im Dezember 2020 mit Verbänden der Kreditwirtschaft und diversen Verbraucherschutzorganisationen einberufen hatte, habe keine kundengerechten Lösungen gebracht.

Diese Pflichten will die Finanzaufsicht einführen
Daher macht die Finanzaufsicht nun Nägel mit Köpfen. Betroffene Bankkunden sollen künftig nicht nur erfahren, welche Zinsanpassungsklausel in ihrem Fall konkret verwendet wurde. Die Institute müssen ihnen auch erklären, ob Verbraucher dadurch zu wenig Zinsen erhalten haben.

Darüber hinaus müssen die Geldhäuser Sparern anbieten, eine eventuell entstandene Vertragslücke zu schließen, indem sie entweder eine Zins-Neuberechnung zusagen, die auch Nachzahlungen beinhalten kann. Diese muss sich an der Vertragsauslegung orientieren, die von den Zivilgerichten noch zu erwarten ist. Oder sie können ihren Kunden einen individuellen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anbieten, welche die Rechtsprechung des BGH aus 2010 berücksichtigt.

Die Verbraucherzentralen Sachsen, Bayern, Sachsen-Anhalt und der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) haben wegen strittiger Zinsanpassungsklauseln bereits einige Musterfeststellungsklagen gegen mehrere Sparkassen eingeleitet. VZBV-Vorstand Klaus Müller wertet die geplante Allgemeinverfügung als gute Nachricht für die Verbraucher und als "ein deutliches Signal an die betroffenen Sparkassen und Banken".

DSGV: Verträge für Kunden hochattraktiv 
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) erklärt hingegen in einer Stellungnahme, die von den Sparkassen angebotenen Prämiensparverträge seien für die Kunden hochattraktiv. "Verträge mit variablen Zinsen müssen für den Fall der Veränderung der Marktzinsen einen Anpassungsmechanismus enthalten, der die Risiken fair und gleichmäßig zwischen den Parteien verteilt", schreibt der DSGV. "Nach unserer Auffassung wurde die Rechtsprechung des BGH von 2004 seitdem angemessen in den betroffenen und späteren Prämiensparverträgen umgesetzt." (am)