Stuvenborner Straße 8 in 24643 Struvenhütten. Nicht einmal Taxifahrer, die aus dem nur zehn Kilometer entfernten Kaltenkirchen kommen, finden diese Adresse auf Anhieb. Ein schmaler Fußweg führt bis zu dem schmucken roten Backsteinbau, der sie beherbergt: die kleinste Raiffeisenbank Deutschlands – zumindest gemessen an der Bilanzsumme. Die beläuft sich aktuell auf 16,8 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die größte Genossenschaftsbank des Landes, die deutsche Apotheker- und Ärztebank, wies per Ende 2015 eine Bilanzsumme von stattlichen 36,6 Milliarden Euro auf.

"Moin!" Ein verschmitztes Lächeln, ein kräftiger Händedruck. Heinz-Egon Behn, Vorstand der Mini-Bank, heißt viele seiner Kunden persönlich willkommen. "So ist das bei uns", sagt Behn. "Wir kennen die meisten Leute, wir sind ja hier vor Ort."

Hier, das ist Struvenhütten in Schleswig-Holstein, von Hamburg aus rund 35 Kilometer Luftlinie in Richtung Nordost gelegen. Etwa 1.100 Einwohner zählt der Ort, rund 900 von ihnen sind Kunden der Raiffeisenbank – Kinder und Jugendliche inklusive. Drei Vollzeitmitarbeiter sind in der eigenständigen Mini-Bank beschäftigt, zwei von ihnen sind gleichzeitig Vorstände. Eine Teilzeitkraft arbeitet auch noch mit.

Kleine Bank mit großen Vorzügen
"So eine kleine Bank vor Ort hat echte Vorzüge", sagt Behn. "Wo kriegen Kunden denn heute noch sofort den Vorstand ans Telefon, wenn sie etwas wissen möchten?", fragt er. Doch ob klein oder groß: All die neuen Vorschriften, die die Finanzmarktrichtlinie Mifid II und das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz mit sich bringen, müssen in Struvenhütten ebenso umgesetzt werden wie am Finanzplatz Frankfurt. Das ist nicht einfach.

"Natürlich ist die aktuelle Situation für uns schwierig", sagt Behn. Aber eine Fusion wie andernorts, nein, das kommt für ihn nicht in Frage. "Solange es irgendwie geht, bleiben wir eigenständig", erklärt er fest. Zu einem Zusammenschluss mit einer größeren Raiffeisenbank will er sich durch den Regulierer nicht drängen lassen. Wenn er über Regulierung spricht, kann sich der sonst so ausgeglichene Norddeutsche ereifern.

Pflichten erfüllen wie die Großen
"Ich bin seit 16 Jahren hier, und in dieser Zeit haben wir noch nie auch nur einen Euro Strafe gezahlt, wir haben uns nicht an den Kapitalmärkten verspekuliert, mussten niemals staatliche Hilfen in Anspruch nehmen ", schimpft er. "Und wenn wir in eine Schräglage gerieten, würde uns auch niemand vom Staat oder der EU retten." Dennoch muss seine Bank sämtliche Pflichten, die in Brüssel ersonnen werden, genauso erfüllen wie große Geschäftsbanken.

Das geht nicht ohne Abstriche. "Wir bieten schon jetzt keine telefonische Beratung zu Aktien mehr an", berichtet Henning Pöhls, wie Behn Vorstand der Raiffeisenbank. Schließlich müssen Beratungsgespräche bei einer Order per Telefon heute bereits aufgezeichnet werden. "Das ist umständlich, im Aktiengeschäft lohnt sich das für uns nicht", sagt Pöhls. Über Fonds berät die Raiffeisenbank bislang noch am Telefon, immerhin bringt jede Vermittlung schöne Provisionen.

Neue Telefonanlage wäre zu teuer
"Aber wenn mit der Umsetzung von Mifid II tatsächlich die erweiterten Aufzeichnungspflichten kommen, dann werden wir auch den telefonischen Fondsverkauf aufgeben", erklärt Pöhls. Um den neuen Pflichten nachzukommen, müssten die Struvenhüttener eine neue Telefonanlage anschaffen – das ist zu teuer. "So schlimm ist es nicht", findet Behn. Die Kunden müssen dann eben in die Bank kommen, wenn sie in Fonds anlegen wollen, sie wohnen ja nicht weit weg. "Wir sind doch persönlich hier vor Ort", sagt Behn noch einmal. Vor Ort in der Stuvenborner Straße 8 in 24643 Struvenhütten.

Um mehr über die kleinste Raiffeisenbank der Bundesrepublik zu erfahren, klicken Sie sich einfach oben durch unsere Bilderstrecke. (am)


Die vollständige Reportage über die Raiffeisenbank in Struvenhütten und ihren Umgang mit der Regulierung lesen Sie in der aktuellen Heftausgabe 1/2017 von FONDS professionell. Angemeldete FONDS professionell KLUB-Mitglieder können den Beitrag auch im E-Magazin abrufen.