Angebot. "Nordkap Erfurt" ist ein Bauprojekt einer gemischt nutzbaren Immobilie in Erfurt. Es entstehen Wohnungen, gewerblich genutzte Ferienwohnungen und Ladengeschäfte. Investoren gewähren der Nordkap Wohnbau GmbH ein nachrangiges Darlehen ab einem Mindestbetrag von 10 Euro. Das Projektvolumen liegt bei 13,75 Millionen, das Crowddarlehen beläuft sich auf 400.000 Euro. Die vorgesehene Laufzeit von einem Jahr kann nach Ermessen der Emittentin auf bis zu 6 Monate verkürzt werden. Die in Aussicht gestellte Verzinsung beträgt 7 Prozent pro Jahr, bei vorzeitiger Beendigung anteilig.

Crowdinvesting-Plattform. Die Bergfürst AG wurde 2011 gegründet und ist 2014 in die Immobilienprojekt-Finanzierung über die Crowd eingestiegen. Dieses Projekt ist das erste mit Projektentwickler Nordkap Wohnbau GmbH. Sechs Immobilien-Finanzierungen sind über die Plattform bereits abgeschlossen worden, für drei läuft aktuell noch die Fundingphase.

Projektentwickler. Die Nordkap Wohnbau GmbH ist vergangenes Jahr für die Umsetzung dieses Projekts neu gegründet worden. Geschäftsführerin Gabriele Voigt habe am Bau von mehr als 600 Wohneinheiten mitgewirkt, heißt es zu ihrem Erfahrungshintergrund im Exposé. Die hinter der Nordkap Wohnbau stehende Derivest GmbH beziehungsweise deren Gesellschafter Gerhard Schaller und Markus Fürst halten auf sich, seit 1994 50 Wohnobjekte realisiert zu haben. Das Bauträgergeschäft ist aber nicht ihr Kerngeschäft, das vielmehr in der Vermögensverwaltung liegt. Über ihre Sensus Vermögensverwaltung GmbH verwalten Gerhard Schaller und Markus Fürst beispielsweise den Mischfonds "Allinone", der ein Volumen von knapp 200 Millionen Euro in Aktien-Fonds und -Zertifikate investiert. Über die Derivest früher begebene Genussrechte und Anteile an der Derivest Strategie GbR, so Gerhard Schaller, sind ohne Verlust für die Anleger und mit Renditen zwischen 3 und 6 Prozent pro Jahr wieder aufgelöst worden. Neben dem Aktienmischfonds noch laufend von Sensus betreute Kapitalanlagen, ein Waldfonds, ein Zertifikat, die beiden Nachrangdarlehen Derivest und CapStar One sowie verschiedene Individualmandate, kommen auf ein Gesamtvolumen von rund 400 Millionen Euro.

Darlehensnehmer. Darlehensnehmer ist die eigens zur Umsetzung dieses Projekts gegründete Nordkap Wohnbau GmbH. Es ist im Projektentwicklungsgeschäft durchaus üblich, Projektgesellschaften auszugründen. Das hat den Vorteil, dass dadurch in der Regel sichergestellt ist dass das Darlehen zweckgebunden verwendet wird, hat aber üblicherweise den Nachteil, dass die Gesellschafter der Projektgesellschaft oder der Bauträger nicht selbst für die Verpflichtungen aus dem Darlehen einstehen müssen.

Projekt. In Erfurts Stadtteil Andreasvorstadt entsteht ein Gebäude mit 61 Wohneinheiten, 12 gewerblichen Ferienwohnungen, zwei Ladengeschäften und 89 PKW-Stellplätzen. Insgesamt wird das Gebäude eine Fläche von gut 6.000 Quadratmetern haben. Das Projekt ist schon relativ weit fortgeschritten, Anfang September war Richtfest. Rund die Hälfte des Objekts ist bereits verkauft. Fertigstellung ist für Juni 2017 vorgesehen.

Standort. Thüringens Hauptstadt Erfurt erfreut sich wachsender Einwohnerzahlen und zunehmender Arbeitsplätze. Nächstes Jahr soll Erfurt ein ICE-Knotenpunkt werden, zum Beispiel wird die neue Trasse von Berlin nach München über Erfurt führen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre führte zu einer Verknappung des Wohnraumangebots in Erfurt. Der Wohnmarktreport Deutschland 2016 von CBRE qualifiziert Erfurt als "Good Performer", die sich durch gute Perspektiven ihrer insbesondere mietwirtschaftlichen Entwicklung auszeichnen.

Finanzierung. Für das Bauvorhaben ist ein Gesamtkostenvolumen in Höhe von 13,748 Millionen Euro vorgesehen. Die Projektgesellschaft verfügt über ein Stammkapital von 25.000 Euro, Einlagen stiller Gesellschafter in Höhe von 2,1 Millionen Euro und ein Nachrangdarlehen des Gesellschafters Derivest in Höhe von 1,36 Millionen Euro. Da bereits etwa die Hälfe des Objekts verkauft ist, fließen der Projektgesellschaft auch Verkaufserlöse zu. Die bisher beurkundeten Kaufverträge generieren ein Volumen in Höhe von 9,863 Millionen Euro, die entsprechend dem Baufortschritt gemäß MaBV zur Auszahlung an die Projektgesellschaft kommen. Das Nachrangdarlehen über Bergfürst soll zum einen Finanzierungsspitzen ausgleichen, zum anderen soll die mediale Aufmerksamkeit, die dem Projekt über die Plattform zukommt, die Bekanntheit und den Abverkauf der restlichen Flächen im Objekt erhöhen. Das Nachrangdarlehen von Bergfürst wird mit 7 Prozent, das der Derivest mit 8 Prozent verzinst, dafür wurde jedoch intern vereinbart, dass das Gesellschafterdarlehen hinter dem Crowddarlehen im Rang zurücktritt. Über die Ausgestaltung der Konditionen für die Einlage der stillen Gesellschafter ist den Zeichnungsunterlagen nichts zu entnehmen, sie werden dort zusammen mit dem Stammkapital als "Eigenkapital" geführt.

Risiken. Die wesentlichen Risiken bei Projektentwicklungen dieser Art sind neben Planungsfehlern ungeplante Kostensteigerungen, Bauzeitverzögerungen, Mindereinnahmen durch Abweichungen vom kalkulierten Verkaufspreis und Liquiditätsengpässe, die sich etwa durch einen zu schleppend verlaufenden Abverkauf der Wohnungen ergeben können. Es handelt sich hier um ein "qualifiziertes" Nachrangdarlehen, das heißt, dass Tilgungs- und Verzinsungsansprüche dann nicht geltend gemacht werden können, wenn das einen Grund für ein Insolvenzverfahren darstellen würde. Kommt es dennoch zu einer Insolvenz des Darlehensnehmers, müssen zuerst die Forderungen nicht nachrangiger Gläubiger bedient werden, hier also in erster Linie Baugewerke, eine Bankfinanzierung ist bislang nicht vorgesehen, aber auch stille Gesellschafter haben im Insolvenzfall die Stellung eines Gläubigers.

Kosten. Für den Abschluss des Darlehensvertrags entstehen dem Anleger keine Kosten. Die Projektgesellschaft zahlt an Bergfürst 3,5 Prozent der vermittelten Darlehen und weitere 2,0 Prozent am Ende der Laufzeit sowie 1,5 Prozent pro Jahr Bestandsprovision. Zusammen mit den 7 Prozent an die Darlehensgeber kostet folglich den Darlehensnehmer das Crowd-Darlehen 14 Prozent.

fondstelegramm-Meinung: Der Standort Erfurt ist zukunftsträchtig, der bisherige Abverkauf einzelner Flächen zeigt, dass alle Nutzungsarten in etwa gleich nachgefragt werden. Über den bisherigen Verkauf von rund der Hälfte des Objekts konnten bereits 72 Prozent der geplanten Kosten und 64 Prozent des geplanten Gesamterlöses realisiert werden. Läuft der Abverkauf so weiter wie bisher, dann wäre ein Projektgewinn von 43 Prozent erzielbar. Das Projekt scheint also über ausreichend finanzielle Polster zu verfügen. Stellt sich die Frage, wofür es noch die Mittel der Crowd bedarf, die sich der Emittent 56.000 Euro kosten lässt. Der Ausgleich von Finanzierungsspitzen dürfte dabei gegenüber dem erhofften Marketingeffekt weniger ins Gewicht fallen. Sehr aufschlussreich ist natürlich die von Nordkap Wohnbau gegebene Begründung, Erfahrung mit Crowdinvestments sammeln zu wollen, nicht zuletzt gibt es bei Gesellschafter Derivest die Überlegung, eine eigene Crowdinvesting-Plattform zu gründen.
Das Firmengeflecht um die Vermögensverwalter Gerhard Schaller und Markus Fürst ist unübersichtlich und die Investmentgebiete, in denen sie sich betätigen, sind vielfältig. Das erschwert den Nachweis zweier wesentlicher Erfolgsfaktoren bei Projektentwicklungen: Eigenkapital und Erfahrung. Das Eigenkapital kommt aus dem Kreis von Gesellschaftern, die ihrerseits wesentlich über Nachrangdarlehen von Dritten finanziert sind, und die in Person der Nordkap-Geschäftsführerin Gabriele Voigt eingekaufte Expertise ist auch nicht die eigene.

Das Projekt scheint auf dem Erfolgspfad zu sein. Verdichten sich allerdings die Überlegungen der Initiatoren, eine eigene Crowdinvesting-Plattform zu gründen, ist eine Verbesserung der Außendarstellung durchaus noch möglich.