Angebot. In Willich bei Düsseldorf wird das ehemalige Wasserwerk des Stahlwerks Becker restauriert, es entstehen moderne Büroflächen. Anleger gewähren der Denk-Mal Wasserwerk Willich GmbH 500.000 Euro Nachrangdarlehen ab einer Mindestsumme von 500 Euro. Die Darlehensnehmerin ist auch die Projektentwicklungsgesellschaft und Eigentümerin der Ruine und des Grundstücks. Das Darlehen hat eine vergleichsweise kurze Laufzeit von 15 Monaten, das heißt es ist samt Zinsen zum 12. Januar 2018 fällig. Der Darlehensvertrag definiert jedoch ein Zeitfenster möglicher Rückzahlungstermine zwischen sechs Monate vor und sechs Monate nach dem Fälligkeitstermin. In diesem Zeitfenster kann der Darlehensnehmer nach eigenem Ermessen den Vertrag kündigen und das Darlehen zurückführen. Die Verzinsung erfolgt dann zeitanteilig, also auch für eine etwaige Verlängerung von bis zu sechs Monaten über den 12. Januar 2018 hinaus in Höhe von 7 Prozent pro Jahr. Auch schon vor dem Rückzahlungsfenster hat der Darlehensnehmer jederzeit die Möglichkeit, das Darlehen zu kündigen, muss es dann aber so bedienen, als wäre es bis zum Fälligkeitstermin weitergelaufen. Der Darlehensgeber hat keine Kündigungsmöglichkeit.

Crowdinvesting-Plattform. Die Plattform Zinsland wurde Ende 2014 gegründet, Träger ist die dafür gegründete Civum GmbH in Hamburg. Firmengründer Moritz Eversmann und Carl-Friedrich von Stechow gehören auch zur Vivum GmbH, einem Hamburger Immobilienfinanzierer und Fondsanbieter. Seit vergangenem Jahr hat Zinsland rund sieben Millionen Euro Mezzaninekapital für 13 Projekte akquiriert, für das erste Projekt steht die Rückzahlung für Ende Oktober an. Die Vivum GmbH ist seit gut zehn Jahren am Markt und hat über bisher vier Fonds für 20 Projekte mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 535 Millionen Euro 77 Millionen Euro Eigen- oder Mezzaninekapital bei vermögenden Privatanlegern und Family Offices platziert. Mit dem Projektentwickler Bellvida ist es nach "Wohnen am Museumsgarten" das zweite Zinsland-Projekt.

Projektentwickler. Projektentwickler ist die 2012 gegründete Bellvida GmbH. Seit 2012 hat sie zwei Projekte, das "Haus Schlossblick" und das Projekt "Wohnen am Mühlbachtal" mit einem Volumen von zusammen 7 Millionen Euro entwickelt. Für einen Immobilienprojektentwickler ist das nicht viel, und zu welchem wirtschaftlichen Erfolg Bellvida die Projekte gebracht hat, ist den Angebotsunterlagen nicht zu entnehmen. Das erschwert es, die einschlägige Erfahrung des Projektentwicklers zu beurteilen.

Darlehensnehmer. Es ist im Bauträgergeschäft üblich, Projektentwicklungsgesellschaften auszugründen, was für die Darlehensgeber in der Regel den Nachteil hat, dass der Projektentwickler nicht selbst für die Verpflichtungen aus dem Darlehen einstehen muss. Hat aber den Vorteil, dass die Mittel sehr wahrscheinlich nicht anders verwendet werden. Die Projektgesellschaft bringt 0,5 Millionen Euro Eigenkapital ein, die von der Eigentümergesellschaft Inkap Kapital GmbH stammen.

Projekt. Die denkmalgeschützte Ruine des Wasserwerks des ehemaligen Stahlwerks Becker in Willich bei Düsseldorf soll saniert und in Gewerbeflächen umgewandelt werden. Es sollen 780 Quadratmeter Büroflächen auf vier Ebenen entstehen. Teile der 100 Jahre alten technischen Ausrüstung sollen erhalten bleiben und in die Büroräume integriert werden. Da das Objekt unter Denkmalschutz steht, können Käufer rund 80 Prozent der Erwerbskosten steuerlich geltend machen. Dafür ist jedoch erforderlich, dass vor Baubeginn alle Flächen bereits verkauft sind. Die Baugenehmigung ist bereits erteilt worden.

Standort. Willich selbst hat rund 50.000 Einwohner, liegt aber im Einzugsbereich von Düsseldorf, Krefeld und Mönchengladbach. Der Düsseldorfer Flughafen ist in ein paar Autominuten erreichbar. Die Stahlindustrie prägt die Gegend nicht mehr wie früher, gleichwohl ist die Region ein etablierter Industriestandort und insbesondere die Erweiterung des Gewerbegebiets in der unmittelbaren Umgebung des Objekts birgt viele Chancen für einen Verkauf dieser Immobilie.

Finanzierung. Für das Projekt wurde ein Kostenrahmen von 2,91 Millionen Euro veranschlagt. Je eine halbe Million Euro beziehungsweise 17 Prozent der Projektsumme sind Eigenkapital beziehungsweise Crowdmittel. Die restlichen gut 1,9 Millionen Euro sollen über den Abverkauf der Flächen reinkommen. Die Projektgesellschaft rechnet mit einem Verkaufserlös von 3,7 Millionen Euro, was einer Gewinnmarge von 27 Prozent entspräche.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Erlöse erzielt die Projektgesellschaft und Darlehensnehmerin allein aus dem Abverkauf der 782 Quadratmeter Bürofläche und 18 Pkw-Stellplätzen. Lässt man für eine Daumenpeilung die Stellplätze einmal außer Acht, müsste ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von rund 3.700 Euro erzielt werden, um die Kosten decken zu können. Um den angestrebten Erlös von 3,7 Millionen Euro zu erzielen, müsste ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von rund 4.700 Euro durchgesetzt werden. Angesichts der Außergewöhnlichkeit des Objekts erscheint diese Basis realistisch. Jedoch ergibt sich auf der Basis der von der Emittentin selbst für erzielbar erachteten Netto-Jahresmiete ein Vervielfältigungsfaktor von knapp 30 Jahresmieten beziehungsweise eine Einkaufsrendite von 3,3 Prozent. Das schränkt die Attraktivität wiederum ziemlich ein.

Risiken. Die wesentlichen Risiken bei Projektentwicklungen dieser Art sind neben Planungsfehlern ungeplante Kostensteigerungen, Bauzeitverzögerungen, Mindereinnahmen durch Abweichungen vom kalkulierten Verkaufspreis und Liquiditätsengpässe, die sich etwa durch einen zu schleppend verlaufenden Abverkauf der Wohnungen ergeben können. Bei diesem Denkmalschutz-Objekt kommt erschwerend hinzu, dass trotz bereits vorliegender Baugenehmigung mit den Bauarbeiten erst begonnen werden kann, wenn alle Flächen verkauft sind.
Es handelt sich hier um ein "qualifiziertes Nachrangdarlehen", das heißt, dass Tilgungs- und Verzinsungsansprüche dann nicht geltend gemacht werden können, wenn das einen Grund für ein Insolvenzverfahren darstellen würde. Kommt es dennoch zu einer Insolvenz des Darlehensnehmers, müssen zuerst die Forderungen nicht nachrangiger Gläubiger bedient werden, hier also in erster Linie Baugewerke und der oder die neuen Eigentümer der Flächen.

Risikobegrenzungsmaßnahmen. Die Muttergesellschaft der Darlehensnehmerin, Inkap Kapital GmbH, würde eine Höchstbetragsbürgschaft stellen, heißt es im Exposé. Was das im einzelnen heißt und wie die Konditionen genau aussehen, die dazu führen, dass diese Bürgschaft gezogen werden könnte, dazu ist den Unterlagen nichts zu entnehmen. Grundsätzlich gilt, dass die Gestellung von Sicherheiten dann möglicherweise eine Erlaubnis durch die Bafin erfordert, wenn sie geeignet sind, den Charakter des Nachrangdarlehens mitsamt seinem Totalverlustrisiko zu unterlaufen. Wenn sie indes nicht geeignet sind, das Risiko rauszunehmen, dann sind sie überflüssig oder suggerieren eine nicht vorhandene Sicherheit. Weder die Werthaltigkeit der Bürgschaft, noch die Umstände unter denen sie gezogen werden könnte, lassen sich hier beurteilen.

Kosten. Für den Abschluss des Darlehensvertrags entstehen dem Anleger keine Kosten. Die Einrichtung eines Treuhandkontos kostet einmalig 2 Prozent, der Plattformservice kostet die Emittentin einmalig 2,6 Prozent und laufend 2 Prozent pro Jahr, die Abwicklung schließlich noch mal einmalig 0,5 Prozent. Insgesamt – also mitsamt Zinsen an die Anleger – zahlt die Emittentin folglich rund 16 Prozent für diese Mezzanine-Finanzierung.

fondstelegramm-Meinung. Das Objekt, der Standort und die Pläne, die Ruine zu ihrem 100-Jährigen Jubiläum wieder auferstehen zu lassen sind vielversprechend. Der Projektentwickler hat allerdings mit bislang 2 Projekten in 5 Jahren kaum Erfahrung und hält sich in seiner Selbstdarstellung sehr zurück. Als Käufer zu einem Faktor 30 kommen eigentlich nur Institutionelle in Betracht, und für die ist das Objekt möglicherweise zu klein. Die Ruine steht seit 85 Jahren leer. Die Gefahr ist groß, dass sie das noch weitere 12 Monate tut und sich die vermeintlich kurze Laufzeit des Darlehens lange hinziehen wird. Wenn dann am 12. Januar 2018 nicht genügend Geld da ist, das Darlehen zu bedienen, dann gilt der verabredete Nachrang, nicht die Bürgschaft. Insofern trägt sie zu einer Augenwischerei bei und zur Verharmlosung der Gefahren in diesem Projekt.

Vordergründig hat das Objekt viel Charme. Gleichwohl sind Anleger besser beraten, auf Folgeprojekte, die ja derzeit alle paar Tage kommen, zu warten.