Angebot. Die Exporo Projekt 103 GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Exporo AG, hat ein Wohn- und Geschäftshaus in Göttingen erworben. Sie begibt variabel verzinste Schuldverschreibungen über insgesamt 2.050.000 Euro, die der teilweisen Finanzierung des Kaufpreises dienen sollen. Ab 1.000 Euro können Anleger investieren und erzielen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Schuldverschreibungen enden am 30. Juni 2029. Der Emittent kann sie jederzeit außerordentlich kündigen, wenn die Anleihegläubiger einen Beschluss zur Veräußerung der Immobilie gefasst haben. Nach 9 Jahren kann der Emittent das Objekt auch ohne Zustimmung der Anleihegläubiger verkaufen.

Projekt. Das Objekt besteht aus einem 1891 errichteten, dreigeschossigen, denkmalgeschützten Wohn- und Geschäftshaus und einem 2007 errichteten viergeschossigen Anbau. Die Immobilie hat 804 Quadratmeter Nutzfläche, die rund zur Hälfte für Wohn- und Gewerbezwecke genutzt werden. In den Obergeschossen liegen insgesamt fünf Wohnungen mit 57 bis 91 Quadratmetern Wohnfläche, im Erdgeschoss sind zwei Läden. 88 Prozent der Ladenfläche sind für sechs Jahre Restlaufzeit an einen Textilhändler vermietet. Für 12 Prozent besteht ein unbefristeter Mietvertrag mit einem Juwelier. Eine der Wohnungen steht derzeit leer und soll neu vermietet werden. Die Immobilie verfügt über einen guten Ausstattungsstandard und soll sich laut Verkehrswertgutachten in einem guten baulichen Zustand befinden. Die letzte Sanierung war 2007. Zum Objekt gehört ein Stellplatz.
Die Exporo Projekt 103 GmbH hat die Immobilie zum 19-fachen der ersten vollen Jahresnettomiete, zum Verkehrswert erworben. Sie hat den Kaufpreis jedoch noch nicht gezahlt und ist folglich noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Der Verkäufer wurde nicht genannt.

Standort. Die Immobilie liegt in Göttingen, Groner Straße 16 und 16A. Göttingen gehört zum Süden Niedersachsens. Die Stadt hat rund 134.000 Einwohner. In Göttingen leben 30.000 Studenten. Die Kaufkraftziffer lag 2018 bei 93,5 und damit unter dem Bundesdurchschnitt (100). 2017 betrug die Einzelhandelszentralität nach Angaben der Stadt 140,2 und zeigt die Bedeutung Göttingens als Einzelhandelsmagnet für die Region.
Die Groner Straße liegt in der historischen Innenstadt und gehört zum Sanierungsgebiet „Südliche Innenstadt“, in dem noch bis 2022 Sanierungsmaßnahmen anstehen. Bis zum Haupt- und Busbahnhof sind es 900 Meter. Vor dem Gebäude befindet sich eine Bushaltestelle. In unmittelbare Nähe gibt es zahlreiche Läden und Märkte. In der Innenstadt werden 41 Prozent des Einzelhandelsumsatzes getätigt, heißt es im Verkehrswertgutachten. Die Groner Straße ist eine der Haupteinkaufsstraßen.

Finanzierung und laufende Nebenkosten. Das Gesamtinvestitionsvolumen erreicht 3,74 Millionen Euro. Davon sollen 55 Prozent über Anleger und 45 Prozent über ein Bankdarlehen finanziert werden. Ein Darlehensvertrag wurde noch nicht geschlossen. Bis zum 29. Mai 2019 lag dem Emittenten ein Finanzierungsangebot vor. Danach sollte der Darlehensvertrag über zehn Jahre laufen und der Kredit mit 1,54 Prozent jährlich verzinst werden. Die Anlegergelder werden ganz oder teilweise vorfinanziert, die darauf zu zahlenden Zinsen betragen 9,5 Prozent jährlich. Der Emittent setzt kein Eigenkapital ein.
87 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens werden für den Erwerb der Immobilie einschließlich Erwerbsnebenkosten ausgegeben. 4 Prozent sind Maklergebühren. 3 Prozent wurden für eine Liquiditätsreserve eingeräumt. 6 Prozent sind Nebenkosten des Emittenten. Etwaige Sanierungsumlagen für das Sanierungsgebiet wurden nicht im Investitionsvolumen berücksichtigt.
Es fallen durchschnittlich jährlich 0,48 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens für Nebenkosten des Emittenten an, das entspricht 0,88 Prozent der Schuldverschreibungsbeträge.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Die Anleger sollen von den laufenden Mietüberschüssen profitieren und bei Verkauf oder einer Refinanzierung des Objekts zu 80 Prozent an der Wertsteigerung der Immobilie teilhaben.
Die Gewerbemieten bringen 70 Prozent des Mietertrags ein, die Wohnungen 30 Prozent. Die Ist-Mieten liegen bei 22,47 und 29,17 Euro je Quadratmeter für die Läden und bei durchschnittlich 9,96 Euro je Quadratmeter für die vier derzeit bewohnten Wohnungen. Im zweiten Halbjahr 2018 gab es am Standort eine überdurchschnittliche Nachfrage nach Einzelhandelsflächen, heißt es im Gutachten. Damals lagen 5 Einzelhandelsmietangebote vor, zu einer durchschnittlichen Miete von 30,92 Euro je Quadratmeter, jedoch bei einer sehr weiten Spanne zwischen 8,24 und 85,00 Euro je Quadratmeter Nutzfläche. Die vier angebotenen Praxen oder Büros forderten Mieten zwischen 6,60 und 52,80 Euro je Quadratmeter. Die Wohnungsmieten im Umkreis von 200 Metern um das Objekt herum lagen im Februar 2019 laut Gutachter zwischen 8,51 und 15,31 Euro, im Durchschnitt bei 11,05 Euro je Quadratmeter. Die Ist-Mieten der Immobilie sind laut Gutachter marktüblich.
Der Emittent hat mit einer jährlichen Mietsteigerung von 1,9 Prozent gerechnet. Der Verbraucherpreisindex lag in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland bei durchschnittlich 1,2 Prozent. Das Mietausfallwagnis wurde mit 1,1 Prozent der Mieten kalkuliert, der Gutachter rechnet mit 3 Prozent. Die Hausverwaltung wurde mit 5,1 Prozent der Mieteinnahmen berücksichtigt. Das Assetmanagement erfolgt durch die Exporo AM GmbH. Für die Instandhaltung wurden knapp 10 Euro je Quadratmeter Nutzfläche eingeplant, der Gutachter geht von 11 Euro je Quadratmeter aus. Der Verkauf des Objekts ist frühestens nach 5 Jahren, prognostiziert nach 10 Jahren, zum 20,5-Fachen der dann gültigen Jahresnettomiete vorgesehen – das sind 1,5 Jahresmieten über dem Einkaufsfaktor. Insgesamt betrachtet, wurde eher optimistisch kalkuliert.
Die erste Auszahlung an die Anleger ist für Oktober 2019 vorgesehen. Die anfänglichen Auszahlungen sollen im Zehnjahresdurchschnitt einschließlich Wertsteigerung bei Verkauf 5,6 Prozent vor Steuern erreichen.

Risiken. Anleger sollten beachten, dass im Unterschied zu den meisten Crowdinvesting-Angeboten der Zinssatz variabel ist. Das größte Risiko besteht darin, dass der kalkulierte Verkaufspreis nicht erzielt werden kann. Zudem ist es möglich, dass die Mietsteigerung geringer ausfällt als prognostiziert. Die Zinsen für das Bankdarlehen sind noch nicht fest vereinbart, da noch kein Darlehensvertrag vorliegt. Es können nicht geplante Sanierungsumlagen fällig werden.

Risikobegrenzungsmaßnahmen. Für die Anlegergelder wurde eine gegenüber dem Bankdarlehen nachrangige Grundschuld im Grundbuch zugunsten des Sicherheitentreuhänders HMCS Treuhand eingetragen.

fondstelegramm-Meinung. Der Emittent besitzt keine nennenswerte Bonität, daher kommt es allein auf die Immobilie an. Das Objekt bietet zahlreiche Pluspunkte: Der größte Vorteil besteht in der Mikro-Lage, mitten in einer Einkaufsstraße im historischen Stadtzentrum Göttingens. Die gemischt genutzte Immobilie ist, abgesehen von einer Wohnung, vermietet. Die Mieten liegen auf marktüblichem Niveau. Die Gewerbemieter waren bislang zuverlässig mit ihren Mietzahlungen. Das Gebäude befindet sich in einem guten Zustand, die letzte Sanierung ist 12 Jahre her. Zu berücksichtigen ist, dass der alte Gebäudeteil denkmalgeschützt ist. Der variable, kalkulierte Zinssatz basiert auf einer eher optimistisch kalkulierten Berechnung. So geht der Emittent davon aus, dass der Verkaufspreis um 1,5 Jahresmieten höher ausfällt als der derzeit bereits historisch hohe Kaufpreis, das heißt, er rechnet mit einem weiteren Anziehen des Immobilienmarkts. Das zeigen auch die geplanten Mietsteigerungen, die über der durchschnittlichen Inflationsrate der vergangenen 10 Jahre liegen. So kann es sein, dass die prognostizierten Auszahlungen nicht vollständig erreicht werden.

Im Prinzip handelt es sich um ein gutes Angebot, wenngleich die avisierten Renditen von einem langfristig weiteren Anziehen des Immobilienmarkts abhängen und daher optimistisch kalkuliert sind.