Angebot. Die Exporo Projekt 86 GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Exporo AG, fungiert als Emittent und begibt Schuldverschreibungen über insgesamt 3,43 Millionen Euro. Exporo erwirbt eine laut Prospekt ab März 2019 bestehende Darlehensforderung gegen die Stadtkern Immobilien GmbH & Co. KG (Stadtkern Immobilien). Letztere plant, acht Gewerbeeinheiten in Kandel zu erwerben. Der Nennbetrag jeder Inhaber-Schuldverschreibung lautet über 1.000 Euro. Die Schuldverschreibungen sollen mit 5,0 Prozent jährlich verzinst werden. Zinsen und Tilgung sind endfällig. Anleger erzielen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Schulverschreibungen laufen bis zum 31. August 2021. Der Emittent kann die Schuldverschreibungen zum 31. Oktober 2020 kündigen, ohne dass Vorfälligkeitsentschädigungen zu zahlen wären.

Projektentwickler. Die Projektgesellschaft Stadtkern Immobilien ist eine Zweckgesellschaft ohne nennenswerte Bonität und gehört zum Konzern des in Kandel ansässigen Familienunternehmens RI-BA-Bauträger- und Handelsgesellschaft. Deren letzter veröffentlichter Jahresabschluss stammt aus dem Jahre 2016. Im Exposé wurden drei fertiggestellte Referenzobjekte genannt. Geschäftsführer der RI-BA ist Jean-Pierre Baron.

Projekt. In einem 2015 fertiggestellten Gebäude sind acht Gewerbeeinheiten untergebracht mit einer Nutzfläche von insgesamt 1.715 Quadratmetern. Vier Gewerberäume beziehungsweise 68 Prozent der Gewerbefläche sind vermietet und der Innenausbau ist abgeschlossen. So werden derzeit jährlich 187.000 Euro Miete eingenommen. Vier Einheiten stehen noch leer, wovon zwei zusammengelegt und umgebaut werden sollen und für eine weitere gibt es bereits einen Mieter, für den die Räumlichkeiten hergerichtet werden. Nach vollständiger Vermietung soll die Miete auf insgesamt 275.000 Euro steigen, das sind durchschnittlich 13,36 Euro je Quadratmeter Nutzfläche monatlich. Die Projektgesellschaft will das Teileigentum an den Gewerberäumen weiterveräußern.

Standort. Kandel liegt in Rheinland-Pfalz, im Landkreis Germersheim, rund 25 Kilometer von Karlsruhe entfernt. In Kandel wohnen 9.600 Menschen. Seit 1995 bis 2013 war die Bevölkerungszahl im Landkreis Germersheim nahezu konstant. Der Kaufkraftindex für den Landkreis lag 2018 bei 100,5 und entsprach damit etwa dem bundesweiten Durchschnittswert. Der Ort verfügt über einen Bahnanschluss. Das Grundstück Industriestraße 3 gehört zu einem neu entwickelten Stadtquartier, bestehend aus 47 Wohnungen, im Gewerbegebiet Horst. Bis zur A 65 sind es nur wenige hundert Meter.

Finanzierung. Das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt 4,29 Millionen Euro. Davon sollen 79 Prozent die Anlegergelder abdecken. Der hinter den Forderungen stehende Darlehensvertrag wurde noch nicht geschlossen. 21 Prozent sollen aus stillen Reserven des Projektentwicklers stammen. Die stillen Reserven wurden so ermittelt, dass ein Verkauf der Immobilie zum 15-Fachen der Jahresnettomiete, wahrscheinlich der Sollmiete, angenommen wurde. Das 15-Fache der Sollmiete nach Vollvermietung liegt zumindest leicht unter dem Gesamtinvestitionsvolumen. Die Mittelverwendung wurde nicht vollständig dargestellt.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist nicht möglich. Zins und Tilgung sollen aus dem Verkaufserlös der Gewerbeeinheiten beglichen werden. Leider wurde in den Verkaufsunterlagen kein Wort über den vorgesehenen Verkaufserlös verloren. Der Quotient aus dem Gesamtinvestitionsvolumen und der Nutzfläche beträgt rund 2.500 Euro je Quadratmeter. Es gibt für den Landkreis zudem keine ausreichenden Vergleichsobjekte, um einen üblichen Verkaufspreis als Vergleich darzustellen.

Risiken. Obwohl das Gebäude bereits 2015 fertiggestellt wurde, ist die Hälfte der Gewerbeeinheiten noch nicht vermietet. Das spricht nicht für eine hohe Nachfrage an Gewerberäumen am Standort. Zudem müssen das Teileigentum an den Gewerbeeinheiten verkauft werden, damit der Projektentwickler Zinsen und Tilgung begleichen kann. Objekte, die lange leer gestanden haben, sprechen sich vor Ort schnell herum und der Verkauf gestaltet sich gewiss nicht einfach.

Risikobegrenzungsmaßnahmen. Das den Forderungen zu Grunde liegende Darlehen soll erstrangig zu Lasten der Teileigentumseinheiten gesichert werden. Darüber hinaus wird im Exposé mit einem abstrakten Schuldanerkenntnis des Geschäftsführers der Stadtkern-Immobilien geworben. Im rechtsverbindlichen Prospekt steht davon jedoch nichts.

Kosten. Anleger müssen keine weiteren Kosten tragen. Der Emittent hat insgesamt 3,7 Prozent des Schuldverschreibungsbetrags an Exporo zu zahlen, weitere 12,1 Prozent an die Anleger, das sind insgesamt 15,8 Prozent beziehungsweise 6,6 Prozent jährlich.

fondstelegramm-Meinung. Für die Vermögensanlage spricht, dass die Immobilie bereits steht und dass somit ein Großteil der Bauherrenrisiken entfällt, bis auf die Umbaumaßnahmen, die mit den Anlegergeldern finanziert werden sollen. Abgesehen vom Darlehen, dass über Forderungen der Anleger dargestellt wird, werden keine weiteren Fremdmittel aufgenommen. So kann das Darlehen erstrangig besichert werden. Offensichtlich sollen die Anlegergelder behilflich sein, um die seit 2015 leer stehenden vier (von acht) Gewerbeeinheiten in einem sonst aus Wohngebäuden bestehenden Projekt durch zusätzliche Baumaßnahmen vermieten zu können. Der lange Leerstand der restlichen Einheiten zeigt, dass die Nachfrage nach Gewerberäumen in Kandel nicht hoch ist, zumal sich die Gewerbeeinheiten in einem Gewerbegebiet des kleinen Orts befinden. Einen regelrechten Markt für den Verkauf vergleichbarer Gewerberäume gibt es im Landkreis nicht. Es kommen wohl in erster Linie Ortsansässige infrage oder die Mieter selber. Die Angaben zur Projektgesellschaft und zum Projektentwickler sind nicht nur im Exposé unzureichend. Die Homepage des Projektentwicklers bleibt ein einziges Fragezeichen. Darüber hinaus stammt sein letzter veröffentlichter Jahresabschluss aus dem Jahr 2016.

Die fehlende Transparenz hinsichtlich des Projektentwicklers und der eher schwache Mikrostandort dürften die Investitionsfreude dämpfen.