Angebot. Anleger beteiligen sich an zwei Regionalflugzeugen vom Typ ATR 72-500. Die Mindestbeteiligung dieses nicht risikogemischten Alternativen Investmentfonds (AIF) beträgt 20.000 Euro zuzüglich fünf Prozent Agio. Die prospektierte Laufzeit endet mit dem Jahr 2032.

Initiator. Der Initiator HEH hat seit 2007 zunächst vier Schiffs- und ab 2008 bislang 17 Flugzeugfonds platziert. Alle Luftfahrtinvestments hat der Initiator mit Regionalflugzeugen von Bombardier und Embraer auf den Markt gebracht. Die platzierten Flugzeugfonds haben die prognostizierten Ergebnisse laut HEH erfüllt. Eine aktuelle Leistungsbilanz gibt es jedoch nicht; die bislang letzte hat der Initiator für das Geschäftsjahr 2012 veröffentlicht. Für das aktuelle Angebot arbeitet HEH erstmals mit dem Flugzeugmanager Doric zusammen. Außerdem investiert ein HEH-Fonds zum ersten Mal in ATR-Maschinen. Der Fonds wird von der Hamburg Asset Management (HAM) verwaltet, an der HEH die Hälfte der Gesellschaftsanteile hält. Die KVG hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Cordes Treuhand als Verwahrstelle beauftragt. HEH ist für das kaufmännische Management des Fonds verantwortlich. Doric übernimmt das technische Management und die Weitervermarktung der Maschinen.

Luftverkehrsmarkt. Das Aufkommen im weltweiten Passagierverkehr hat sich in den vergangenen Jahren insgesamt sehr positiv entwickelt. Wachstumstreiber sind die Märkte im asiatisch-pazifischen Raum, im Mittleren Osten und in Lateinamerika. Im Inlandsgeschäft wachsen die Märkte in China und Indien überdurchschnittlich stark. Der europäische Markt wächst im internationalen Vergleich verhalten, was Experten unter anderem auf die wirtschaftliche Krise in der Euro-Zone zurückführen. Der Regionalflugzeughersteller Bombardier rechnet damit, dass die Weltflotte von derzeit rund 7.300 Maschinen (mit 60 bis 150 Sitzplätzen) bis zum Jahr auf 15.000 Flugzeuge steigen wird. Im Segment der 60- bis 100-Sitzer herrscht die größte Nachfrage laut Bombardier in Nordamerika, Europa und China.

Flugzeug und Hersteller. Die Fondsflugzeuge des Typs ATR 72-500 (MSN 916 und 959) wurden im Mai und September 2011 ausgeliefert. ATR ist ein 1981 gegründetes italienisch-französisches Joint-Venture von Airbus mit Alenia Aermacchi. Das Unternehmen produziert zwei Turboprop-Regionalflugzeuge. Die Maschine vom Typ ATR 42 ist auf 50 Passagiere ausgerichtet. Das größere Modell ATR 72 wird seit 1988 in Serie gebaut, kann bis zu 74 Passagiere befördern und wird auch in einer Version fürs Militär geliefert. Die Reichweite mit einer Tankfüllung beträgt bis zu 1.500 Kilometer; die maximale Reisegeschwindigkeit beträgt etwa 510 Stundenkilometer. Seit 2011 ist die Version ATR 72-600 auf den Markt. Die Maße sind zwar unverändert, allerdings wurden das Cockpit und andere technische Details modifiziert. Der Hersteller wirbt unter anderem mit einem höheren zulässigen Startgewicht und mehr Platz für Handgepäck. Laut HEH beeinträchtigt die neuere Version nicht den Wert der 500er-Maschinen. ATR hat im Jahr 2014 83 neue Maschinen ausgeliefert und damit nach eigenen Angaben einen neuen Firmenrekord aufgestellt. Bis Ende des vergangenen Jahren hat der Hersteller 1.190 Flugzeuge produziert, zwei Drittel vom größeren Typ ATR 72. 280 Bestellungen (inklusive Optionen) standen laut ATR zu Jahresbeginn im Orderbuch. Bei der Paris Air Show Mitte Juni wurden 46 neue Maschinen fest und 35 Exemplare optional bestellt. Nach Herstellerangaben fliegen weltweit 190 Fluggesellschaften mit ATR-Maschinen.

Leasingnehmer. Die Fondsflugzeuge sind bei der Nordic Regional Airlines im Einsatz, die bis vor kurzem Flybe Finland hieß. Die Gesellschaft ist ein ehemaliges Joint-Venture von Finnair mit der britischen Airline Flybe. Am 31. März 2015 übernahm Finnair alle Flybe-Anteile und stellte die Gesellschaft neu auf. Neun Flugzeuge wurden wie angekündigt im März über Sale-and-Lease-back-Transaktionen wirtschaftlich ausgegliedert, dazu gehören auch die beiden Maschinen dieses Fonds. Insgesamt besteht die Nordic Regional Airlines-Flotte aus 12 ATR- und 14 Embraer-Maschinen. Insgesamt 13 Maschinen sind geleast.
Die Finnair Gruppe, die zu 55,8 Prozent im finnischen Staatsbesitz ist, beförderte im ersten Quartal 2015 knapp 2,3 Millionen Passagiere. Im Vergleich zu den ersten drei Monaten 2014 entspricht das einer Zunahme von drei Prozent. Allerdings sank die Auslastung leicht auf 78,1 Prozent, was mit der Zunahme des Flugkapazitäten zusammenhängt. Der Gruppenumsatz betrug um 540 Millionen Euro (-0,5 Prozent gegenüber 1. Quartal 2014). Durch Kosteneinsparungen, geringe Abschreibungen und Wertminderungen und einmalige Sondereffekte wie die Flugzeugverkäufe konnte Finnair den Nettoverlust im Vergleich der beiden ersten Quartale von 28 auf knapp zehn Millionen Euro reduzieren. Im Jahr 2014 flog die Airline bei 2,3 Milliarden Umsatz mit 9,6 Millionen Passagieren einen Verlust von 82,5 Millionen Euro ein. Das Jahr 2013 schloss Finnair mit 23 Millionen Euro Konzerngewinn ab. Von 2010 bis Ende des ersten Quartals reduzierte Finnair das Personal von 7.600 auf 4.900 Mitarbeiter. Die Gesamtverbindlichkeiten beliefen sich zum Stichtag auf 1,47 Milliarden Euro.

Leasingvertrag. Die Leasingverträge mit der Fluggesellschaft wurden Ende März 2015 geschlossen. Ihre Laufzeit beträgt acht Jahre. Nordic Regional Airlines kann die Verträge zwei Mal für jeweils zwei Jahre verlängern. Während der Grundmietzeit beträgt die monatliche Leasingrate pro Flugzeug 125.041 Euro. Die Kosten für Instandhaltung, Wartung, Reparatur und Versicherung muss Finnair bezahlen. In der Verlängerungszeit muss eine Marktleasingrate bezahlt werden, die von den Vertragspartnern laut Produkt durch Übereinkunft und bei Uneinigkeit durch Gutachten bestimmt werden soll. Nach Ablauf des Leasingvertrags muss die Fluggesellschaft die Maschinen im Half-Life-Zustand zurückgeben.

Investition und Finanzierung. Das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt 30,7 Millionen Euro inklusive Agio. Es wurden zwei langfristige Darlehen über jeweils 6,6 Millionen Euro aufgenommen. Über die gesamte Laufzeit von acht Jahren beträgt der Zins inklusive Marge 1,98 Prozent pro Jahr. Die Eigenkapitalzwischenfinanzierung erfolgte in zwei Tranchen. Die Flugzeuge haben jeweils 13.234.816 Euro gekostet. Der Kaufpreisfaktor beträgt die 8,8-fache Jahresmiete. Die Transaktionskosten belaufen sich auf 1,38 Millionen Euro. Davon entfallen 990.000 Euro auf HEH für die „betriebswirtschaftliche Beratung“ des Fonds. Doric erhält 300.000 Dollar für die „Unterstützung bei der Beschaffung der Flugzeuge und bei den Vertragsverhandlungen“. Unter Berücksichtigung aller Transaktionskosten steigt der Kaufpreisfaktor auf 9,28 Jahresmieten. Die einmaligen Fondsanlaufkosten betragen 2,71 Millionen Euro, davon erhält der Vertrieb 1,66 Millionen Euro. Die Provision für die Finanzierungsvermittlung beträgt rund 400.000 Euro; die Platzierungs- und Kapitalaufbringungsgarantie lässt sich HEH mit 332.000 Euro vergüten. Die Kostenquote beträgt 15,5 Prozent bezogen auf das Anlegerkapital inklusive Agio. Da die bereits erwähnten Transaktionskosten im Wesentlichen für Beratung durch HEH und Doric anfallen und keine assetbezogenen, unabdingbaren und ihrer Höhe nach nicht beeinflussbaren Anschaffungskosten sind, können sie den Fondsanlaufkosten hinzugerechnet werden. Dadurch steigt die Kostenquote auf sehr hohe 23,46 Prozent. Anders gesagt: Unter Berücksichtigung aller Kosten steigt der Kaufpreisfaktor auf 10,2 – die Kosten machen 1,4 Jahresmieten aus. Günstige Fonds kommen mit weniger aus.

Prognoserechnung. Der Prognosezeitraum läuft Ende des Jahres 2032 ab. Der Fonds tilgt die Bankkredite vollständig bis zum Ende der Grundlaufzeit der Leasingverträge. HEH geht davon aus, dass die Finnair die Verlängerungsoptionen zieht und die Maschinen darüber hinaus bis zum Ende des Prognosezeitraums mietet. In der Prognose hat HEH eine Anschlussleasingrate in Höhe von 166.000 Euro angesetzt. Der Abschlag gegenüber der Erstrate beträgt mithin zirka 33 Prozent. Basis für die Kalkulation sind laut Prospekt Bewertungsgutachten von Ascend und ein angenommener Wechselkurs von 1,10 Dollar je Euro. Während der Grundmietzeit sollen die Anleger eine jährliche Auszahlung in Höhe von 6,50 Prozent erhalten, danach steigt die prognostizierte Auszahlung auf 10 Prozent pro Jahr, wofür durch die dann erfolgte vollständige Darlehenstilgung kalkulatorisch der notwendige Spielraum gegeben ist. Die laufenden Fondskosten betragen im ersten vollen Jahr 4,9 Prozent der Leasingeinnahmen beziehungsweise 0,9 Prozent des Anlegerkapitals. Die Kosten steigen ab 2017 jährlich um zwei Prozent. Im Zeitraum der Anschlussvermietung steigen die kalkulierten Kosten gegen Ende auf rund zehn Prozent der erwarteten Leasingeinnahmen.

Exitstrategie. Die Prognose unterstellt den Verkauf der Flugzeuge zum Ende des Jahres 2032. Die Maschinen sind dann über 21 Jahre alt. Unter Berufung auf die Ascend-Gutachten erwartet HEH einen Nettoverkaufserlös in Höhe von insgesamt 11,69 Millionen Dollar (10,63 Millionen Euro bei unterstelltem Wechselkurs USD/EUR 1,10). Dabei hat der Gutachter eine jährliche Werststeigerung von 2,5 Prozent und ein normal-stabiles Marktumfeld unterstellt. Im „Soft-Market“-Szenario, in dem der Luftfahrtmarkt und die Fluggesellschaft an Höhe verlieren, kalkuliert Ascend, dass die Maschinen 9,3 Millionen Dollar wert sind (rund 8,5 Millionen Euro). Das entspricht etwa der Hälfte des Anlegerkapitals.

Ergebnisprognose. Laut Prognose sollen die Anleger bis zum Verkauf der Flugzeuge 154 Prozent des Kommanditkapitals ohne Agio erhalten. Der Initiator plant die Auszahlungen quartalsweise vorzunehmen. Die Schlussauszahlung hat HEH mit 67,7 Prozent kalkuliert. Somit beträgt der Überschuss aus der Beteiligung 116,73 Prozent. Das entspricht bei einer Beteiligungsdauer von 17,5 Jahren einem rechnerischen Überschuss von 6,67 Prozent pro Jahr (alle Angaben vor Steuern).

Gewinnbeteiligung. Bei einer Anschlussvermietung erhält Doric eine Provision von 2,38 Prozent des vermittelten Leasingerlöses. Vom Verkaufserlös erhält Doric ebenfalls 2,38 Prozent. Darüber hinaus fallen kleinere Gebühren im Rahmen des Remarketings an. Die KVG erhält eine Gewinnbeteiligung von 15 Prozent. Diese erfolgsabhängige Vergütung wird fällig, wenn die Anleger ihr eingesetztes Eigenkapital samt Agio sowie eine rechnerische Verzinsung von 6,5 Prozent pro Jahr erhalten haben.

fondstelegramm-Meinung. Fondsinitiator HEH bleibt den Regionalflugzeugen treu, bietet aber erstmals ein Investment in Turboprop-Maschinen eines Airbus-Joint-Ventures an. Die Flugzeuge sind auf dem Markt seit langem etabliert und weltweit im Einsatz. Der Fonds besitzt zwei langfristig vermietete Maschinen, die bei der staatlich kontrollierten Finnair Gruppe im Einsatz sind. Das Investitionskonzept ist solide. Die Rückzahlung des Anlegerkapitals sollte bereits vor Ende des Prognosezeitraums und damit vor Verkauf der Flugzeuge erfolgen. Selbst mit einem geringeren Exiterlös, als er von HEH erwartet wird, dürften die Anleger bei diesem Fonds einen Gewinn erzielen. Abzüge gibt es für die anfänglich immer noch hohen Kosten, die eher nach dem Muster in der „Alten Welt“ als dem Investorenwunsch in der „Neuen Welt“ der AIF in Rechnung gestellt werden.

Erster Regionalfliegerfonds der neuen Generation: Hohe Kosten versus überzeugendes Konzept.