Angebot. Das vierte Projekt von iFunded besteht darin, eine Berliner Wohnimmobilie zu erwerben, sie in Teileigentum zu überführen und die einzelnen Einheiten anschließend zu verkaufen. Als Baustein der Finanzierung des Projekts begibt eine dafür gegründete Gesellschaft ein Nachrangdarlehen mit einem Gesamtvolumen von 500.000 Euro, das ab 500 Euro gezeichnet werden kann. Die Laufzeit beträgt 18 Monate, die vorgesehene Verzinsung 5 Prozent pro Jahr, die jedoch nicht halbjährlich, wie bei den bisherigen iFunded-Projekten, sondern am Ende der Laufzeit ausgezahlt werden sollen. Der Darlehensnehmer kann die Laufzeit um ein Jahr verlängern oder den Vertrag nach 12 Monaten vorzeitig kündigen, im ersten Fall werden 1,5 Prozent zusätzlich für den Verlängerungszeitraum fällig, im zweiten ein Bonuszins von 2 Prozent. Eine ordentliche Kündigung durch den Anleger ist ausgeschlossen.

Crowdinvesting-Plattform. Hinter iFunded steht die iEstate GmbH. Ihre Gesellschafter sind Geschäftsführer Michael Stephan, indirekt Mitgründer Einar Skjerven und Alexander Punt, Geschäftsführer der Skjerven Asset Management GmbH und seit vergangenem Jahr der VC-Geber Creathor Venture. Rechtsanwalt Michael Stephan hat 15 Jahre in führenden Positionen in der Digitalen Wirtschaft und in der Venture Capital-Industrie gearbeitet. Einar Skjerven ist Geschäftsführer der Skjerven Group in Berlin. Punt hat 13 Jahre Immobilienerfahrung, Skjerven über 20. Anders als bei den bisherigen Projekten, sind Unternehmen der Skjerven Group – abgesehen von iFunded als reiner Vermittler – jedoch bei diesem Projekt nicht involviert.

Projekt. Die Bestandsimmobilie befindet sich in der Lützowstraße in Berlin-Tiergarten, Ecke Derfflingerstraße. Sie hat 16 Wohn- und 2 Gewerbeeinheiten, die alle vermietet sind, sowie ein noch nicht ausgebautes Dachgeschoss. Die jährlichen Mieteinnahmen betragen derzeit knapp 150.000 Euro. Bei einem Kaufpreis von 5,3 Millionen Euro wurde die Immobilie folglich zu einem erklärungsbedürftig hohen Faktor von 35,8 Jahresmieten erworben. Baujahr ist 1904, iFunded sagt jedoch, dass der Instandhaltungsstau gering sei: Das Treppenhaus sei in einem gepflegten Zustand, einzelne Wohnungen seien in den vergangenen Jahren bereits saniert worden, ebenso in den 1990er Jahren die Wasserstränge. Es ist geplant, dass die Mieteinnahmen während der Sanierung weiter vereinnahmt werden können. Das Dachgeschoss, so heißt es in den Unterlagen, stehe "für einen potenziellen Ausbau zur Verfügung". Wie sehr das jedoch bereits Gegenstand der Kalkulation ist und ob dafür beispielsweise eine Baugenehmigung vorliegt, geben die Unterlagen nicht her.

Standort. Berlins Einwohnerzahl wächst schneller als neue Wohnflächen entstehen, was für eine solide und wachsende Nachfrage nach Wohnraum sorgt. Mit Bezug auf einschlägige Erhebungen von CBRE stellt iFunded einen mittleren Quadratmeterpreis für Wohneigentum in Berlin in Höhe von 3.289 Euro dar, für den Bezirk Mitte-Tiergarten, zu dem die Lützowstraße gehört, in Höhe von 3.838 Euro.
Das Objekt befindet sich in der Lützowstraße, einer Parallelstraße zum Lützowufer, das entlang des Landwehrkanals verläuft. Einerseits liegt es direkt hinter dem vornehmen Hotel Sheraton Esplanade, andererseits ist es nur 300 Meter vom Straßenstrich Kurfürstenstraße/Genthiner Straße entfernt. In diesem Viertel entsteht derzeit viel Wohnungsneubau, so dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Gentrifizierungseffekte den Straßenstrich verdrängen werden.
Die Lage ist in mehrerlei Hinsicht sehr zentral, das Kulturforum mit Staatsbibliothek, Berliner Philharmonie, Gemäldegalerie und Neuer Nationalgalerie ist fußläufig erreichbar, der Potsdamer Platz ebenso. Der Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr ist okay.

Darlehensnehmer ist die im Frühjahr 2017 gegründete PLAB2 GmbH eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Placerat Berlin GmbH. Deren Geschäftsführer und alleiniger Eigentümer ist der 34 Jahre alte Erlend Christoffersen. Zu ihm heißt es in den Angebotsunterlagen lediglich, dass er seit 2014 als Investor ein Immobilienportfolio aufbaut. Das Expose erwähnt zwar, dass die Firma Placerat dabei hinsichtlich der strategischen Planung und Optimierung von Experten beraten wird, das bleibt aber sehr vage. Mit Christoffersen besteht jedenfalls ein erhebliches Schlüsselpersonenrisiko. Insofern wären die Vorstellung seiner Qualifikation und der Nachweis bisheriger Erfolge erforderlich gewesen.

Finanzierung. Für das Gesamtprojekt ist ein Kostenrahmen von 6,67 Millionen Euro veranschlagt. 6,1 Millionen Euro davon sind Anschaffungskosten für die Immobilie inklusive Erwerbsnebenkosten. 360.000 Euro sind als Aufteilungskosten und 190.000 Euro als Instandhaltungskosten vorgesehen, 20.000 Euro sind für Controlling eingeplant. 1,98 Millionen Euro kommen über einen Kredit der Volksbank Berlin, der möglicherweise auf bis zu 3,5 Millionen aufgestockt wird. 2,67 Millionen weist die Mittelherkunft als Eigenkapital aus, das sind bemerkenswert hohe 40 Prozent, die restlichen 500.000 Euro Crowdmittel machen 7,5 Prozent des Finanzierungsvolumens aus.

Dienstleister. Die Unterlagen geben keine Auskunft darüber, wer die Überführung der Immobilie in Teileigentum oder die dafür eventuell notwenigen baulichen Maßnahmen vornehmen wird.

Risiken. Die Modernisierung, Aufteilung und Vermarktung einer Bestandsimmobilie ist verschiedenen Risiken ausgesetzt. Hierbei handelt es sich insbesondere um Planungsfehler, beispielsweise wenn es zu Abweichungen zwischen Bauausführung und Teilungserklärung kommt, was wiederum Kostensteigerungen und Vermarktungsrisiken mit sich bringen kann. Bei diesem Projekt kommt insbesondere zum Tragen, dass die zweite Kredittranche der Volksbank von der Erteilung einer Abgeschlossenheitserklärung abhängt: Wird sie nicht erteilt, stockt die Bank den Kredit nicht in kalkulierter Höhe auf. Das hier begebene Darlehen ist darüber hinaus „qualifiziert nachrangig“. Bei dieser Darlehensart können Ansprüche nicht geltend gemacht werden, wenn ihre Geltendmachung einen Grund für ein Insolvenzverfahren herbeiführen würde.

Risikenbegrenzung. Die Gesellschafter der Darlehensnehmerin versichern, so lange keine Gewinne, Kapitalrückführungen und sonstige Liquidität zu entnehmen, so lange nicht die Darlehen der Crowd inklusive Zinsen vollständig bedient wurden. Das hat insofern einen eher kosmetischen Charakter, als das Darlehen der Crowd trotz seiner Nachrangigkeit, vor den Ansprüchen der Gesellschafter zu bedienen ist. Denn der Waterfall ist eigentlich hinreichend klar geregelt: Erst werden Bankverbindlichkeiten und Zahlungsansprüche etwa von Gewerken und anderen Dienstleistern bedient, dann kommt die Crowd dran und erst danach können die Gesellschafter ihre Ansprüche geltend machen. Dadurch jedoch, dass die Gesellschafter ihre Ansprüche per Vertrag an einen außen stehenden Treuhänder abtreten, entsteht eine zusätzliche Anspruchsgrundlage, zumal in Händen einer Instanz, die – eher als es ein 500-Euro-Anleger tun würde – auch juristische Schritte in die Wege leiten würde. Insofern wird das Risiko einer vorsätzlichen Übervorteilung der Anleger reduziert.

Kosten. Für den Abschluss und die Verwaltung des Darlehensvertrags entstehen dem Anleger selbst keine Kosten. Die Darlehensnehmerin zahlt an die iEstate GmbH, die Betreiberin der Plattform iFunded, einmalig bis zu 8 Prozent der Fundingsumme für die Vermittlung, die Einrichtung des Angebots auf der Plattform, den Treuhänder und die Zahlungsabwicklung. Zusätzlich erhält die iEstate GmbH während der Laufzeit des Darlehens eine jährliche Vergütung für die Betreuung der Anleger in Höhe von bis zu 1,5 Prozent der vermittelten Darlehen. Insgesamt bezahlt die Darlehensnehmerin also bei planmäßiger Laufzeit von 1,5 Jahren für den Mezzanine-Baustein ihrer Finanzierung bis zu 17,75 Prozent.

Plausibilitätsüberlegungen. Die Gesamtmietfläche beträgt 1.891 Quadratmeter. Legt man den für den Stadtteil dargestellten durchschnittlichen Kaufpreis je Quadratmeter für Wohneigentum von 3.838 Euro zugrunde, dann wäre ein Verkaufserlös von rund 7,26 Millionen Euro erzielbar, also eine Marge von weniger als 9 Prozent beziehungsweise knapp 600.000 Euro vor Finanzierungskosten. Da darf nicht viel schief gehen.
Die durchschnittliche Monatsmiete im Objekt beträgt derzeit 6,52 Euro je Quadratmeter. iFunded gibt als Durchschnittsmiete im Viertel 13,00 Euro je Quadratmeter an. So gesehen relativiert sich der extrem hohe Ankaufsfaktor – jedoch nur dann, wenn es zu einem Abverkauf gemäß durchschnittlich erzielbarer Wohnungspreise kommt, und dazu wird es nur kommen wenn die Aussicht besteht, das aktuelle auf das ortsübliche Mietniveau anzuheben. Es wäre nicht das erste mal, dass Investoren sich vom Berliner Preisniveau blenden lassen und darüber die starke Position, die Mietern aus dem deutschen Mietrecht erwächst, unterschätzen. Eine Verdoppelung der Mieten allein durch Überführung in Teileigentum ist unrealistisch, letztlich besteht aber darin das Konzept: Durch Aufteilung den Ertrag und den Wert der Immobilie verdoppeln.

fondstelegramm-Meinung. Investments in Wohnraum in Berlin sind grundsätzlich interessant. Bei der Immobilie handelt es sich um einen typischen Berliner Altbau, der bei vielen Mietern und Eigentümern sehr beliebt ist. Dreh- und Angelpunkt dieses Projektes ist jedoch, ob eine Abgeschlossenheitserklärung und eine notarielle Teilungserklärung erzielt werden kann. Insofern hätte dieser Punkt viel deutlicher und anschaulicher vorgestellt werden müssen. Die Eigenbeteiligung des Darlehensnehmers ist mit 40 Prozent des Finanzierungsvolumens ausgesprochen hoch. Das damit gegebene hohe Eigeninteresse an einem Erfolg des Projekts reduziert das Risiko aus der Sicht fremder Geldgeber. Gemäß aktueller Auskunft von iFunded gibt es derzeit auch keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuten würden, dass es nicht wie geplant zur Teilungserklärung kommt. Scheitert sie dennoch, müsste das Objekt entweder in den Bestand übernommen oder als Ganzes weiterverkauft werden. Beides wäre wahrscheinlich damit verbunden, dass Christoffersen Eigenmittel nachlegen müsste, um das Crowddarlehen zu bedienen. Er ist zwar Millionär, auf Basis der rechtlichen Konstruktion aber nicht zu weiteren Eigenleistungen verpflichtet.

Die Kalkulation bietet so gut wie keinen Spielraum, das Gesamtprojekt erscheint unplausibel.