Angebot. Angeboten werden Inhaber-Genussscheine der Solarcomplex AG, die mit dem Genussscheinkapital ihren Kraftwerkspool mit erneuerbaren Energieanlagen und Wärmenetzen erweitern will. Das Angebot endet spätestens am 31. August 2016. Der Emittent will zehn Millionen Euro platzieren. Der Nennbetrag eines Genussscheins beträgt 3.000 Euro. Die Genussscheine sind nicht zum Handel an der Börse zugelassen. Anleger erzielen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Emittent und Genussscheininhaber können die Genussscheine, mit einer Frist von einem Jahr, nach Ablauf von drei Jahren kündigen. Erfolgt das nicht, verlängert sich die Laufzeit um jeweils drei Jahre.

Historie. Die im September 2000 gegründete Solarcomplex GmbH wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2007 zur Solarcomplex AG umfirmiert. Ihr Grundkapital beträgt 9,165 Millionen Euro. Ihre Aktien werden von rund 1.000 Aktionären gehalten, von denen keiner mehr als sechs Prozent des Grundkapitals besitzt. Die Aktien werden nicht an der Börse gehandelt.
Den Vorstand der Solarcomplex AG bilden drei Personen: Vorstandssprecher Bene Müller ist eines der 20 Gründungsmitglieder des Emittenten. Florian Armbruster war ebenfalls ein Gründungsmitglied und hatte vor seiner Tätigkeit bei Solarcomplex eine Werbeagentur geleitet. Eberhard-Michael Banholzer ist Diplom-Ingenieur für Verfahrens- und Umwelttechnik und war früher als Abteilungsleiter Wärmeversorgung bei der Energieversorgung Rottweil tätig. Solarcomplex hat rund 40 Mitarbeiter.
Der Gewinn vor Zinsen und Steuern kletterte 2014 auf 1,56 Millionen Euro, von 1,35 Millionen Euro im Vorjahr. Solarcomplex konnte ihren Gewinn vor Steuern von rund 325.000 Euro im Jahr 2013 auf rund 456.000 Euro in 2014 steigern. 2014 erwirtschaftete die Solarcomplex einen Jahresüberschuss von rund 298.000 Euro, im Vorjahr waren es 202.000 Euro. Die Eigenkapitalquote sank von 27 Prozent in 2013 auf 24 Prozent im Jahr 2014.
Im Jahr 2014 bestanden Genussrechte in Höhe von insgesamt 8,82 Millionen Euro. Laut Solarcomplex wurden auf alle Tranchen, die bis einschließlich 2014 begeben wurden, die in Aussicht gestellten vier Prozent jährlich auch gezahlt, für die Tranche ab 2015 drei Prozent.

Tätigkeitsbereiche der Solarcomplex. In ihrem Kerngeschäft betreibt Solarcomplex nach eigenen Angaben regenerative Wärmenetze. Außerdem plant, baut und betreibt sie Photovoltaikanlagen und übernimmt für diese Anlagen Dienstleistungen, beispielsweise die Überwachung, Wartung und Reparaturarbeiten. Bislang hat sie über 1.000 PV-Anlagen mit insgesamt mehr als 20 MW für Dritte errichtet. Alle Anlagen befinden sich in der Bodenseeregion. Darüber hinaus unterhält der Anbieter rund 30 eigene Solaranlagen mit einer Leistung von insgesamt 4 MW.
Freiflächensolaranlagen über 100 kWp erhalten nur noch dann EEG-Vergütungen, wenn sie während einer Ausschreibungsrunde den Zuschlag bekommen haben. Solarcomplex wird sich an den Ausschreibungen nicht beteiligen. Sie befürchtet einen hohen Aufwand und ein zu großes Kostenrisiko.
Solarcomplex bietet neue Photovoltaikanlagen gern Gewerbebetrieben an, die einen Anteil ihres Solarstroms selbst nutzen können. Sie gibt an, dass die Erzeugungskosten für Solarstrom derzeit bei 10 Cent je kWh liegen – die Strompreise für mittlere Gewerbebetriebe mit einem Verbrauch zwischen 2 und 20 Millionen kWh pro Jahr betragen im Durchschnitt 15,6 Cent je kWh, so die „Stromauskunft“. Kleinanlagen für private Wohngebäude bietet Solarcomplex nicht an.
Der Emittent ist zwischen 13 und 26 Prozent an den drei Tochter-GmbH & Co. KGs Solarpark Rickelshausen, Biogashof Schönbuch, Wasserkraft Musikinsel und Solar + Windkraft 1 beteiligt. Komplementär ist jeweils die Solarcomplex Verwaltungs GmbH.
Solarcomplex betreibt derzeit zwei eigene Biogasanlagen mit insgesamt 600 kW, ihre Energie wird nahezu vollständig als Wärme genutzt. Darüber hinaus betreibt der Anbieter Wärmenetze mit Biogasanlagen diverser anderer Betreiber. Durch gesunkene Heizölpreise griffen 2014 und 2015 Regelungen, dass der Endkundenpreis für Nahwärme die Heizölpreise nicht übersteigen darf. Da die Ölpreisgarantie nur für einige Netze ausgesprochen wurde, ist der wirtschaftliche Schaden überschaubar, so Solarcomplex.
Darüber hinaus plant, baut und betreibt Solarcomplex Holzenergieanlagen. Bislang sind es rund 20 Anlagen mit rund 12 MW, Basis sind Holzhackschitzel und Holzpellets. Die Endkundenpreise sind hier an die Preisentwicklung der Holzenergie gekoppelt.
Auch im Windenergiebereich ist Solarkomplex tätig. Sie betreibt eine Anlage mit 2,3 MW. Acht Anlagen mit insgesamt 26 MW befinden sich laut Solarcomplex in Planung. Ob sich Solarcomplex an den Ausschreibungen für Windenergie beteiligt, hängt von den zukünftigen Ausschreibungsmodalitäten ab. Des Weiteren hat der Anbieter ein Wasserkraftwerk mit 120 kW vor 10 Jahren reaktiviert.

Genussscheine. Die Genussscheine sind nachrangig gegenüber allen anderen Gläubigern und vorrangig gegenüber den Stammaktien des Emittenten. Die Genussscheine sollen ab Geldeingang beim Emittenten mit drei Prozent jährlich verzinst werden.
Die Rückzahlung des Genussscheinkapitals ist bei Kündigung, die frühestens nach drei Jahren ausgesprochen werden kann, vorgesehen. Wie bei jedem Genussrecht, erfolgen Zins- und Rückzahlungen nur, soweit es die liquide Situation des Unternehmens erlaubt. Der Anbieter kann weitere Genussrechte begeben.

Verwendung des Genussrechtkapitals. Die Anlegergelder werden zur Planung und Errichtung Erneuerbarer Energieanlagen verwendet, die im Kraftwerkspark der Solarcomplex AG verbleiben. Außerdem will Solarcomplex Photovoltaikanlagen an Kunden verkaufen, die den erzeugten Strom selbst nutzen wollen.
Für 2,5 Millionen Euro stehen die Anlagen schon fest. Eine halbe Million Euro soll für die Errichtung eines regenerativen, sieben Kilometer langen Wärmenetzes mit 60 angeschlossen Nutzern in Wald, im Landkreis Sigmaringen, ausgegeben werden. Die erneuerbare Energiequelle ist eine Biogasanlage. Weitere 2,5 Millionen Euro werden durch Banken finanziert, das entspricht 83 Prozent des Investitionsvolumens für dieses Projekt. Bei Furtwangen soll eine Windenergieanlage mit 2 bis 3 MW entstehen, die der Emittent mit 1,5 Millionen Euro Genussrechtkapital finanzieren will. Weitere drei Millionen Euro sollen aus Bankdarlehen stammen. Mit 0,5 Millionen hat sich Solarcomplex am Windpark Verenafohren in Wiechs, Landkreis Konstanz, beteiligt.
Eine externe Mittelverwendungskontrolle gibt es nicht.

Finanzierung. Von den zehn Millionen Euro betragenden Emissionserlösen sollen 99,5 Prozent in Energieanlagen fließen. Solarcomplex vertreibt die Genussscheine ausschließlich selbst, weder bei der Zeichnung noch bei der Rückzahlung fallen Gebühren an.

Rückfluss. Genussscheininhaber, die ihren Freibetrag für die Abgeltungssteuer bereits ausgeschöpft haben, sollen nach einer angenommenen Laufzeit von drei Jahren 107 Prozent ihres eingesetzten Kapitals nach Steuern wieder zurückerhalten. Das entspricht einer vorgesehenen IRR-Rendite von lediglich 2,2 Prozent nach Steuern.

Eignung für Stiftungen. Das mittelständische Unternehmen hat sich schon in vielen erneuerbaren Energiebereichen versucht, hat sich in ihren Ergebnissen 2014 steigern können gegenüber dem Vorjahr und konnte auf bisherige Genussrechte Zinszahlungen leisten. Die Diversifikation bringt einerseits ein geringes Gesamtrisiko mit sich, andererseits erschwert es, mit größeren Wettbewerbern mitzuhalten, beispielsweise im Rahmen von Ausschreibungen. Gut ist, dass keine Vertriebsprovisionen anfallen. Die versprochenen Zinsen sind im Vergleich zu den bestehenden Risiken recht niedrig.

fondstelegramm-Meinung. Solarcomplex ist ein mittelständiges, regional tätiges Unternehmen, das sich nicht auf eine erneuerbare Energieart spezialisiert hat, sondern in verschiedenen Bereichen mit kleinen bis mittleren Projekten unterwegs ist. Entscheidende Einflüsse einzelner Aktionäre auf die Unternehmenstätigkeit gibt es nicht. Das Geschäftsjahr 2014 zeigte bessere Ergebnisse als das Vorjahr. Auch in Zukunft werden erneuerbare Energien ein gesellschaftlich gewolltes Betätigungsfeld sein, wenngleich einige Umstände es insbesondere kleineren Anbietern oft schwerer machen. So wird sich Solarkomplex nicht mit Wettbewerbern an einen Tisch setzen, um EEG-Förderungen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Rahmen von Ausschreibungsverfahren zu ergattern. Hier setzt der Anbieter primär auf Gewerbetreibende, die ihre Energie selbst nutzen wollen. Auch die derzeit niedrigen Heizölpreise wirken sich eher belastend auf den Anbieter aus. Nichtsdestotrotz konnte Solarcomplex bisher die versprochenen Zinsen auf ihre schon bestehenden Genussrechtstranchen zahlen. Nach Steuern bleibt für die hier angebotenen Genussscheine nur recht wenig für die Genussscheininhaber übrig.

Anleger sind offensichtlich bereit, immer geringere Renditen mit verbundenen höheren Risiken zu akzeptieren.