Angebot. Anlegern wird angeboten, sich an einer GmbH & Co. KG zu beteiligen, die auf einem Grundstück in Polen ein Pflegeheim errichten und betreiben möchte. Hier sollen pflegebedürftige Selbstzahler aus Deutschland betreut werden. Rund 10,3 Millionen Euro beträgt das Gesamtinvestitionsvolumen inklusive Agio, es kann um 0,5 Millionen Euro erhöht werden. Ab 10.000 Euro zuzüglich fünf Prozent Agio können Anleger der Gesellschaft beitreten. Anleger sollten aus Gründen leichterer steuerlicher Handhabe über den Treuhänder beitreten. Die im Handelsregister einzutragende Haftsumme beträgt zehn Prozent der Pflichteinlage. Ende 2030 können Beteiligungen erstmals, mit einer Frist von 12 Monaten, ordentlich gekündigt werden. Bei Bedarf können sich Anleger selbst, ab 30.000 Euro Zeichnungssumme auch nahe Angehörige, vorrangig gegenüber anderen für einen Pflegeplatz anmelden. Die Gesellschaft ist – nach Einschätzung der Bafin – operativ tätig und fällt nicht unter das KAGB.

Zielmarkt. Das Pflegeheim soll in Krzeszyce (ausgesprochen: Kriescht) errichtet werden. Krzeszyce ist rund 50 Kilometer von Frankfurt/Oder entfernt und liegt an der Schnellstraße S 22. In der Gemeinde leben 4.670 Menschen. Der Ort ist landwirtschaftlich geprägt, 96 Prozent der Gemeindefläche sind bewaldet.
Der Anbieter geht davon aus, dass die Pflegebedürftigen vor allem aus jenen deutschen Bundesländern kommen, in denen hohe Heimentgelte zu zahlen sind, wie beispielsweise in Hamburg oder Baden-Württemberg. Im ersten Betriebsjahr muss ein Pflegebedürftiger der Pflegestufe II im Heim der Beteiligungsgesellschaft, bei einer angenommenen 84-prozentigen Auslastung, monatlich 2.172 Euro bezahlen. In deutschen Heimen beteiligt sich die Pflegekasse mit 1.330 Euro an den Heimkosten, die verbleibenden Kosten tragen die Pflegebedürftigen. So zahlen Personen der Pflegestufe II in Hamburger Heimen, einschließlich Investitionskosten, um die 2.000 Euro und liegen somit im selben Preissegment wie das Heim in Polen. Im nahe gelegenen Frankfurt/Oder jedoch bezahlen Pflegebedürftige der Pflegestufe II derzeit rund 1.300 Euro, das ist viel günstiger als in der Einrichtung der Beteiligungsgesellschaft. Übrigens erhalten auch Pflegebedürftige, die sich im europäischen Ausland pflegen lassen das monatliche Pflegegeld von derzeit 458 Euro für die Pflegestufe II – Zuschüsse der Pflegekasse bekommt ein im Ausland liegendes Pflegeheim allerdings nicht.
Der Anbieter zielt auf die besseren Pflegeleistungen in Polen ab. Durch die niedrigen Löhne für die Pflegekräfte kann mehr Pflegepersonal eingesetzt werden als in deutschen Einrichtungen. Die Pflegeheime in Deutschland seien – laut Anbieter – personell dermaßen schlecht ausgestattet, dass eine menschenwürdige Pflege des Einzelnen gar nicht mehr möglich sei. Mit dem Aus für Zivildienstleistende in Pflegeheimen sei dieser Umstand noch verschärft worden. Viele Pflegekräfte seien zudem schlecht ausgebildet. Die Bewohner würden mittels Tabletten ruhig gestellt, damit sie leichter handzuhaben seien. Das Heim, so der Anbieter, soll mit einem Schwimmbad für Wassergymnastik, einem Theater, einem Demenzgarten und mit kleinen Mietergärten ausgestattet werden.
In Polen selbst ist die Pflege im Heim ein Tabu-Thema, so der Anbieter. Hier werden die Pflegebedürftigen im Regelfall bis zum Schluss zu Hause betreut. Es gibt zwar staatliche Heime, die jedoch schlecht ausgestattet seien. Zudem könnten sich die meisten Polen einen Pflegeplatz gar nicht leisten.

Historie. Die internationale Pflegeheimentwicklungsgesellschaft mbH (IPHEG) wurde im Mai 2014 gegründet. Für sie ist das die erste Emission einer Kapitalanlage. Den Vertrieb organisiert die NWK Nordrheinwestfälische Wirtschaftskanzlei GmbH. Vier Mitarbeiter sind derzeit bei IPHEG und NWK beschäftigt. Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter beider Gesellschaften ist Artur Maszej. Mit ihm besteht ein erhebliches Schlüsselpersonenrisiko. Welcher Vertrieb letztlich die Kapitalanlage an den Mann bringt, steht noch nicht fest.
Als Generalunternehmer wurde die im Dezember 2010 gegründete Handels-, Bau- und Dienstleistungsfirma TWI Sp. z o.o.(TWI), mit Sitz in Krzeszyce beauftragt. Sie verfügt über ein Stammkapital von 2.442 Euro. Artur Proficz hält 49 Prozent der Gesellschaftsanteile und Krystian Siwko 51 Prozent. TWI wies für 2013 einen Jahresüberschuss von umgerechnet rund 76.500 Euro aus. TWI hat nach Angaben des Anbieters bislang bei zehn Bauprojekten als Generalunternehmer fungiert.
Treuhänder ist die Elbtreuhand Kriescht GmbH.

Pflegeheim. Das zweieinhalb Hektar große Grundstück gehört inzwischen der Beteiligungsgesellschaft, so der Anbieter. Er gibt an, dass der Boden gemäß einer Untersuchung frei von Altlasten sei. Es liegt eine Bauvorabgenehmigung vor. In der bestätigt die Gemeinde, dass das Bauvorhaben generell gewollt ist. Aber erst wenn die Planungsunterlagen vorliegen, kann eine Baugenehmigung beantragt werden. Derzeit existiert nur eine Grobplanung. Die Beteiligungsgesellschaft trägt das volle Baurisiko.
TWI erschließt momentan das Grundstück – dazu gehören Maßnahmen gegen Überschwemmungen, denn das Grundstück liegt an einem Fluss und war schon zweimal (1911 und 1949) vom Hochwasser betroffen. TWI soll die Immobilie schlüsselfertig zu einem Pauschalfestpreis errichten. Wenn für wenigstens ein halbes Jahr der Wechselkurs unter 4,15 Zloty je Euro sinkt, werden die Baupreise um ein Prozent erhöht, steigt der Kurs ein halbes Jahr lang über 4,21 Zloty je Euro, sinken die Baupreise um ein Prozent. Mit der Fertigstellung wird Anfang 2018 gerechnet. Grundstücks- und Baukosten betragen insgesamt rund 6,8 Millionen Euro. Setzt man dazu die angenommenen Einnahmen des ersten Jahres ins Verhältnis, ergibt sich ein Kaufpreisfaktor von 2,5.
Die hochwertig auszustattende Senioreneinrichtung umfasst rund 7.000 Quadratmeter Nutzfläche und beherbergt 125 Pflegeplätze in 105 Einzel- und zehn Doppelzimmern sowie vier Gästezimmer, ein Restaurant und einen großen Gemeinschaftsraum. Die Einzelzimmer sollen 30 Quadratmeter, die Doppelzimmer 40 Quadratmeter umfassen. Zum Gebäudekomplex gehört ein separates Wirtschaftsgebäude.

Finanzierung. Die Beteiligungsgesellschaft nimmt keine Darlehen auf. 80,7 Prozent der Gesamtinvestitionskosten inklusive Agio sollen in die Immobilie fließen, samt Erwerbsnebenkosten. 0,5 Prozent sind für die Bezahlung des TÜV Süd für die Zertifizierung des Pflegeheims vorgesehen. 2,6 Prozent sollen der Bezahlung laufender Kosten bis Ende 2016 dienen. 2,4 Prozent bilden eine Liquiditätsreserve. Umfängliche 13,8 Prozent sind Nebenkosten der Beteiligungsgesellschaft. Es besteht ein Währungsrisiko.

Prognose. Der Anbieter rechnet damit, dass die Pflegeplätze im Durchschnitt zu 84 Prozent und die vier Gästezimmer zu zehn Prozent belegt sind. Die angenommenen Einnahmen von anfänglich rund 2,7 Millionen Euro werden jährlich um 1,75 Prozent gesteigert. Das liegt leicht über der durchschnittlichen Inflationsrate in Deutschland der vergangenen 12 Jahre, die bei 1,5 Prozent lag.
Die Beteiligungsgesellschaft hat noch kein Unternehmen mit dem Betrieb des Heims beauftragt, insofern sind die im Prospekt abgebildeten Kosten für den Betrieb und die Pflege nur Schätzungen. Die Kosten wurden jährlich mit 2,5 Prozent Steigerung gerechnet. Von 2000 bis 2014 lag die durchschnittliche Inflationsrate in Polen bei 2,79 Prozent. Für Instandhaltungsleistungen wurden durchschnittlich jährlich 21,9 Euro je Quadratmeter Nutzfläche einkalkuliert – hierzu gehört auch die Instandhaltung der Inneneinrichtung. Insgesamt wurde für objektbezogene Kosten 52 Prozent der Mieteinnahmen einkalkuliert. Der Anbieter hat mit einem durchschnittlichen Wechselkurs von 4,18 Polnische Zloty je Euro gerechnet. Der durchschnittliche Wechselkurs seit 2000 bis Anfang 2015 lag bei 4,05 Polnische Zloty je Euro.
Für laufende Nebenkosten der Beteiligungsgesellschaft fallen durchschnittlich jährlich 194.000 Euro an, das entspricht 1,88 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens. Ende 2029 ist der Verkauf der Immobilie zum 4,98-Fachen der Jahreseinnahmen vorgesehen, das sind 2,5 Jahreseinnahmen über den veranschlagten Erstellungskosten.

Rückfluss. Sobald die Anleger sechs Prozent ihres Eigenkapitals nach Steuern erreicht haben, Minderzahlungen vorheriger Jahre ausgeglichen wurden und jährlich mindestens 50.000 Euro der Liquiditätsreserve hinzugefügt wurden, geht die Hälfte der darüber hinaus gehenden Erträge an den Komplementär, bis der übersteigende Betrag 100.000 Euro erreicht hat. Erträge, die diese Hurdle übertreffen, werden zu 90 Prozent an den Komplementär ausgezahlt. Den jeweiligen Rest erhalten die Anleger.
Während der über 14 Jahre währenden Laufzeit der Finanzanlage sollen Anleger insgesamt 84 Prozent ihres Eigenkapitals inklusive Agio, nach Steuern in Polen und vor Progressionsvorbehalt in Deutschland zurück erhalten, bei Verkauf weitere 80 Prozent, das sind in der Summe 164 Prozent. Das entspricht einer IRR-Rendite von 4,9 Prozent nach Steuern in Polen und vor Progressionsvorbehalt in Deutschland. Da das Objekt gegenüber den Prospektangaben voraussichtlich erst ein Jahr später fertig wird, verringert sich die IRR-Rendite auf 3,7 Prozent jährlich. Eine Rendite in dieser Größenordnung erreichen auch Pflegefonds mit bereits in Betrieb befindlichen deutschen Pflegeheimen.

Steuerrechtliche Grundlagen. Das steuerliche Konzept wurde weder durch eine deutsche noch durch eine polnische Finanzverwaltung geprüft. Es ist laut Anbieter in Polen üblich, einen verbindlichen Vorbescheid der Steuerbehörde gibt es jedoch nicht. Ein steuerliches Gutachten liegt vor. Das Konzept geht davon aus, dass nur der Treuhänder (und kein Anleger) steuerpflichtig ist und 19 Prozent Körperschaftsteuer zahlt. Zwischen Polen und Deutschland existiert ein Doppelbesteuerungsabkommen. Anleger erzielen in Polen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In Deutschland sind die Einkünfte steuerfrei, unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt.

Vertragsgestaltung. Bei nicht vollständiger Platzierung des Eigenkapitals bis Ende 2016 kann der Fonds rückabgewickelt werden, auch bei Nichterlangung der Baugenehmigung. Zu einer Rückabwicklung kann es auch dann kommen, wenn nicht genügend deutsche Pflegebedürftige sich im Heim der Beteiligungsgesellschaft pflegen lassen. Im Falle einer Rückabwicklung hätten die Anleger kein Recht auf die vollständige Rückzahlung ihres Eigenkapitals.
Sofern ein Treugeber sein Abstimmungsrecht im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen nicht wahrnimmt, stimmt der Treuhänder nach pflichtgemäßem Ermessen ab.

fondstelegramm-Meinung. Die Intention für die Kapitalanlage ist durchweg positiv: die Pflege in deutschen Heimen gleicht eher einer Massenabfertigung als einer Betreuung, die auf das Wohl der Menschen ausgerichtet ist. Im Heim der Beteiligungsgesellschaft soll das anders sein, was auch nicht bezweifelt wird. Aus rein finanziellen Gründen werden deutsche Pflegebedürftige jedoch nicht nach Polen gehen, denn polnische Heime bekommen nicht den Zuschuss der deutschen Pflegekassen. Das Projekt befindet sich noch im Stadium der Grobplanung. Die Anleger tragen das volle Baurisiko. Der Generalübernehmer verfügt über keinen nennenswerten finanziellen Background. Der Vertrieb wurde noch nicht beauftragt. Hier sind hohe Vertriebsprovisionen veranschlagt, die zulasten der Substanzquote gehen. Die Kapitalanlage kann bei größeren Schwierigkeiten rückabgewickelt werden, ohne dass die Anleger eine Garantie auf die Rückzahlung ihrer gesamten Anlage haben. Die Rendite harmoniert nicht mit den derzeit noch vorhandenen sehr hohen Risiken.

Ein ehrbares Produkt für Pflegebedürftige – aber ein Produkt mit ungünstigem Chancen-Risiko-Verhältnis für Kapitalanleger.