Green City Energy ist eine Tochtergesellschaft der gemeinnützigen Umweltorganisation Green City e.V. Sie steht für den Umbau der Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien und realisiert Windenergieanlagen in Deutschland, Wasser- und Solarkraftwerke in Frankreich und Wasserkraftwerken in Italien.

Viele unterschiedliche Assetklassen und Finanzierungsvehikel teilen sich den Markt. Inwieweit ist die Finanzierung von Erneuerbaren Energien beim Anleger angekommen? Wo steht die Finanzierung von Windkraft und Photovoltaik heute?
Andrea Wozniak: Wir sehen auf jeden Fall einen generellen Aufwärtstrend des gesamten nachhaltigen Investitionsvolumens in Deutschland: von 5 Milliarden Euro in 2005 auf 127,3 Milliarden Euro in 2014. Allein von 2013 bis 2014 gab es einen Anstieg um 59 Prozent. Es scheinen sich also immer mehr Menschen für die Sinnhaftigkeit ihrer Investition zu interessieren, das ist schon mal gut. Es sind nicht mehr ausschließlich die Vollblut-Ökos, die ihr Kapital nachhaltig anlegen wollen. Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ich denke, mit dem Heranwachsen der heutigen Generation Grün, die großteils mit großer Selbstverständlichkeit sehr bewusst lebt, wird sich dieser Trend noch verstärken. Die Investitionen konkret in Erneuerbare Energien in Deutschland für 2014 schätzt Statista auf 19,7 Milliarden Euro. Als Energiepionier, der schon seit zehn Jahren ökologische Geldanlagen anbietet, können wir sagen, dass das Interesse an Investitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen ungebrochen und steigend ist. Schließlich haben wir hier konkrete Sachwerte und Verzinsungen um die fünf Prozent. Wo hat man das im aktuellen Niedrigzinsumfeld noch?

Wie bewerten Sie die Verabschiedung der Energiewende in Frankreich Ende Juli? Was hat sich seither in Frankreich getan? Was hat sich im Besonderen für Green City Energy an den Rahmenbedingungen geändert?
Andrea Wozniak: Frankreich ist einer unserer Kernmärkte und wir freuen uns, dass die Regierung den politischen Willen zur Energiewende signalisiert, das ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Wie er umgesetzt wird, muss sich in der Realität noch zeigen. Bisher besteht leider kein Fahrplan, wie die 58 französischen AKW vom Netz gehen sollen. Letztlich wurde die Obergrenze der Atomproduktion ja auf den heutigen Ausbaustand festgelegt. Von einer wirklichen „Wende“ kann man also noch nicht sprechen, eher von einer Festschreibung des Status quo. Aber es ist ein Anfang.
Obwohl sich die Rahmenbedingungen nicht drastisch geändert haben, gibt es schon ein paar positive Entwicklungen, zum Beispiel ist das Verfahren für Windenergieentwicklung in Frankreich theoretisch vereinfacht worden. Wir haben das im Auge und sind bereit, wenn sich in Frankreich weitere attraktive Investitionsmöglichkeiten für uns und unsere Anleger auftun.

Mit welchen Hürden haben Sie derzeit auf dem deutschen Markt zu kämpfen? Wie bewerten Sie die geplante Neuausrichtung des EEG? Mit welchen besonderen Vorgaben haben Sie es im Windbereich zu tun?
Andrea Wozniak: Gerade in Bayern haben wir es mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und frisch bestätigten CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ja mit einem großen Verhinderer zu tun, eigentlich beinahe alle Themen betreffend. Speziell auf Windenergie bezogen ist das die 10H-Regelung, die ganz klar eine Geburt seines letzten Wahlkampfs ist. Über die Bauleitplanung können Kommunen die 10H-Regelung ja immer noch umgehen und sind von der bayerischen Energie- und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sogar explizit dazu aufgefordert. Hier soll ganz klar die Verantwortung für den Windausbau in den Augen der Wähler auf die Kommunen abgeschoben werden. Ein weiteres unglückliches Vorgehen im Bereich Windenergie ist das geplante Ausschreibungsmodell. Darüber soll laut EEG-Novelle ab 2017 der Preis für Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen ermittelt werden. Gerade im planungsintensiven Windbereich erschwert das Modell die Teilnahme von kleinen Playern und auch das Angebot von Bürgerinvestitionsmodellen. In anderen Ländern hat sich das Modell bislang nicht bewährt, die Einführung in Deutschland wirkt also ein wenig wie ein rückzentralisierendes Lobby-Geschenk für die großen vier Energieversorger, die ja im kleinteiligen und sehr dynamischen Markt der Erneuerbaren Energien mit ihrer behäbigen Tanker-Mentalität nur schwer Fuß fassen können. Aber selbst wenn die Großen aus finanziellen Gründen die meisten Ausschreibungen gewinnen werden: Wir, die kleinen Energiepioniere und Projektentwickler haben die nötige Expertise, das Netzwerk und die Beweglichkeit. An uns als Projektpartner kommen die Großen nicht vorbei.

Hat sich die KAGB-Ausnahmeregel für Bürgerwindparks bewährt?
Andrea Wozniak: Ja, das hat sie. Bürgerwindparks sind operativ tätige Betreibergesellschaften und keine Investitionsvermögen. Die Anforderungen aus dem KAGB sind total überdimensioniert, da sie auf große Fondsgesellschaften abzielen, und würden diese kleinen operativen Unternehmen wirtschaftlich unrentabel machen.

Zu Stiftungsinvestitionen: Was sagen Ihnen Stiftungen im Gespräch über Geldanlagen? Was sind die häufigsten Fragen und Hemmschuhe von Stiftungen zu investieren?
Andrea Wozniak: Das ist naturgemäß sehr unterschiedlich – je nachdem, inwieweit und in welcher Form die Stiftungen ihre Anlagestrategien auf die historisch niedrigen Zinsen und den neuen Finanzmarkt angepasst haben. Eines ist allerdings sehr deutlich zu beobachten: Immer mehr Stiftungen legen verstärkt Wert auf ethisch-moralische Kriterien bei der Anlage ihrer Stiftungsgelder, gepaart mit einer nicht zu spekulativen Risikoklasse und einer entsprechend moderaten attraktiven Rendite. Auch das Thema „Divestment“, also der finanzielle Rückzug aus Geldanlagen, die in fossile Energien investieren, rückt bei Stiftungen immer mehr in den Vordergrund – und das nicht unbedingt nur aus ethischen Gründen, sondern aus ganz „harten“ ökonomischen Erwägungen. Obwohl einige Stiftungen auch über einen längerfristigen Anlagehorizont verfügen – schließlich ist Stiftungsvermögen in der Regel ja sozusagen „auf ewig“ zu erhalten – ist dennoch für viele Stiftungen die Fungibilität, also die jederzeitige Handelbarkeit von Geldanlagen, sehr wichtig. Diesem Bedürfnis von Stiftungen werden wir mit unseren zukünftigen Ökologischen Geldanlagen auf jeden Fall verstärkt Rechnung tragen.

Ökologische Investitionen sollten sich auch darin auszeichnen, dass sie schonend auf die Umgebung und das Umfeld wirken. Die Fischtreppe im Kraftwerkspark ist ein Beispiel. Welche weiteren ökologisch sinnvollen Umsetzungsdetails gibt es bei den Projekten?
Andrea Wozniak: Als Tochter einer gemeinnützigen Umweltorganisation ist uns natürlich sehr wichtig, im Einklang mit der Natur zu Projektieren und den Status quo sogar stellenweise noch verbessern zu können. Das gelingt uns zum Beispiel bei den erwähnten Fischtreppen, auch im Zuge unseres Wasserkraftfonds Frankreich haben wie ja bestehende Kleinwasserkraftwerke gekauft und technisch sowie auch ökologisch revitalisiert. Im Wasserkraftbereich sind auch fischfreundliche Wasserschnecken eine schöne Möglichkeit, durch welche Fische im Notfall unbeschadet hindurchschwimmen können.
Im Rahmen der Windprojektierungen setzen wir immer individuell passende Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz in Abstimmung mit dem Landratsamt und der Gemeinde um. Zum Beispiel werten wir hier im Ausgleich für benötigte Flächen landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen zu extensiv genutzten Wiesen um oder forsten ganze Flächen auf. Diese Gebiete kann die Natur sich dann zurückholen und sie bieten dann einen neuen Lebensraum für viele Tierarten. Temporär genutzte Rodungsflächen forsten wir natürlich ohnehin wieder auf. Weitere Maßnahmen sind zum Beispiel das Fledermaus-Monitoring und die Schaffung von Ersatz-Nistkästen für Vogel und Fledermäuse. Für ein besseres Landschaftsbild verlegen wir Stromfreileitungen nach Möglichkeit unterirdisch.
Auch während der Bauphase richten wir unsere Baufenster natürlich gemäß den Vorgaben der Naturschutzbehörde nach den Brutzeiten der ansässigen Tiere, um hier möglichst wenig zu beeinträchtigen und ziehen schon mal einen Amphibienzaun um, damit uns die Frösche nicht unter die Räder hüpfen.

Green City Energy macht ein Jahrzehnt voll, das Jubiläumsjahr liegt fast hinter Ihnen. Was wurde in diesem Jahr erreicht und welche Ziele verfolgen Sie die kommenden 10 Jahre?
Andrea Wozniak: Ein Jubiläumsjahr ist natürlich immer mit einem Rück- und Ausblick verbunden, das war für uns sehr spannend. Bei dem Blick zurück erkennen wir neben den steigenden Projekt- und Investitionsvolumina vor allem auch unsere stete Professionalisierung. Unsere erfolgreiche Vertriebspartnerschaft mit der GLS Bank im Rahmen der Emission der festverzinslichen Anleihe „Kraftwerkspark II“ zeigt uns einmal mehr, dass wir heute auf Augenhöhe mit den großen Finanzdienstleistern arbeiten können. Ein Fokus von uns liegt dabei immer noch auf den privaten Anlegern, aber inzwischen sind unsere Kapitalanlagen auch für institutionelle Investoren wie Stiftungen und Genossenschaften interessant, die ja oft noch als Multiplikator für den nachhaltigen Zweck wirken können. Natürlich werden wir auch weiterhin einen effektiven Kapitaleinsatz für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bieten. Bezüglich der Unternehmensgröße konsolidieren wir uns bezüglich Mitarbeiterzahl sowie Umsatz- und Investitionsvolumen nach der Wachstumsphase der letzten Jahre auf dem aktuellen Niveau. Der Handlungsfokus wird auch in Zukunft auf dem Ausbau der drei zukünftigen Leitenergien Wind, Wasser und Sonne liegen. Perspektivisch soll neben den Kernmärkten Deutschland, Frankreich und Italien ein weiterer europäischer Zukunftsmarkt erschlossen werden. Dabei haben wir das Ohr immer nah am Gleis der politischen und technischen Entwicklung. Es gibt noch viel für uns zu tun.

Andrea Wozniak ist Vorstand von Green City Energy.