Marktgeschehen 2017. Die Zahlen sehen hervorragend aus: Im vergangenen Jahr wurden auf dem deutschen Markt für Pflegeimmobilien drei Milliarden Euro umgesetzt. Damit übertraf das Transaktionsvolumen das Ergebnis des Vorjahrs um etwa 255 Prozent. Knapp zwei Drittel des Volumens stammte von ausländischen Investoren. Wer nun aber glaubt, das ist gut investiertes Geld, mit dem das Angebot an Heimplätzen für pflegebedürftige Menschen erweitert wird, der irrt. Hinter den enormen Summen stehen nur einige Eigentümerwechsel. Nur wenig floss in den Bau zusätzlicher Kapazitäten. Und zudem basieren die immensen Beträge auf einigen wenigen Geschäften. Etwa 87 Prozent der Investitionssumme entfielen auf große Paketkäufe, hat der Immobiliendienstleister CBRE in einer Analyse herausgefunden.
Dringend benötigt wird das Geld hingegen für den Neubau von Pflegeheimen sowie für die Sanierung von Objekten im Bestand. Doch genau an diesen Stellen kommt viel zu wenig an. Stattdessen werden Jahr für Jahr dieselben Heime von einem Investor an den nächsten weitergereicht. Soll der drohende Notstand in der Pflege vermieden werden, muss sich etwas ändern. Sowohl in der Politik als auch auf der Seite der Investoren und Betreiber müssen heute die Weichen neu gestellt werden.

Sanierungsobjekte bieten Potenziale. Gerade für Investoren bietet sich ein Umdenken an. Dass die Preise auf dem Transaktionsmarkt im bisherigen Tempo weitersteigen ist unwahrscheinlich. Vor etwa acht Jahren waren Pflegeheime noch für das 13-fache der Jahresmiete zu haben. Heute lassen sich diese Objekte für das 17- oder 18-fache verkaufen – eine attraktive Rendite. Doch wer heute zu diesem Preis einsteigt, der kann nicht davon ausgehen, dass in einigen Jahren das 23- oder 25-fache gezahlt wird. Denn hinter dem bisherigen Preisaufschwung standen die Zinssenkungen, und die Zinsen können nicht weiter sinken.
Stattdessen könnten aus Sicht der Investoren heute vor allem aus Sanierungsobjekten Potenziale für ansprechende Renditen resultieren. Dafür sprechen gleich mehrere Gründe. Zunächst haben die bestehenden Einrichtungen einen ganz großen Vorteil: Sie liegen häufig in zentraleren Lagen als Neubauten und sind dadurch besser an die Infrastruktur und ins Quartier angebunden. Viele Pflegebedürftige, vor allem diejenigen, die bis ins hohe Alter mobil sind und ihre Eigenständigkeit so lange wie möglich erhalten wollen, schätzen zentrale Lagen in den Großstädten mit den kurzen Wegen und dem abwechslungsreichen Freizeitangebot. Die Auslastungsquoten dieser Heime sind folglich tendenziell höher als die von Häusern am Stadtrand. Auch für Angehörige sind innerstädtische Heime oft besser und schneller zu erreichen. Hinzu kommt ein weiterer großer Pluspunkt: das Personal. Bestehende Heime verfügen meist schon über ein gut eingespieltes Team an Fachkräften. Der Ruf, den sich die Häuser über Jahre hinweg erworben haben, erleichtert ihnen auch die Rekrutierung neuer Arbeitskräfte. Ohnehin ist es leichter, in attraktiven innstädtischen Lagen neues Pflegepersonal einzustellen als an anderen Standorten.

Investitionslücken. Allerdings machen sich im Bestand häufig Investitionslücken bemerkbar. Viele dieser Pflegeheime werden von freigemeinnützigen, nicht profitorientierten Betreibern gemanagt. Etwaige Gewinne reinvestieren sie meist sofort in den laufenden Betrieb – Rücklagen werden nur selten gebildet. Die fortschreitenden Mängel in der Substanz machen die Objekte unattraktiver für neue Bewohner ebenso wie für das Personal. Eine Abwärtsspirale droht. Ein möglicher Ausweg ist das Kapital von institutionellen Investoren.

Risiken einer Sanierung. Doch neben den Chancen müssen bei der Sanierung von Pflegeheimen auch diverse Risiken beachtet werden. So haben Betreiber nach der erfolgreichen Objektsanierung des Pflegeheims aus regulatorischen Gründen keine Möglichkeit, die Miete für die Plätze zu erhöhen. Modernisierungsumlagen oder Refinanzierungsumlagen, wie wir sie aus der Wohngebäudesanierung kennen, gibt es nicht. Ebenso wenig gibt es Förderprogramme. Stattdessen müssen mannigfaltige Richtlinien beachtet werden. Jederzeit können zudem Gesetzesänderungen die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern.

Neubau braucht Planungssicherheit. Um den Pflegenotstand zu verhindern, muss das Kapital sowohl in die Bestandssanierung als auch in den Neubau gelenkt werden. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland knapp 9.000 zusätzliche Plätze geschaffen – und das ist Rekord. Die schlechte Nachricht: Genug ist das noch lange nicht. Schon heute reicht das Angebot an Pflegeheimplätzen an vielen Standorten nicht aus. Aufgrund der alternden Gesellschaft wird der Bedarf in den kommenden Jahren weiter deutlich steigen. Studien zufolge müssten jedes Jahr mindestens 12.000 neue Pflegeplätze eingerichtet werden, um den Bedarf bis 2030 zu decken.
Investitionen in den Neubau von Pflegeeinrichtungen sind in den vergangenen Jahren allerdings deutlich unattraktiver geworden. Die Gründe dafür liegen unter anderem in den gestiegenen Bau- und vor allem Grundstückskosten. Gleichzeitig sind die Investitionskostensätze, also der Anteil des Pflegesatzes, mit dem Betreiber ihre Gebäudekosten bestreiten, in ausnahmslos allen Bundesländern entweder stagniert oder sogar gesunken. Die Betreiber können also effektiv weniger Miete nehmen, müssen aber mehr für Bau und Erhalt zahlen.

Unterschiede bei Investitionskosten. Auch fehlt Projektplanern neuer Einrichtungen oft der Überblick über etwaige Erlöspotenziale, da jedes Bundesland – und mitunter gar jeder Landkreis – eigene Grenzen für die Investitionskostensätze festsetzt. So hebelt die Kommunalpolitik die eigentlich objektive Kosten-Miet-Berechnung aus. Projektplaner, Betreiber und Investoren brauchen jedoch dringend Planungssicherheit. Einen Lösungsansatz gibt es auch: Wir benötigen eine bundeseinheitliche Berechnungsgrundlage für die Berechnung der Investitionskosten. Hier sollte der Pflegeheimmarkt viel deutlicher mit einer Stimme sprechen, damit die Politik den Handlungsbedarf erkennt.
Das Problem aus dieser Gemengelage zeigt sich vor allem in den Ballungszentren. Dort wo ganz besonders der Bedarf an neuen Pflegeplätzen steigt, ist unter den gegebenen Voraussetzungen der rentable Bau neuer Pflegeheime gar nicht mehr möglich. Bei den derzeitigen Investitionskostensätzen ist der Neubau nur noch in Mittelstädten, Kleinstädten und auf dem Land zu stemmen.

Risiken im Aufteilermodell. Es sei denn, Projektentwickler nutzen für die Planung eines innerstädtischen Neubaus Modelle, die sich an Einzelinvestoren richten und im sogenannten Aufteilermodell von zahlreichen Kleinanlegern finanziert werden. In Summe zahlen diese Kleinanleger oft wesentlich mehr als institutionelle Investoren. Beim Aufteilermodell ist jedoch Vorsicht geboten: Die Anleger werden mit den Argumenten der Berechenbarkeit und Sicherheit angelockt, die sich auf den zweiten Blick allerdings häufig als unrealistisch erweisen.
Denn vielfach werden diverse Risiken einfach verschwiegen. Da sind zunächst die Folgen der komplexen Eigentümerstruktur, die sehr schnell für den Pflegeheimbetreiber zu einer echten Belastung werden kann. Sind wichtige Entscheidungen zu treffen, dann sieht sich der Betreiber mitunter bis zu hundert Einzeleigentümern gegenüber, die gemeinsam über die Belange und die Zukunft der Spezialimmobilie Pflegeheim entscheiden müssen.

Kritisch wird das zum Beispiel dann, wenn in einem neuen Gesetz höhere Quoten für Gemeinschaftsflächen gefordert werden. Während institutionelle Investoren dann mit dem Betreiber schnell und unbürokratisch die Umwandlung zum Beispiel zweier Bewohnerzimmer in Gemeinschaftsräume entscheiden, müssen beim Aufteilermodell zwei Sondereigentumsbestandteile in Gemeinschaftseigentum umgewidmet werden. Dabei müssen nicht nur zwei Eigentümer ihr Sondereigentum veräußern, auch verschieben sich die kompletten Besitzverhältnisse am Gemeinschaftseigentum. Der einzelne Eigentümer muss in diesem Fall nach dem Ausstieg der Miteigentümer auch mehr für den Unterhalt des Heims zahlen, da ja nun andere Eigentümer ausscheiden – ein Umstand, der einen einstimmigen Beschluss erfordert, den die Betreiber in vielen Fällen nicht erhalten werden.
Zudem fehlt den Einzelinvestoren meist das erforderlich Know-how, bei einem Betreiberwechsel, einen geeigneten Kandidaten auszuwählen. Sie kennen nicht die Mietvertragsstruktur und wissen nicht, welche Standardklauseln in einen Mietvertrag für ein Pflegeheim gehören, wenn die neue Vereinbarung zu treffen ist. Beim Kauf des Eigentums haben es die Vertriebsteams meist einfach, weil der Käufer die Tücken des Geschäfts nicht kennt und typische Risiken nicht wahrnimmt. Sollten die Einzeleigentümer ihre Investition einmal veräußern wollen, wird es ebenfalls kritisch. Denn in Deutschland gibt es keinen Zweitmarkt für Anteile an Pflegeheimen.

Fazit. Angesichts der gegebenen Umstände wird es immer schwerer, Kapital für den dringend notwendigen Neubau und die Sanierung von Pflegeheimen zu mobilisieren. Die Politik sollte daher mit Förderprogrammen und mehr Rechtssicherheit gegensteuern. Investoren ist zu raten, statt in Transaktionen in den Neubau und in Bestandssanierungen zu investieren.

Jens Nagel ist Geschäftsführer der Hemsö GmbH.