Projekt. In Bernburg, Sachsen-Anhalt, sollte auf dem Grundstück eines ehemaligen Pflegeheims ein Mehrgenerationenhaus mit Wohnungen und Gewerbeeinheiten entstehen, in denen sich auch der Arbeiter-Samariter-Bund mit einem Sozialdienst und ein Allgemeinarzt niederlassen sollte. Die Crowdinvesting-Plattform Bergfürst sammelte vor zwei Jahren 440.000 Euro ein, die einer Projektgesellschaft des Projektentwicklers GPV als nachrangig zu bedienendes Darlehen zur Verfügung gestellt wurde. Der Abriss des Pflegeheims fand statt, aber von einem Baubeginn im Frühjahr 2017 oder einer Fertigstellung zu Ende Juni dieses Jahres ist das Projekt weit entfernt. Entsprechend verzögerten sich die halbjährlich vorgesehenen Auszahlungen, die zu Mitte dieses Jahres steht immer noch aus.

Probleme. Offenbar musste das Konzept verändert werden, weil sich insbesondere für die Miet- und Eigentumswohnungen nicht genügend Interessenten fanden. Das war insofern fatal, als die Kalkulation des Projekts vorsah, rund 90 Prozent der Kosten über den Abverkauf der Einheiten darzustellen. Weil der nicht wie geplant lief, ist dem Projekt recht schnell die Luft ausgegangen. Ein neues Konzept soll nun angeblich den Bau altersgerechter Wohnungen und deren Verpachtung an einen Pflegedienstleister vorsehen. Anfang Juli 2018 kündigte Martin Procher an, dass sich ein Investor dafür interessiere, das Projekt auf dem bisherigen Stand der Dinge global zu erwerben. Danach würde das Projekt abgewickelt. Seither ruht still der See.

System. Der Ärger liegt – neben der viel zu schmalbrüstigen Finanzkalkulation des Projekts – in der Form der Kapitalanlage und ihrer Vermittlung begründet. Ein Anleger beschwerte sich im Forum auf der Bergfürst-Plattform, dass sich Martin Procher von GPV nicht an Verträge halten würde. Das ist beim hier vorliegenden Nachrangdarlehen freilich ein schlecht begründeter Vorwurf, denn der Vertrag regelt ja bei Nachrangdarlehen, dass es nur unter der Voraussetzung bedient werden muss, wenn keine Insolvenz droht. Selbst ein weiteres Nachrangdarlehen, das nicht über die Bergfürsten in das Projekt floss, muss noch vor dem Darlehen der Bergfürsten bedient werden. Und weil Bergfürst eine reine Vermittlungsplattform ist und entsprechend nicht beraten darf, dürfte der Ärger der Anleger auch einiges mit ihrem unzureichenden Informationsstand zu tun haben.

Ausreden. Der unzureichende Informationsstand entschuldigt indes nichts. „Das Crowdfunding Kapital, über Bergfürst vermittelt, ist reines Risikokapital mit ca. 12% Zinsen und Kosten Bergfürst“, teilt Martin Procher dem fondstelegramm mit und ergänzt: „Ich bin mir nicht sicher, ob das so beraten wurde.“ Dabei kann er sich eigentlich sicher sein: Beraten wurde generell nicht, das macht Bergfürst schon aus Haftungsgründen nicht. Eine offenherzigere Kommunikation wäre gleichwohl angebracht. Bergfürst beruft sich auf schon gegebene Statements, und dass ihnen hier die Hände gebunden wären. Procher begründet den versiegenden Informationsstrom mit seinen schlechten Erfahrungen mit der Presse und mit Bergfürst. Dabei sind die Bergfürst-Investoren nicht die einzigen, die über schlechte Erfahrungen mit GPV berichten können. André Rissel von der M1 Management und Beteiligungs GmbH, die über die Vermögensanlage M1VV Festzins Ende 2017 eine Beteiligung an der GPV eingegangen ist, spricht davon, dass auch hier vereinbarte Zahlungsziele nicht eingehalten wurden, und dass die M1VV das Engagement baldmöglichst beenden wird.

fondstelegramm-Meinung. Eigentlich sind Nachrangdarlehen eine prima Sache. Oft sind sie das Zünglein an der Waage, das eine Projektfinanzierung überhaupt erst zustande kommen lässt, und sie sind vertraglich und aufsichtsrechtlich recht einfach handzuhaben. Was darüber allerdings allzu oft vergessen wird, ist die Aufklärung darüber, was im Falle eines Falles passiert. Hier kranken die meisten Crowdinvesting-Angebote nach wie vor daran, dass sie entweder gar keine oder viel zu abstrakte Risiken beschreiben. Am Beispiel Z19 Stadthaus Plus zeigt sich einmal mehr, dass das finanzielle Eigenengagement ein Indikator dafür ist, wie nachhaltig ein Projektentwickler vom Erfolg des Projekts überzeugt ist und dass Finanzierungsbausteine „nach MaBV“ einen schlagkräftigen und erfolgreichen Vertrieb erfordern.

Bergfürst hat sich vom Nachrangdarlehen verabschiedet und bietet nur noch Forderungskäufe an.