Dauerhafte Ertragsausfälle. Immobilienfonds mit deutschen Standorten haben in der Vergangenheit für viele Negativschlagzeilen gesorgt. Für viele Beteiligte sind die Ertragsausfälle bei Immobilien auf den Markteinbruch gerade in den östlichen Bundesländern zurück zu führen. Eine Umfrage von 2007 zeigt, dass Immobilien mit dauerhaften Ertragsausfällen in allen deutschen Regionen vorkommen, allerdings mit unterschiedlicher Gewichtung. Wie kann vermieden werden, dass diese Immobilien in geschlossene Fonds gelangen? Wie können Bewertungen für geschlossene Fonds dazu beitragen? Die Diplomvolkswirtin Mathilde Stanglmayr, Expertin für Bewertungen im wirtschaftlichen Zusammenhang, ist diesen Fragen nachgegangen.

fondstelegramm: Wie sind Sie darauf gekommen, die Ursachen von Anlegerschäden in geschlossenen Fonds in der Bewertung zu suchen?
Mathilde Stanglmayr: Genau so, wie Anleger, Rechtsanwälte und Verbraucherschützer auch: Es ist einfach nicht vorstellbar, dass so viele neu gebaute Immobilien nach einer überschaubaren Zahl von Jahren weniger als 60 Prozent ihres Wertes haben sollen. Wenn man sich die Ertragsverläufe über zehn oder sogar 20 Jahre anschaut, erkennt man, dass mehrere Konjunkturzyklen ablaufen, ohne Reaktion des Ertragsverlaufs auf die generelle Nachfrageerholung. Die Gutachter sagen: Die Konjunktur kommt da nicht an. Mit konjunktureller Entwicklung ist der Schaden also nicht zu erklären, da muss es andere Risikotreiber geben, und wenn Sie sich Hunderte von Immobilien anschauen, deren Ertrag den Kapitaldienst nicht deckt, finden Sie die auch.

fondstelegramm: Was haben Sie herausgefunden?
Mathilde Stanglmayr: Die wirtschaftliche Entwicklung bedingt, dass wir seit etwa 1985 unterscheiden müssen, ob wir Immobilien mit steigenden Erträgen oder mit abnehmenden Erträgen haben. Inzwischen ist der Prozess so weit fortgeschritten, dass die strukturellen Entwicklungen in allen Regionen und allen Nutzungsarten zu dauerhaften Ertragsausfällen bei Immobilien führen. Man müsste also die Spreu vom Weizen trennen. Eine Umfrage 2007 bei 100 qualifizierten und erfahrenen Gutachtern in allen deutschen Regionen bestätigt dieses Ergebnis. Allerdings wird dieses Phänomen bei der Fondskonzeption nicht erkannt oder zu spät erkannt. So gelangen Immobilien in Fonds, obwohl unwahrscheinlich ist, dass sie mittel- bis langfristig steigende Erträge erwirtschaften.

fondstelegramm: Nun ist man ja im Nachhinein immer klüger. Wie lässt sich aber schon im Vorfeld verhindern, dass problembehaftete Immobilien in geschlossene Fonds gelangen?
Mathilde Stanglmayr: Ganz verhindern kann man es nicht, weil die Strukturveränderungen im wirtschaftlichen Zusammenhang der Standorte seit 30 Jahren zum Kippen von Standorten führen – wie die Gutachter sagen – und diese Entwicklung wird auch weiter andauern, sich sogar noch weiter beschleunigen. Während der Fondslaufzeit werden also Standorte kippen, für die ein Kippen nicht vorhergesagt werden kann. Aber ein Großteil der Schäden ließe sich vermeiden, wenn man bei der Fondskonzeption Gutachter beauftragen würde, das Wissen um die Folgen struktureller Veränderungen in eine erweiterte Form der Gutachten einfließen zu lassen. Die Schadensfälle der Vergangenheit zeigen ja, dass an Standorten, die bereits gekippt sind, weiter gebaut und finanziert wird. Auch solche Immobilien gelangen in die Fonds. Würde eine Prüfung des wirtschaftlichen Zusammenhangs und eine darauf aufbauende normierte Bewertung zur Pflicht der Initiatoren gehören, wäre das ein wichtiger Schritt zur Verbesserung des Anlegerschutzes. Man kann auf jeden Fall die Schadensfälle vermeiden, in denen der wirtschaftliche Zusammenhang bereits zeigt, dass die Erträge den Kapitaldienst nicht erwirtschaften werden.

fondstelegramm: Und wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, was raten Sie Anlegern, die auf Schadensersatz klagen?
Mathilde Stanglmayr: In den Verhandlungen werden Gutachten vorgetragen, deren Methode und Inhalt sich an der Wertermittlungsverordnung ausrichtet. Dieser normative Rahmen umfasst jedoch noch nicht die Erfahrungen von denen wir hier sprechen. Normativer Rahmen und Methode hinken der tatsächlichen Entwicklung hinterher. Der Rat ist, zuerst durch Methodenprüfung sicherzustellen, dass der methodische Rahmen der Verordnung voll ausgeschöpft ist. Zusätzlich sollten Anleger prüfen lassen, ob schon zum Zeitpunkt ihres Beitritts bei sorgfältiger Prüfung erkennbar gewesen wäre, dass der Standort gekippt war. Und weil das allein meist auch noch nicht reicht, um zu erklären, wie vor fünf, zehn und mehr Jahren gerade diese Immobilien in den Fonds gelangen konnten, sollten Anleger zusätzlich zur Bewertung Chronologien, Beteiligtendiagramme und Abhängigkeiten erarbeiten lassen.

fondstelegramm: Wie können sich Anleger, die sich an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligen wollen, von vornherein absichern?
Mathilde Stanglmayr: Einen vollständigen Schutz gibt es nicht. Die großen Schäden der Vergangenheit könnten allerdings in der Zukunft nicht wiederholt werden, wenn man unabhängige Gutachten erstellen ließe, die strukturelle Änderungen und ihre Spiegelung in den Ertragsentwicklungen von Immobilien fachgerecht erfassen. Da man nicht warten kann, bis sich der normative Rahmen ändert, sollte jeder Anleger bei Fondsbeitritt das ihm ohnehin berechnete Gutachten verlangen und sich bestätigen lassen, dass ein unabhängiger vereidigter Gutachter nach Wertermittlungsverordnung bewertet hat und dabei auf einer speziellen Prüfung des wirtschaftlichen Zusammenhangs im Hinblick auf strukturelle Veränderungen aufgebaut hat. Die Umfrage zeigt, dass die erfahrenen Gutachter die Problematik sehr wohl erkannt haben, man muss sie nur gezielt beauftragen und für ihre erweiterte Leistung honorieren.

Vielen Dank für das Gespräch.