Urteil. Banken müssen beim Vertrieb von geschlossenen Fonds auf kritische Medienberichte hinweisen. Ein entsprechendes Urteil hat der BGH am 7. Oktober 2008 gefällt (Az: XI ZR 89/07). Anlageinteressenten müssen aber nicht ohne weiteres auf eine vereinzelt gebliebene negative Publikation, deren Meinung sich in der Fachöffentlichkeit nicht durchgesetzt hat, hingewiesen werden. Damit hat der BGH ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Januar 2007 (Az: 10 U 189/06) aufgehoben und den Fall zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Konsequenz. Der BGH geht mit der Vorinstanz hart ins Gericht. Das OLG Stuttgart hatte der Klage einer Anlegerin gegen eine Volksbank auf Schadenersatz stattgegeben – zu Unrecht, meint der Elfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs. Richtig sei lediglich der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass zwischen Anlegerin und Bank stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei. Bei einem Beratungsvertrag sei die Bank allerdings „zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können.“ Dabei seit zwischen den allgemeinen Risiken wie Konjunkturlage und Fondsmarkt und den speziellen Risiken wie Zins- und Währungsrisiko zu unterscheiden. Will eine Bank einen Fonds in ihr Sortiment aufnehmen, muss sie das Produkt auch selbst prüfen.

Branchendienste. „Die Frage, ob Brancheninformationsdienste wie kmi von Anlageberatern und -vermittlern ausgewertet werden müssen, ist in der Instanzrechtsprechung und der Literatur allerdings streitig“, stellt der BGH in seinem Urteil fest. Für den Elften Zivilsenat steht zumindest fest: Bankenvertriebe müssen nicht alle Branchendienste lesen. „Die Verpflichtung, kritische Berichte in sämtlichen Brancheninformationsdiensten uneingeschränkt zur Kenntnis zu nehmen und die Anleger unabhängig von der Berechtigung der dort geübten Kritik an einem Anlagemodell auf die Existenz solcher Berichte hinzuweisen, würde zu einer uferlosen, kaum erfüllbaren Ausweitung der Pflichten von Anlageberatern und einer damit einhergehenden weitgehenden Verlagerung des Anlegerrisikos auf den Berater führen“, heißt es im BGH-Urteil. Wisse eine Bank allerdings von negativen Berichten in Brancheninformationsdiensten, müsse sie diese Berichte bei der Prüfung des Anlageobjekts berücksichtigen, „insbesondere in Bezug auf konkret angesprochene Mängel und Risiken, ohne dass es darauf ankommt, ob dieses Organ von ihr üblicherweise ausgewertet wird oder nicht“.

fondstelegramm-Meinung. Entgegen Zeitungsberichten ist dem BGH-Urteil keineswegs zu entnehmen, Banken müssten lediglich überregionale Wirtschaftsmedien verfolgen. Der BGH bezieht sich in seinem Urteil explizit „auf Brancheninformationsdienste wie kmi“, bei denen „es sich nicht um allgemein anerkannte Publikationen für Wirtschaftsfragen oder für ein bestimmtes Marktsegment, deren Seriosität und Qualität über jeden Zweifel erhaben ist“, handelt.

Das heißt im Umkehrschluss: Ist ein Brancheninformationsdienst hinsichtlich Seriosität und Qualität über jeden Zweifel erhaben, können dessen Artikel durchaus als Pflichtlektüre gelten.