Branche trifft Politik. „Die Maritime Konferenz ist nicht mehr wegzudenken“, betonte Dagmar Wöhrl, Koordinatorin der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, auf einer Pressekonferenz im Vorfeld der anstehenden sechsten Auflage. Vom zweitätigen Treffen in Rostock am 29. und 30. März 2009 versprechen sich Politik und Schifffahrtsbranche richtungsweisende Impulse. Rund 1.000 Entscheidungsträger werden diesmal erwartet. Die beiden entscheidenden Fragen auf der Agenda: Was ist seit der Maritimen Konferenz 2006 in Hamburg an Zielen umgesetzt worden? Wie geht es weiter?

Förderprogramm. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit sei in den vergangenen Jahren zwar verbessert worden, zieht Dagmar ein positives Zwischenfazit. Dennoch stünden angesichts der weltweiten Finanzkrise Strukturverbesserungen an. Eine strukturelle Krise sieht die CSU-Politikerin nicht, es seien jedoch kurzfristige Maßnahmen notwendig. Am KfW-Förderprogramm von 15 Milliarden Euro für Unternehmensfinanzierungen soll auch die maritime Wirtschaft nennenswert teilhaben. Anträge von Schifffahrtsunternehmen lägen vor, die Summe der bisherigen Anfragen lasse sich aber noch nicht beziffern.

CIRR-Kredite. Um bedrohte Schiffsbauaufträge zu retten, vergibt die Regierung über die KfW-Bank subventionierte Kredite zu einem festen Zinssatz, so genannte CIRR-Kredite (Commercial Interest Reference Rate). Die KfW-Bank übernimmt 90 Prozent des Kreditrisikos. Für die restlichen zehn Prozent sind die Hausbanken zuständig. Die Kredite sollen auch bei bereits bestehenden Aufträgen vergeben werden können. Unterstützt werden sowohl die Bauzeitfinanzierung als auch die Endfinanzierung.

Aufträge gefährdet. Die aktuelle Bestandsaufnahme der Koordinatorin der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft sah alles andere als rosig aus: Für 2008 waren an deutschen Werften nur noch 46 Schiffe mit einem Gesamtvolumen von 2,9 Milliarden Euro bestellt; im Boomjahr 2005 waren 157 Bestellungen eingegangen. Dennoch ist der Auftragsbestand derzeit zu hoch, als dass der Markt die Neubauten noch alle aufnehmen könnte. Überkapazitäten bauen sich auf. In den Orderbüchern steht noch ein Volumen von 13,3 Milliarden Euro. Weitere Neubauaufträge sind kaum zu erwarten. 29 Schiffe mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 730 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr an deutschen Werften storniert. Ebenso viele Aufträge sind laut Dagmar Wöhrl derzeit akut gefährdet.

Handelsflotte. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die deutsche Handelsflotte mehr als verdoppelt. Sollte bis 2011 alles umgesetzt werden, was derzeit geplant ist, würde die Flotte um weitere 50 bis 60 Prozent wachsen. Doch davon ist angesichts der äußerst angespannten Situation nicht auszugehen. Um Überkapazitäten abzubauen, werden ältere Schiffe, sofern sie in den Büchern abgeschrieben sind, früher als geplant abgewrackt. Zudem werden sich einige Projekte verschieben. Auch zunehmende Auftragsstornos werden die Branche intensiv beschäftigen.

Ausbildung fördern. Dagmar Wöhrl umreißt bereits die Handlungsempfehlungen, die die Regierung der maritimen Wirtschaft in Rostock mit auf den Weg geben wird. „Investitionen in Forschung und Entwicklung sollten nicht zurückgefahren werden“, so die Koordinatorin. Es darf also durchaus noch etwas mehr sein. Immerhin sei die verordnete Nachwuchsförderung für die Seefahrt gut angelaufen. Auch die Stadt Hamburg, die von einer positiven Entwicklung der maritimen Wirtschaft in Deutschland am meisten profitieren würde, beteilige sich mittlerweile mit Fördergeldern für die Ausbildung.

Tonnagesteuer. Die Entwicklung bei der Nachwuchsförderung quittiert Dagmar Wöhrl mit anerkennenden Worten. Auf die Frage, ob die Tonnagesteuer ein großes Thema auf Maritimen Konferenz werde, kommt das „Ja“ mit deutlich ernsterer Mine. Mehr als 500 Schiffe unter deutscher Flagge hatte die Wirtschaft bis Ende 2008 zugesagt, um die für sie günstige Tonnagebesteuerung nicht zu gefährden. Zur Jahresmitte drohte das Vorhaben zu scheitern; es wurden zunächst mehr Schiffe ausgeflaggt als unter deutsche Flagge gebracht. Dann kam im letzten Augenblick doch noch das erleichternde Fazit: Die Branche hat mit 508 Schiffe ihr Versprechen diesmal einhalten können. Das nächste Ziel ist schon formuliert: Bis 2010 sollen 600 Schiffe unter deutscher Flagge fahren. Die Nachfrage, ob die Bundesregierung weitere Forderungen an die Branche zum Erhalt der Tonnagesteuer stellen werde, antwortet Dagmar Wöhrl mit einem wissenden Lächeln: „Lassen Sie mir wenigsten diese Überraschung für die Konferenz in Rostock.“