Eine Branche unter Erfolgsdruck. Mehr als 50 Anbieter tummeln sich im stark expandieren Markt des Crowdinvestings. Er unterfällt inzwischen dem Kleinanlegerschutzgesetz. Angetreten, mit Kleinstbeiträgen und im Wege des Direktinvestments eine Alternative zu herkömmlichen Beteiligungen vorzustellen, bemüht sich die Branche inzwischen auch um Beratung und Information. Wir sprachen mit dem Sprecher des Bundesverband Crowdfunding Jamal El Mallouki.

Inwieweit haben die vergangenen zwölf Monate und die inzwischen etablierte gesetzliche Regulierung die Landschaft des Crowdinvesting verändert?
Jamal El Mallouki: Die Regulierung führt zu einer gesetzlichen Etablierung der digitalen Finanzierungsform. Sie hat einen Rahmen geschaffen, in dem nun die Plattformbetreiber, wie auch die finanzierungssuchenden Unternehmen und Investoren mit höherer Validität planen können.
So gesehen hat der gesetzliche Rahmen dazu beigetragen, die Visibiliät der Branche zu vergrößern. Andererseits führten die Gesetzesänderungen auch dazu, dass bestehende kleinere Plattformanbieter die rechtlichen und technischen Umrüstungen nicht schultern und wir so zwischenzeitlich eine Konzentration des Marktangebots erleben konnten.
Neue Anbieter, die insbesondere nach dem Kleinanlegerschutzgesetz starteten, haben diesen erheblichen Kostenaufwand nicht mehr oder zumindest nicht im gleichen Umfang, weshalb wir nun den Start neuer Angebote beobachten können. Auch immer mehr Nischenangebote finden Zuspruch, wie zum Beispiel im Bereich der Bildungsfinanzierung.

Wie stehen die Aussichten für Schwarmfinanzierung?
Jamal El Mallouki: Wir rechnen mit einem weiteren Wachstum der Branche, dies belegen aktuelle Markterhebungen. Auch immer mehr etablierte Finanzinstitute, Emissionshäuser und Banken prüfen den Start eigener Schwarmfinanzierungsplattformen als komplementäres Anlageprodukt für Investoren.

Es gibt erste Partnerschaften zwischen Crowdplattformen und Vertrieben. Wie groß ist der Stellenwert dieses Themas beim Verband?
Jamal El Mallouki: Die Kooperation zwischen etablierten Finanzinstituten und unseren Mitgliedern wurde bis dato verbandsseitig nicht diskutiert, ist sicherlich aber ein grundsätzlich interessantes Thema, dem wir uns zukünftig widmen können.

Welche rechtlichen Fragen sind für den Vertrieb relevant, wenn er Crowdinvestitionen vertreiben möchte?
Jamal El Mallouki: Das hängt von den spezifischen Gegebenheiten der Plattform und der rechtlichen Stellung des Vertriebs ab. Grundsätzlich sollte man sich mit den unterschiedlichen Finanzierungsinstrumenten und deren rechtlichen Voraussetzungen im Vertrieb auseinandersetzen. Auch die Aufgaben des Vertriebspartners sind vor der Kooperation eindeutig zu klären.

Welche Assets werden mit steigender Beleibtheit über Crowdinvesting finanziert? Einstweilen scheinen Immobilien und Erneuerbare Energien den Markt anzuführen. Welche Branchen kämen darüber hinaus in Frage?
Jamal El Mallouki: Tatsächlich wachsen die Marktsegmente Immobilien und Erneuerbare Energien überdurchschnittlich – und es gibt sicherlich auch noch genügend Raum für neue Angebote in diesen beiden Segmenten.
Das Wesen des Crowdinvestings ermöglicht überall dort neue Möglichkeiten der Finanzierung, wo die konventionellen Wege der Kapitalisierung zu hohe Transaktionskosten produzieren. Dies wird unser Verständnis der Veranlagung und Kapitalisierung in den kommenden Jahren grundlegend ändern. Deshalb bin ich überzeugt, dass neue Branchen folgen, die wir heute noch gar nicht auf dem Schirm haben.

Wie sieht es aus mit erfolgreichen Exits? 30 der über Crowdinvesting in Deutschland finanzierten Firmen waren Ende 2015 insolvent. Wie steht es um die Erfolgesgeschichten?
Jamal El Mallouki: Die Insolvenzen betreffen überwiegend den Bereich der Startup-Finanzierung, der ein höheres Risikoprofil ausweist als andere Segmente, jedoch wohl auch die höchsten Ertragsmöglichkeiten.
Es gibt einige Erfolgsgeschichten, die jedoch oftmals von den betreffenden Unternehmen und den professionellen Investoren oder VCs nicht kommuniziert werden. Der letzte mir bekannte Exit lag bei Lottohelden vor – dort wurde der Käufer auch nicht genannt.
Ein Exit ist in der Regel aber nur ein Ertragsbestandteil von verschiedenen möglichen Bausteinen – auch bei der Startup-Finanzierung. Denkbar sind auch – je nach Assetklasse –festverzinsliche oder ertragsabhängige Komponenten.

Wie lauten die kurzfristigen Ziele des Verbands für 2016, wie die langfristigen Perspektiven?
Jamal El Mallouki: Wir möchten die erste Anlaufstelle für die Öffentlichkeit, Politik und Presse im Zusammenhang mit der Schwarmfinanzierung werden. Damit einhergehend ist natürlich die Begleitung der Professionalisierung und Förderung der Qualitätssteigerung der Branche, wie auch die Interessenvertretung unserer Mitglieder auf nationaler und europäischer Ebene.