Wie hat sich der österreichische Crowdinvesting-Markt quantitativ und qualitativ entwickelt?
Philipp Hain. Die Volumina können sich von Halbjahr zu Halbjahr noch immer beträchtlich steigern. Eine Trendwende ist hier auch nicht in Sicht, da das Instrument erst seit geraumer Zeit bekannter wird. Ein Massenphänomen ist es nicht und wird es wohl voraussichtlich auch nicht werden, da österreichische Anleger sehr konservativ eingestellt sind.
Quantitativ ist für mich schwer zu beurteilen, da Reval nur im Immobilienbereich tätig ist und ich somit nur für diese Assetklasse sprechen kann. Hier gibt es durchwegs solide Projekte der Anbieter, wobei Ausnahmen natürlich die Regel bestätigen. Grundsätzlich lässt sich ein erhöhtes Qualitätsbewusstsein von Emittenten und Plattformen feststellen, welches auch notwendig ist um Vertrauen in diesem kleinen Markt zu schaffen.

Eine Crowdinvesting-Arbeitsgruppe in der Wirtschaftskammer Österreich wollte für Transparenz und Standardisierung sorgen. Was hat das damit verbundene Gütesiegel gebracht?
Philipp Hain. Die Träger des Gütesiegels verpflichten sich zur Einhaltung besonderer Standesregeln. Ein wichtiger Punkt ist sicherlich die Weiterbildungsverpflichtung, auch wenn das Angebot guter Weiterbildungen im Mezzaninmarkt noch dürftig ist. Die Transparenz in der Branche ist hoch, eine Standardisierung ist für mich nicht erkennbar.

In Deutschland suchen die Crowdinvesting-Plattformen – nach anfänglichem Zögern – den Weg zu Intermediären im Offline-Vertrieb. Wie ist das in Österreich?
Philipp Hain. Auch in Österreich wird mit Offline-Vertrieben zusammengearbeitet. Das hängt von der jeweiligen Plattform ab und kann ein sehr sinnvolles Instrument sein, um das Volumen zu erhöhen.

Mittlerweile finanzieren deutsche Plattformen auch österreichische Projekte, außerdem bieten einige deutsche Plattformen ihre Investments auch in Österreich an. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Philipp Hain. Diese Entwicklung ist sehr spannend für mich zu beobachten, da Österreich doch ein kleiner Markt ist. Ich halte es aber im Sinne des Wettbewerbs für sehr gut. Durch erhöhte Konkurrenz müssen wir und alle anderen Plattformen noch stärker an der Qualität der Plattform und der Angebote arbeiten. Eine sehr positive Entwicklung.

Auch die Österreicher versuchen in Deutschland Fuß zu fassen, bislang aber mit mäßigem Erfolg. Ist der österreichische Markt zu klein, um eine Plattform profitable betreiben zu können?
Philipp Hain. Ja. Ein profitables Geschäft ist bei den bisher finanzierten Volumen nur bei sehr geringer Kostenstruktur möglich. Es ist aber eine Wachstumsbranche, dementsprechend gut investiertes Geld, auch wenn derzeit noch rote Zahlen geschrieben werden.

Sind Sie bei der Projektauswahl strenger als andere Immobilienplattformen?
Philipp Hain. Ich glaube nicht, dass wir strenger sind. Wir haben klare Kriterien welche Projekte platzierbar sind. Darunter fallen technisch-wirtschaftliche Kriterien des Projekts wie Baubewilligung, Kalkulation, Verkaufspreise als auch Erfahrungswerte des Bauträgers in der jeweiligen Immobilienart. Und – so blöd dies klingen mag – das Bauchgefühl muss auch stimmen, wenn wir mit Projektentwicklern zusammenarbeiten. Unser Ziel ist es langfristig am Markt zu bleiben und einen Investorenkreis zu bilden, der uns vertraut und immer wieder bei uns Geld veranlagt.

Seit kurzem handelt eine Schwestergesellschaft von Reval auch mit Vorsorgewohnungen. Wie kam es dazu und warum machen Sie das?
Philipp Hain. Die Veranlagung in Vorsorgewohnungen ergab sich aus dem konkreten Wunsch einiger Investoren, die auf der Suche nach langfristigen Möglichkeiten waren. Diesem Kundenwunsch können wir nun mit Selected Estate nachkommen.

Philipp Hain ist Geschäftsführer der Reval Vermögensberatungs GmbH aus Wien. Treffen Sie Philipp Hain beim Symposium Sachwerte digital am 27.9.2018 in Frankfurt. Hier geht´s zur Anmeldung.