40 Jahre BVT. Eine Hausnummer. Wie und mit wem begann alles?
Harald von Scharfenberg: Ich hatte das Glück, als ältester Sohn für die Übernahme des elterlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs vorgesehen zu sein. Allerdings kam ich auch früh mit der Hamburger Finanzwelt in Kontakt, die mir sehr viel spannender erschien als das heimische Landleben. Und so nahm ich als junger Landwirtschaftsstudent die Gelegenheit wahr über IOS in den Strukturvertrieb von Fonds einzusteigen, die Urzelle des deutschen grauen Kapitalmarktes.
Es war quasi das erste Mal, dass Retail-Finanzprodukte nicht über Banken vertrieben wurden. Anschließend lernte ich das Bankgeschäft als Trainee bei der Privatbank Lampe und später in London und den USA kennen, zu einer Zeit, als die Börsen wenig Anlass zur Freude boten und auch ich selbst mit meinen Aktieninvestments ordentlich Federn gelassen hatte. Zurück in Deutschland, begann ich als Unternehmensberater zu arbeiten und im Rahmen dieser Tätigkeit hatte ich mehrfach in den USA zu tun. Dabei lernte ich in Midland, Texas, den Unternehmer George Locker kennen, der mit seinen Firmen erfolgreich in der Öl- und Gasindustrie tätig war. Mit ihm zusammen gründete ich Mitte August 1976 sowohl in Deutschland als auch in den USA Firmen, die vorrangig Gasfonds auflegten und die zum Grundstein der BVT Unternehmensgruppe wurden.
Im Jahr darauf stieg ich mit einer weiteren Firmenneugründung auch in die Immobilienfinanzierung ein. Richtig interessant wurde es dann, als ich mit dem Mini-Warehouse-Weltmarktführer Public Storage, Inc. zusammen Projektentwicklungsfonds zu initiieren begann.

Das war das erste Mal, dass deutschen Investoren in Form eines geschlossenen Fonds eine Anlagemöglichkeit geboten wurde, über die sie ab dem Beginn der Wertschöpfung einer Immobilie mit partizipierten. Der erste Fonds war so schnell platziert, dass wir gar nicht schnell genug mit dem zweiten hinterherkamen. Letztlich habe ich so den Beruf gefunden, der mir nicht nur Spaß und Freude bereitet, sondern mich auch bis heute voll ausfüllt. Konsequenterweise habe ich den Familienbesitz dann nach einigen Jahren auf meinen jüngeren Bruder übertragen.

Die Branche hat Hochs und Tiefs hinter sich. Was waren besonders einschneidende Momente für die BVT?
Harald von Scharfenberg: Einschneidend für uns als Anbieter im Bereich der US-Immobilien-Beteiligungen war natürlich die erste große US-Immobilienkrise ab Mitte der 1980 Jahre, die so gut wie jeden der damaligen Marktteilnehmer traf. Seinerzeit haben wir – obwohl juristisch nicht verpflichtet – unsere Fonds im Rahmen unserer Möglichkeiten mit eigenen Mitteln gestützt und so entscheidend dazu beigetragen, dass keine unserer Immobilien verloren ging. Das haben uns Anleger und Vertriebe hoch angerechnet. Mit der großen Finanzkrise ab 2007 konnten wir auch die zweite Krise in unserer Firmengeschichte meistern und sind heute wieder mit Produkten der neuesten Generation am Markt.

Eine generelle Zäsur in der Branche war der politisch erzwungene Abbau von Steuervergünstigungen, also das Auslaufen der Sonder-AfA, ab 1998 und die damit einhergehende rechtliche Unsicherheit. Bei BVT hatte dies eine Neuorientierung und zahlreiche neue Fondskonzepte zur Folge, von denen die BVT Residential USA Serie und die BVT Ertragswertfonds Serie bis heute zu unserem Produktportfolio gehören. Eine große Belastung für unsere Branche stellt auch die Schiffskrise ab 2009 dar, mit vielen Pleiten und der generellen Schwierigkeit, Kapital aufzunehmen. Letztendlich führten die Erfahrungen aus Schiffsengagements bei vielen Anlegern und Vertrieben zu einer Verdrossenheit gegenüber geschlossenen Fonds, die wir bis heute registrieren. Jüngster und elementarer Einschnitt ist natürlich die Regulierung durch das KAGB, die unsere Branche grundlegend verändert hat.

Wann waren die wirklich guten Zeiten? Und worin fanden sie ihren Ausdruck?
Harald von Scharfenberg: Für BVT als Anbieter von US-Immobilienbeteiligungen war die Regierungszeit Ronald Reagans ab 1981 eine goldene Ära. Die Immobilienlobby genoss in diesen Jahren sehr große Bedeutung, dadurch boomte die Branche und sorgte für sehr hohe Nachfrage.

Welches Stimmungsbild spiegelt die Branche heute nach Einführung des KAGB wider? Der Markt hat nach wie vor die Schwindsucht. Wann kommt er wieder zu Kräften?
Harald von Scharfenberg: Ich persönlich sehe die Zukunft unserer Branche absolut positiv. Der Markt wird meiner Meinung nach aber langsam zurückkommen und sicher auch nicht mehr die Volumina der heydays erreichen. Ich bin überzeugt davon, dass die Konsolidierungsphase noch nicht voll abgeschlossen ist, aber klare Perspektiven dafür gegeben sind, dass der Trend ab 2017 klar nach oben geht.
Ein Problem ist nach wie vor die geringe Produktverfügbarkeit. Hinzu kommt die große Hypothek aus dem Schiffsfonds-Bereich, der die Portefeuilles vor allem von Bankenpartnern belastet und dadurch erschwerend auf das Neugeschäft wirkt. Außerdem rentieren viele unternehmerische Beteiligungen so gering, dass aus meiner Sicht das Risiko zu den Chancen in keinem guten Verhältnis mehr steht.

Welche Themen sehen Sie als Zukunftsthemen Ihres Hauses?
Harald von Scharfenberg: Bei BVT stehen produktseitig auch künftig die Themen Immobilien USA und Deutschland, aber auch der Euroraum im Fokus. Darüber hinaus unsere traditionellen Assetklassen Energie und Umwelt sowie die Multi-Asset-Konzepte. Die Zielgruppenansprache ist breit aufgestellt – die IFK-Fonds im Exklusivvertrieb der IVAG sind ganz klar auf den Vermögensaufbau ausgerichtet. Basisinvestments wie Top Select oder der Ertragswertfonds bilden im Bereich der Publikum-AIF ein solides Standbein für unser Haus. Dazu zähle ich auch die exklusiv für die Tochter einer Landesbank konzipierte BVT Concentio Vermögensstrukturfonds.
Mit Club Deals hat BVT in den 1970er Jahren begonnen und bis heute haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Dieses Thema wird deshalb auch in Zukunft für uns eine bedeutende Rolle spielen.

Was ist mit institutionellen Geschäft?
Harald von Scharfenberg: Institutionelle Investoren sind wichtige Partner. Hier konnten wir im Rahmen der BVT Residential Serie bereits Investoren gewinnen und wollen dies auch auf weitere Assetklassen, insbesondere im Energiebereich, ausweiten. BVT deckt damit ein breites Spektrum ab, deshalb werden wir uns auch wieder personell verstärken.

Welche Rolle spielt Digitalisierung?
Harald von Scharfenberg: Natürlich verfolgen wir auch strategische Themen der Branche, wie zum Beispiel die Digitalisierung. In einem ersten Schritt haben wir 2015 den Branchenverband bsi bei der Einrichtung einer digitalen Branchenplattform aktiv unterstützt. Wir werden dieses Thema auch hausintern weiter vertiefen. Mit Sicherheit lassen sich dadurch Prozesse effizienter gestalten, allerdings bin ich der festen Meinung, dass Kapitalanlagen auch künftig persönlich vertrieben werden müssen. Auch das Thema Crowdinvesting ist bei uns in Prüfung. Möglicherweise können sich hier Ansatzpunkte im Rahmen unseres Co-Invest-Programms ergeben.

Welche Perspektiven hat die BVT für die kommenden 40 Jahre?
Harald von Scharfenberg: Geld dort investieren, wo es produktiv arbeitet: Die Gründungsidee der BVT hat seit 1976 unverändert Bestand.

Harald von Scharfenberg ist Gründer der BVT Unternehmensgruppe.