Die für die neue FinVermV vorgesehene Auflage, dass auch der freie Vertrieb – nicht nur Berater nach KWG – alle Gespräche aufzeichnen und dokumentieren muss, die geeignet sind, zur Zeichnung einer Kapitalanlage zu führen, hat für die meiste Verunsicherung gesorgt. Betroffene befürchten, dass nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und seinem Finanzdienstleister empfindlich gestört wird, sondern auch, dass der Kostenaufwand und der erhoffte Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis stehen. Trotz aller Kritik scheint der Gesetzgeber jedoch einstweilen daran festzuhalten.

Insofern ist eine kürzlich an die Bundesregierung gerichtete „Kleine Anfrage“ der Partei Die Linke und insbesondere die Antwort der Bundesregierung darauf bemerkenswert. Die Linke erkundigte sich nach möglicher Einflussnahme durch Vertreter spezifischer Interessen auf einen Gesetzentwurf zur „Digitalen Infrastruktur“. Im Zeichen einer erhöhten Transparenz und Nachvollziehbarkeit möglicher Beeinflussung durch Eigeninteressen Dritter verlangt sie Auskunft über die folgenden Punkte: Datum der Gespräche im Vorfeld des Gesetzesentwurfs, Teilnehmer, konkrete Formulierungen, von wem die Initiative für den Kontakt ausging, ob finanzielle und wirtschaftliche Hintergründe des Gesprächspartners in Erfahrung gebracht wurden und – nota bene – ob entsprechende Aufzeichnungen und Protokolle angefertigt wurden. Kommt Ihnen bekannt vor? Steht alles so auch in den Vorgaben, wie Beratungsprotokolle anzufertigen sind und – insbesondere was das „Taping“ betrifft – im neu einzuführenden Paragraf 18a der FinVermV, neue Fassung.

Ok, der Linken geht staatliche Kontrolle tendenziell nie weit genug. Aber der überhebliche und genervte Tonfall, in dem die Bundesregierung ihr geantwortet hat (Bundestags-Drucksache 19/6576), ist vor dem Hintergrund, dass sie dem freien Vertrieb durchaus vergleichbare Maßnahmen selbstverständlich verordnen will, interessant: „Angesichts des Umfangs der Überprüfung der aktuellen Gesetzgebungstätigkeit sowie der Detailtiefe von einzelnen Fragen sieht die Bundesregierung die Grenze zur administrativen Überkontrolle erreicht“, gibt sie zurück und setzt noch einen drauf: „Es ist weder rechtlich geboten noch im Sinne einer effizienten und ressourcenschonenden öffentlichen Verwaltung leistbar, entsprechende Informationen und Daten vollständig zu erfassen oder entsprechende Dokumentationen darüber zu erstellen oder zu pflegen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass dem Informationsbedürfnis der Fragesteller künftig durch die Veröffentlichung der Gesetzes- und Verordnungsentwürfe sowie der Stellungnahmen aus der Verbändeanhörung auf den Internetseiten der jeweiligen Ressorts Genüge getan ist.“ Zack. Arroganter geht kaum.

Zugestanden, das oppositionelle Gestichel kann entsetzlich nerven. Aber es entsteht der Eindruck, dass der Gesetzgeber hier mit zweierlei Maß zu Werke geht. Geht es um den eigenen Aufwand, handelt es sich um „administrative Überkontrolle“, geht es um den Aufwand, den man anderen aufnötigt, wird vermeintlicher Anlegerschutz ins Feld geführt, dabei ist der tatsächliche Mehrwert des Tapings für den Anleger längst noch nicht erwiesen.

Eine gute Woche wünscht
Tilman Welther