Der Vorteil von geschlossenen Fonds sei, so hieß es zumindest mal, dass man sich als Privatanleger mit übersichtlichen Beträgen an Großinvestitionen beteiligen könne, die ansonsten institutionellen Investoren vorbehalten seien. Das Beteiligungsmodell böte die Möglichkeit, diesen Vorteil auch an den mittelgut verdienenden Kleinanleger durchzureichen. So weit die Theorie im Konjunktiv. Crowdinvesting treibt dieses Versprechen auf die Spitze. Ein Teil der rund 50 Crowdinvesting-Plattformen bietet an, sich etwa an Immobilien-Projektentwicklungen mit Beiträgen bereits ab 5 Euro zu beteiligen.

Man kann sagen, dass die Ausnahmeregelungen, die das Kleinanlegerschutzgesetz für Crowdinvestments vorsehen, alle Bemühungen der Beteiligungsbranche um Standards, Transparenz, Professionalität und Seriosität über den Haufen geworfen haben. Crowdinvestments unterhalb 2,5 Millionen Euro brauchen keinen Prospekt, keine Mindestdauer und unterliegen keinen oder kaum Veröffentlichungspflichten. Nicht von ungefähr tummeln sich hier die letzten nicht regulierten Anlagevehikel, vor allem diverse Darlehenskonstruktionen. Die Anbieter haben möglicherweise bei der Bank keine Finanzierung bekommen, weil die Geschäftsmodelle gleich in der ersten Prüfinstanz durchgefallen sind. Die niedrigen Investitionssummen des einzelnen Anlegers verhindern, dass dem Anbieter im Pleitefall Konsequenzen drohen, denn die Einsicht, das Geld dann wohl abschreiben zu müssen, ist ungleich größer als bei 10.000 Euro, der Mindestbeteiligung des durchregulierten und risikogemischten Publikums-AIF.

Man kann aber auch sagen, dass gerade die niedrigen Beteiligungsbeträge ein großer Vorteil des Crowdinvestings sind. Zugestanden: 5 Euro zu investieren, kann per se nicht besonders lukrativ sein. Selbst wer darauf 7 Prozent p.a. bekommt, wird den Erfolg nicht würdigen können. Wer aber einen 3-stelligen Betrag investiert, der kann Erfahrung sammeln, der wird sich das Unternehmen und seine Entwicklung während der Investition vielleicht genau ansehen und wird ein Gefühl für Risiken und Chancen aus ureigenster Praxis machen. Auch das Bewusstsein, dass es sich um "Spielgeld" handelt, dürfte bei dergleichen niedrigen Beträgen eher vorhanden sein. Im Hinblick auf die durch den Investor selbst – und nicht etwa durch seinen Berater – zu tragende Verantwortung für die getroffene Entscheidung, dürfte sich darüber hinaus – wenn sich Crowdinvesting durchsetzt – das Selbstverständnis des Anlegers und seine Souveränität profilieren.

Zumindest was die Technik der Granulation betrifft ist Crowdinvesting per Internet absolut zeitgemäß. Wenn noch mehr zur Entscheidung befähigende Informationen – man denke etwa an Leistungsbilanzen – hinzukommen, dann kann sich da ein sehr spannendes Segment entwickeln.

Eine gute Woche wünscht
Tilman Welther