Was haben die Affären um die Panama-Papers und das Schmähgedicht von Jan Böhmermann gemeinsam? Nichts, wie es zunächst scheint. Beim einen geht es um der Wahrheit verpflichtete Aufklärung, beim anderen um eine gezielte Provokation unter Inkaufnahme der Wahrheitsbeugung.

Bei beiden Affären ist die Empörung jedoch vergleichbar groß. Und sie speist sich beide Mal aus der moralischen Entrüstung, die fragt, ob das nicht verboten sein müsste. Beide Affären handeln davon, dass gezielt die Grenzen eines rechtlichen Rahmens ausgelotet wurden: Was darf öffentlich gemacht werden und was muss nicht öffentlich gemacht werden? Hier die Frage, ob das nicht veröffentlicht werden hätte müssen; dort die Frage, ob die Veröffentlichung nicht hätte verhindert werden müssen.

In beiden Affären geht es um den Unterschied zwischen dem, was legal möglich und dem was moralisch geboten ist. Kürzt man mal den Anteil der moralischen Entrüstung aus der Debatte raus, dann wird deutlich: Schlechter Geschmack ist nicht strafbar und eine global einheitliche Steuergesetzgebung unrealistisch. Die Debatten sind geeignet, die bestehende Rechtskultur zu bestätigen und die jeweiligen Systeme zu stabilisieren. Gleichwohl haben die Debatten ihre gute Seite und ihre Berechtigung: An ihrem Ende wird es zwar keine nennenswerten juristische Konsequenzen geben, aber Satire hat die Chance, danach besser und Steuerhinterziehung danach schwieriger zu werden.

Eine gute Woche wünscht
Tilman Welther