Das Landgericht Hamburg hat Heinrich Maria Schulte am heutigen Montag zu 8 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Im Laufe von 50 Verhandlungstagen gerierte er sich als Opfer schlechter Beratung. Er habe sich auf seine juristischen Berater, in erster Linie Anwälte der Kanzlei Bird & Bird, verlassen, war eine seiner bis zum Schluss verfolgten Verteidigungsstrategien.

Schlechte Beratung war in der Kapitalmarkt-Rechtsprechung der vergangenen Jahre in der Regel ein Grund, davon betroffene Anleger in Schutz zu nehmen: Unzulängliche Risikoaufklärung, fehlende Orientierung am eigentlichen Anlegerbedürfnis, Verschweigen von Kick-backs. Aber selbst im Falle eher schutzbedürftiger Anleger drängte sich mitunter auf, dass die so manchem Anleger eigene Mischung aus Gier und Naivität eine Mitverantwortung begründet.

Insofern dürfte die inszenierte Rolle, Opfer schlechter Beratung zu sein, wenig bis gar keinen strafmindernden Einfluss auf die Urteilsfindung gehabt haben. Eher schon, dass die Verteidigung mit immer noch einem Beweisantrag das Gericht enerviert hat. Mit einer früh signalisierten Bereitschaft, mit dem Gericht zu kooperieren, wäre Schulte auch von seinen Verteidigern wahrscheinlich besser beraten gewesen.
Also doch Opfer?

Eine gute Woche wünscht
Tilman Welther