Risiko ist das Schmuddelkind der Kapitalanlagefamilie, mit dem keiner spielen will. Keiner will Risiko haben. Der Berater tut sich schwer damit, weil er um seinen Abschluss fürchtet, wenn er sich zu lange bei diesem Produktmakel aufhält. Die hohe Schule der Konzeption von Kapitalanlagen aller Art besteht darin, Risiken zu "minimieren", wie es in der Regel heißt, wo es doch allenfalls um Verkleinerung geht. Und der Kunde? Auch der meidet alles, was sich als risikobehaftet zu erkennen gibt, wie der Teufel das Weihwasser. Sind Risiken zu erkennen, werden sie zum Nogo erklärt.

Der Umgang mit Risiko im Berater- und Anlegerverhalten ist schizophren. Einerseits wird es für unzumutbar erklärt und abgelehnt. Andererseits beteuert jeder, sich darüber im Klaren zu sein, dass Risiko der Preis für ein Renditeversprechen ist. Rendite wollen alle haben, Risiko keiner. Das eine geht aber nicht ohne das andere. Im Sinne einer Normalisierung schlage ich vor, Risiko zu entdämonisieren. Es gibt eine Nachfrage nach Risiko genau in dem Maße, in dem es eine Nachfrage nach Rendite gibt. Und so gesehen ist in jedem Vermögensportfolio auch ein entsprechender Platz für Risikokapital.

Das Leben ist voller Risiken. Die Vorstellung, dass gerade Kapitalanlagen davon ausgenommen sein müssten, ist kindlich. Das Entscheidende ist, Risiken möglichst angemessen zu beschreiben und Mechanismen, mit ihnen umzugehen, auf ihre Tauglichkeit hin zu befragen. Wer die Formel Rendite = Risiko beherzigt, der tut sich leichter, dem Risiko seinen abstrakten Schrecken zu nehmen, der kann im Wenn-dann-Modus Renditebegehren und Risikobereitschaft aufeinander abstimmen.

Wer das Gift kennt, den bringt es nicht mehr um.

Eine gute Woche wünscht
Tilman Welther