ICO steht für Initial Coin Offering. Nicht von ungefähr erinnert das an IPO, das Initial Public Offering, den Börsengang von Unternehmen. Ein ICO ist ebenso ein Instrument zur Beschaffung von Wachstumskapital für Geschäftsmodelle, aber anders als beim Gang aufs Parkett werden mit Coin-Offerings keine Anteilsscheine an einem Unternehmensvermögen ausgegeben, sondern eine virtuelle Wertmünze ("Token"). Wie eine Währung stehen sie für einen Gegenwert, können aber nicht nur in andere Zahlungssysteme gewechselt werden, sondern berechtigen – je nach Projekt, in das man damit investiert – auch zur Nutzung seiner Vorzüge und Dienstleistungen.

Im Prinzip funktioniert es wie das Angebot einer neuen Kryptowährung. Steigt der Wert des Projekts, in das man darüber investiert, dann steigt auch der jeweilige Coin im Wert. Gemeinsame Basis von Kryptowährungen und den Projekten, die per ICO Geld akquirieren, ist die Blockchain, jene Big-Data-Internet-Technologie, die mittels dezentraler Beglaubigungs- und Dokumentationsroutinen ein Gegenmodell zur vermeintlichen Flüchtigkeit des Internets darstellt und Grundlage hunderter neuer Geschäftsideen ist.

Ein Beispiel: Derzeit findet ein vierwöchiges ICO des Projekts Carblox.io statt. Es baut ein weltweites dezentrales Fahrzeugregister auf, das in der Cloud für jedes Fahrzeug ein digitales Pendant führt. Carblox dokumentiert neben technischen Eckdaten, Verschleißparametern, Verbrauch, etwaigen Unfällen und Reparaturen eines Fahrzeugs auch die Art und Weise, wie es gefahren wird. Die spezifische Datenausbeute, so die Annahme des Geschäftsmodells, vervielfachen Zweitmarktwerte von Fahrzeugen und reduzieren Versicherungskosten, weil die Daten hochgradig individualisierte Verträge ermöglichen. Zur Beteiligung an diesem Projekt erwirbt man die Projektwährung CRX, die während der Fundingphase mit 7.500 CRX je 1 ETH (Ethereum) bepreist ist. 12 Millionen CRX können gezeichnet werden, das heißt bei vollständiger Platzierung wird bei gegenwärtigem Stand des ETH ein Kapital in Höhe von rund 430.000 Euro eingesammelt.

In USA ist der ICO-Markt bereits ein Millionenmarkt. In Deutschland steht er ganz am Anfang. Vor ein paar Tagen ging Wysker an den Start. Für die blockchain-basierte Shopping App, die Käufern einen Gegenwert für ihre ansonsten hergeschenkten persönlichen Daten anbietet, will Wysker Wys-Token im Wert von rund 25 Millionen US-Dollar begeben.

Die Bafin verweist nun – völlig zurecht – auf Totalverlustrisiken und darauf, dass ICOs weder technisch noch rechtliche mit IPOs vergleichbar sind. Und dennoch, da darf man sicher sein, liegt hier viel Zukunft. Wir werden das beobachten.

Eine gute Woche wünscht
Tilman Welther