Abwahl. Die Anleger der Projektentwicklungsfonds Direkt Invest Polen 2, 3, 5 und 7 des Hamburger Initiators Elbfonds sollen auf Initiative der Elbtreuhand Martius, der Fondsbeiräte und der Kanzlei Schirp Neusel & Partner die Geschäftsführung austauschen und eine Kapitalmaßnahme beschließen. Zu diesem Zweck finden am 29. April außerordentliche Gesellschafterversammlungen in Hamburg statt, die von der Elbtreuhand Martius, den Fondsbeiräten und der Kanzlei Schirp Neusel & Partner einberufen wurde.

Streitpunkte. Die Initiatoren der bevorstehenden Beschlussfassung halten Elbfonds als Fondsgeschäftsführer für nicht mehr tragbar. Wesentliche Gründe dafür sind nach Angaben im Einladungsschreiben, dass die Fonds ihre Immobilienprojekte mit Verlusten an einen luxemburgischen Fonds verkaufen sollen und Elbfonds die damit verbundenen Interessenkonflikte nicht offenlege. Außerdem sei in Auseinandersetzungen in strittigen Fragen zur Berechnung von Gebühren und deren Vorauszahlungen, zum Investitionsausschuss und zu den Darlehen, die Elbfonds zwischen den Projektgesellschaften abgeschlossen hat, keine Einigung erzielt worden.

Neuwahl. Gemäß Beschlussvorlage sollen die Anleger die Elbtreuhand Immobilien Fondsverwaltungsgesllschaft mbH zur neuen persönlich haftenden Gesellschafterin der Fondsgesellschaften bestellen. Es handelt sich dabei um eine Tochtergesellschaft des Treuhandkommanditisten Elbtreuhand Martius. Die neue Fondsgeschäftsführung soll mit den Fondsbeiräten „Entscheidungsvorlagen über die Zukunft“ schaffen. Offen ist laut Anlegerschreiben, ob die Immobilienprojekte in Polen verkauft oder mittelfristig gehalten werden sollen.

Finanzbedarf. Neben dem Austausch der Fondsgeschäftsführung sollen die Anleger in der kommenden Versammlung für ihre Fonds „zur Sicherung der Liquidität für die nächsten Monate“ ein nachrangiges Gesellschafterdarlehen beschließen. Das angestrebte Finanzierungsvolumen beträgt zwei Prozent des Kommanditkapitals. Das Darlehen hat im vorgeschlagenen Modus eine Laufzeit von bis zu 24 Monaten und sieht einen Zinssatz von 6 Prozent p.a. vor. Zins und Rückzahlung sollen vorrangig vor dem Eigenkapital bedient werden. Die Darlehensmittel werden laut Beschlussvorlage auf einem separaten Treuhandkonto verwaltet und in Absprache mit den Beiräten zur Begleichung offener Steuerzahlungen und Rechnungen eingesetzt.

Sonderprüfung. Gegen den Fondsinitiator Elbfonds erheben Fondsbeiräte und Treuhänder seit Monaten schwere Vorwürfe. Im September 2014 haben die Anleger der Fonds Direkt Invest Polen 2, 3, 5 und 7 gegen den Willen von Elbfonds eine gemeinsame Sonderprüfung der Gesamtinvestitionskosten einzelner Projekte inklusive der einmaligen und laufenden Gebühren zugunsten von Elbfonds beschlossen. Hintergrund dafür war laut Beschlussvorlage, dass die Kosten „erheblich von den ursprünglichen Kalkulationen abweichen“. „Da die Mehrkosten nicht zu Mehrerlösen (etwa höhere als die geplanten Mieteinnahmen) führen, verschlechtern sie die Rentabilität der Projekte“, erklärte der Beirat des Fonds 5 am Beispiel der Projekte in Stettin und Kutno.

Ergebnis. Die Sonderprüfung von drei Projekten in Kolobrzeg, Stettin und Ciechanow fand durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner & Stolz statt. „Die dargestellten Sachverhalte des Treuhandberichts, welcher in den Geschäftsberichten 2013 abgedruckt ist, wurden aus unserer Sicht im Wesentlichen bestätigt“, teilten der Treuhänder und die Beiräte der vier Fonds Anfang März dieses Jahres mit. Die höheren Baukosten seien wie von Elbfonds dargestellt auf geforderte Mieterausbauten zurückzuführen. Elbfonds wird aber vorgeworfen, Vergütungen für noch nicht erbrachte Leistungen kassiert zu haben. So könnte sich Elbfonds mit der Vergütung für die Baubetreuung bei noch unbebauten Grundstücken „voraussichtlich über 3,5 Millionen Euro vorausgezahlt“ haben.

Liquiditätsmanagementsystem. Unter Beobachtung stehen auch die zahlreichen Darlehen, die intern von den Fonds- und Projektgesellschaften vergeben wurden. Diese Geschäfte begründet Elbfonds mit der restriktiven Kreditvergabe der Banken seit der Finanz- und Wirtschaftskrise. Weil im vergangenen Sommer vorgesehen war, weiterhin "bei auftretendem Finanzierungsbedarf von Projektgesellschaften Darlehen auszureichen", haben im September 2014 die Anleger beispielsweise im Fonds 3 mit knapper Mehrheit "Kriterien für die Darlehensvergabe" beschlossen. Der vom Fondsinitiator vorgeschlagene Kriterienkatalog ist allerdings windelweich, weil die einzelnen Kriterien "zunächst", "in der Regel", "voraussichtlich" oder "ansonsten" gelten sollen. Den Fondsprospekten und den prospektierten Gesellschaftsverträgen der Fondsgesellschaften ist nicht zu entnehmen, dass die Fonds und deren Projektgesellschaften Darlehen vergeben sollen oder dürfen. Geschäftszweck ist der "Erwerb von Immobilienprojektentwicklungen, die ein Portfolio von ausschließlich in Polen belegenen Grundstücken mit Gewerbeimmobilien bilden, mit dem Ziel, die erworbenen Immobilienprojektentwicklungen zur Erzielung einer Wertsteigerung zu entwickeln, wirtschaftlich zu optimieren und wieder zu verkaufen". Elbfonds vertritt allerdings die Auffassung, dass die Anleger in der Frage der Darlehensvergabe grundsätzlich kein Mitspracherecht haben, und dass die Abstimmung über die Kriterien der Darlehensvergabe auf freiwilliger Basis erfolgte.

Rettung aus Luxemburg. Im vergangenen Jahr präsentierte Elbfonds den Plan, alle fertigen Projekte an einem institutionellen Fonds in Luxemburg zu verkaufen. Die Kaufverträge seien bereis geschlossen und müssten nur noch umgesetzt werden, sobald der Fonds das notwendige Eigenkapital eingeworben habe, hieß es damals. Es sei ein Kaufpreis in Höhe einer Ankaufsrendite von 8,25 Prozent bezogen auf das operative Nettoeinkommen der Projektentwicklungsgesellschaften vereinbart. Das bedeutet: Der luxemburgische Fonds soll das 12,12-fache der Ist-Mieten abzüglich der nicht umlegbaren Betriebskosten bezahlen.

Portfolio. Elbfonds will aus den vier Fonds Direkt Invest Polen 2, 3, 5 und 7 insgesamt sieben fertig gestellte Objekte samt Projektgesellschaften verkaufen. Es handelt sich um Einkaufszentren in Stettin, Kutno, Poznan, Ciechanów, Lubin, Józefoslaw und Piekary Slaskie. Offenbar sollen die Immobilien auch dann an den Fonds verkauft werden, wenn daraus Verluste für die deutschen Publikumsfonds entstehen. Beim Fonds 5 heißt es, dass die beiden fertig gestellten Projekte nicht einmal dann mit Gewinn verkauft werden würden, wenn die Einkaufszentren voll vermietet wären. Im Gegenteil, die Anleger müssen offenbar mit einem Verlust von rund drei Millionen Euro rechnen.

Verzögerung. Vor kurzem teilte Elbfonds mit, dass die nicht namentlich genannte französische Bank den luxemburgischen Fonds noch nicht platziert hat. Es könne aber inzwischen „kurzfristig mit der Eigenkapitaleinwerbung begonnen“ werden. Deshalb rechne Elbfonds damit, dass die Projekte wie im Kaufvertrag vereinbart bis 30. Juni 2015 umgesetzt werden. Die Anleger wurden aufgefordert, bis 22. April 2015 dem Verkauf an den luxemburgischen Fonds zuzustimmen, weil die Transaktion neben „den besten Kaufpreisen“ auch den Verkauf des gesamten fertig gestellten Portfolios der deutschen Fonds biete. Mit dem Treuhänder und den Beiräten war diese Beschlussfassung im Vorfeld nicht abgesprochen.

Interessenkonflikte. Die Fondsbeiräte und der Fondstreuhänder vermuten Interessenkonflikte beim Verkauf an den luxemburgischen Fonds, den Elbfonds im vergangenen Sommer plötzlich aus dem Hut gezaubert hat. Praktisch wissen die Anleger nicht, wer den Fonds initiiert hat und wer ihn managt. Außerdem ist unklar, ob nicht Elbfonds selbst hinter diesem Fonds steckt. Andeutungsweise geht aus den Fondsunterlagen hervor, dass Elbfonds den Fonds zumindest mitinitiiert hat. Treuhänder und Beiräte sprechen von „erheblichen Interessenkonflikten“, „bewusster Verschleierung“ und vielen offenen Fragen an die Geschäftsführung. Mangels genauer Einblicke seien die Vorteilhaftigkeit des Verkaufs nicht zu erkennen und eine Empfehlung zur Zustimmung nicht möglich.

Einlullen. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass Elbfonds die Anleger mit Zuckerbrot und Peitsche behandelt. Eigentlich sei eine Abstimmung über den Verkauf nach Luxemburg nicht erforderlich, trotzdem wolle Elbfonds die Zustimmung der Anleger einholen (Quorum: mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen). Und schließlich folgt die Diskreditierung aller Kritiker: „Liebe Anleger, es steht zu erwarten, dass Ihnen von Dritter Seite suggeriert wird, dass das Geschäft möglicherweise von anderen besser betrieben werden könne. (...) Glauben Sie uns, auch wenn zahlreiche Marktteilnehmer im Bereich von Projektentwicklungen für Einzelhandelsimmobilien in Polen aktiv sind, die gern ihre vermeintlich professionelle Unterstützung vor Ort anbieten, ist für einen Laien deren Kompetenz und Verlässlichkeit ganz sicher nur schwer festzustellen.“

Alternativlos. Elbfonds stellt den Verkauf an den luxemburgischen Fonds als alternativlos dar, weil er das „nachweislich bestmögliche und vollumfänglichste Kaufangebot innerhalb der letzten zwei Jahre“ abgegeben habe. Wenn die Projekte jetzt nicht verkauft werden, würden sie „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ als „Stressimmobilien“ stigmatisiert werden, betont Elbfonds. Bei Nichtzustandekommen des Deals müssten die Verhandlungen mit den Einzelinvestoren wieder aufgenommen werden, die „sicher keine besseren Preise“ bezahlen würden.