Wie weit ist der ELTIF?
Patrick Faller: Der ELTIF ist sehr weit. Er wurde Mitte Mai endgültig auf europäischer Ebene verabschiedet. Im Dezember 2015 tritt er dann in Kraft und zwar auch bei uns. Die Regelungen können unmittelbar angewendet werden, sie müssen nicht mehr in nationales Recht überführt werden. Allerdings ist das neue Instrument noch immer nicht ganz am Ziel. Zumindest aus Sicht der Marktteilnehmer. Sie warten noch auf Auslegungshilfen im Rahmen der so genannten Level-2-Maßnahmen. Die Auslegungshilfen werden innerhalb der nächsten Monate erwartet.

Wrap Up: Was sind die Eckpunkte des ELTIFs?
Patrick Faller: ELTIF steht für European Long Term Investment Fund, also für ein Vehikel, das langfristigen Anlagen und folglich eher illiquiden Assets dient. Die Fondsanteile sind – bis auf bestimmte Ausnahmen – von einer vorzeitigen Rückgabe ausgeschlossen. Die Langfristigkeit spiegelt sich also auch hier wider, wobei es nicht auszuschließen ist, dass sich im Laufe der Zeit ein Zweitmarkt herausbildet.
Im Fokus des neuen Fonds stehen zunächst einmal Infrastrukturprojekte. Die Idee des Gesetzgebers ist es, die hier vorhandenen Finanzierungslücken mit privaten Investments zu überbrücken, beispielsweise für Projekte aus dem Feld der Energiewirtschaft. Allerdings sind auch Immobilien als Assets denkbar. Der ELTIF ist vorgesehen für professionelle Anlegergruppen, aber auch für Kleinanleger. Für letztere gibt es ein Korsett, das als Schutzmechanismus gedacht ist. So dürfen Anleger, die ein Finanzportfolio von weniger als 500.000 Euro aufweisen, maximal 10 Prozent ihres Portfolios in ELTIFs investieren. Auch Family Offices gelten aus ELTIF-Sicht als Privatanleger, dürften in vielen Fällen aber oberhalb der genannten Grenze liegen.

Sie sagen, es sind auch Immobilien denkbar. Dann hätten wir also ab Dezember ein neues Immobilienvehikel?
Patrick Faller: Es kommt darauf an. Die Immobilie bietet sich zwar auf den ersten Blick an. Es steht allerdings noch die Frage im Raum, in welchem Maß ein Asset für den ELTIF qualifiziert. Anlagen in gewerbliche Immobilien oder Wohngebäude sollen in dem Umfang zulässig sein, in dem sie dem Zweck dienen, zum intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum oder zur Energie-, Regional- und Kohäsionspolitik der Union beizutragen. Wir müssen hier noch auf die Konkretisierungs-, Auslegung- und Verständnishilfen warten, die Level 2 bringen wird. Wir gehen davon aus, dass es im ersten Halbjahr 2016 konkret wird. Vorher wird der Immobilienmarkt noch abwarten.

Sie würden also noch keinen Immobilien-ELTIF auflegen?
Patrick Faller: Wir sind durchaus in der Lage, ELTIFs aus steuer- und aus aufsichtsrechtlicher Sicht aufzulegen. Im Moment wird aber eher in Richtung Infrastruktur-ELTIF gedacht. Mit Blick auf mögliche Immobilien-ELTIFs gilt es im Moment noch, den Markt und die Entwicklung unbedingt weiter zu beobachten. Es gibt Diskussionen, die vermuten lassen: Der Immobilien-ELTIF könnte aus Solvency-II-Sicht mit einer günstigeren Kapitalunterlegung gegenüber anderen fremdfinanzierten Immobilienfonds punkten. Das könnte dem Vehikel bei Versicherungen, die ihre Immobilienquote weiter ausbauen wollen, möglicherweise Auftrieb geben.

Infrastrukturanlagen waren ja lange eher eine Nische für institutionelle Investoren. Hebt der ELTIF die Infrastruktur jetzt auf ein neues Niveau?
Patrick Faller: Je länger der Immobilien-Boom dauert und je länger gut verzinste Alternativen knapp sind, desto mehr Chancen gibt es für Nischen, die ein ähnliches Rendite-Risiko-Profil aufweisen wie die Immobilie. Dazu zählen auch bestimmte Infrastrukturprojekte, die teilweise sehr lange Verträge mit bonitätsstarken Nutzern aus dem Energiesektor mit sich bringen. Für den Anleger bedeutet das unter Umständen sogar eine spürbar höhere Rendite als bei klassischen Immobilieninvestments. Dabei ist der Cash-flow aufgrund der Langfristverträge vergleichsweise sicher, nur ist gerade bei neuen Trassen eine enorme Entwicklungsarbeit zu leisten, die mit Risiken verbunden ist. Die Chancen sind im Einzelfall aber in jedem Fall da, sie sind nicht an den ELTIF gekoppelt.
Im Gegenteil denke ich, dass das limitierende Element bei Infrastrukturinvestments bislang nicht das Fehlen eines Vehikels war, sondern eher der Mangel an geeigneten Anlagen, die als investmentfähig und handelbar gesehen werden. So lange sich dies nicht ändert, wird auch der ELTIF nur in begrenztem Maße die Möglichkeit haben, die Anlageklasse Infrastruktur zu befeuern.

Wie ist denn die Stimmung am Markt? Gibt es eine Offenheit für das neue Vehikel?
Patrick Faller: Viele Marktteilnehmer haben nach wie vor einen großen Investitionsdruck. Versicherungen sind hier erneut ein Beispiel. Vor diesem Hintergrund werden durchaus Hoffnungen mit dem ELTIF verknüpft. Über Solvency II haben wir ja bereits gesprochen. Aber auch unabhängig von möglichen Vorteilen mit Blick auf die Kapitalunterlegung gilt: Wenn es gelingt, ELTIFs mit geeigneten Assets zu füllen, seien es Infrastrukturanlagen oder eben doch Immobilien, begrüßt dies der Markt. Ich beobachte hier durchaus eine gewisse Offenheit, von einer Euphorie würde ich aber nicht sprechen. Es ist eher noch ein gespanntes Abwarten.

Patrick Faller ist Senior Manager bei der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.