Herr Harms, der Crowdinvest-Marktreport 2018 ist da. Wie hat sich der Markt im vergangenen Jahr entwickelt? Wer gewinnt, wer verliert oder besser: In welchen Bereichen steckt welche Dynamik?
Michel Harms: Der Crowdinvestment-Markt befindet sich in Deutschland seit mehreren Jahren auf Wachstumskurs. 2018 konnte der Markt gegenüber dem Vorjahr um 49,5 Prozent auf 297 Millionen Euro wachsen. Davon entfallen 210,7 Millionen Euro auf das volumenstärkste und mit einem Plus von 63,2 Prozent auch das wachstumsstärkste Investmentsegment: Immobilienprojekte. Hier ist Exporo die klare Nummer Eins. Die Plattform konnte im letzten Jahr 125,3 Millionen Euro über öffentliche Fundings einsammeln. Aber auch auf den Plätzen 2 bis 6 der Immobilien-Plattformen ist Bewegung, alle Anbieter konnten im letzten Jahr Volumenzuwächse verzeichnen.
Crowdinvestments zur Unternehmensfinanzierungen stellen mit 80,4 Millionen Euro das zweitgrößte Investmentsegment. Hier lag der Zuwachs gegenüber 2017 bei 26,3 Prozent. Energieinvestments liegen mit 6,0 Millionen Euro auf Vorjahresniveau.

Ist der Markt transparenter geworden?
Michel Harms: Das kann man so pauschal nicht sagen. Ich denke, dass der Markt aktuell in einer Findungsphase ist. Transparenz ist eines der Grundversprechen von Crowdfunding. Die Frage ist, welches das richtige Maß an Transparenz ist. Da gehen die Meinungen zum Teil ziemlich weit auseinander.
Zu Online-Investments gehört ein hohes Maß an Transparenz. Anbieter, die relevante Informationen unter den Teppich kehren, werden in diesem Markt nicht langfristig erfolgreich sein. Da können sich einige Plattformen sicherlich verbessern. Auf der anderen Seite muss man aufpassen, dass es sich nicht zu sehr in Richtung „gläserner Emittent“ entwickelt und man bei der kleinsten – möglicherweise unverschuldeten – Abweichung vom Projektplan direkt am Online-Pranger landet. Der Markt kann ja nur funktionieren, wenn, neben den Interessen der Anleger, auch die Interessen der Emittenten berücksichtigt werden. Die Plattformen, denen der Interessensausgleich beim Thema Transparenz am besten gelingt, werden die sein, die sich langfristig am Markt etablieren.

Was erwarten Sie für das laufende Jahr?
Michel Harms: Ich gehe davon aus, dass der Markt 2019 erneut wachsen wird. Wie stark das Wachstum ausfällt, hängt dann auch davon ab, ob es in den nächsten Monaten zu weiteren größeren Ausfällen kommt. Die Anleger im wachstumsstarken Immobilien-Segment sind bislang ja fast nur gute Nachrichten gewöhnt. Hier stellt sich die Frage, inwiefern sich mögliche Pleiten auf die Anlegerfreude auswirken.
Dann wird es spannend zu sehen, ob die Plattformen im größeren Ausmaß von der seit 2018 neuen Möglichkeit Gebrauch machen, prospektfreie Wertpapiere mit einem Volumen von bis zu 8 Millionen Euro anzubieten. Anleihen waren 2018 schon ein Thema für die Immobilien-Plattformen. Da wird man 2019 bestimmt noch mehr sehen.
Der Startup-Finanzierer Companisto bietet neuerdings Eigenkapitalbeteiligungen an. Das haben sich viele Crowdinvestoren schon länger gewünscht. Das könnte nochmal für neuen Schwung bei Startup-Crowdinvestments sorgen, in dem die Volumina in den letzten Jahre recht konstant waren.

Die Marktstudie können Sie hier kostenfrei herunterladen.