Keine Eigenverwaltung. Die Magellan Maritime Services GmbH hat wie berichtet Anfang der Woche Insolvenz angemeldet. Zunächst ordnete das zuständige Amtsgericht wie von Magellan gewünscht ein vorläufiges Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung unter Aufsicht des Rechtsanwalts Peter-Alexander Borchardt an. Diese Entscheidung änderte das Gericht nur einen Tag später und ordnete das klassische vorläufige Insolvenzverfahren an. Borchardt wurde vom Sachwalter zum vorläufigen Insolvenzverwalter umbestellt.

Schockstarre. Während die Vertriebe und Anleger von der Hiobsbotschaft eiskalt erwischt wurden, hüllt sich Magellan in Schweigen. Über die Hintergründe, die zu dem Insolvenzantrag geführt haben, ist nichts bekannt. Magellan hatte in den vergangenen Wochen lediglich von „Verzögerungen für einen Teil der Mietzahlungen“ berichtet. Grund dafür seien Verzögerungen bei den Zahlungseingängen und Abrechnungen seitens Reedereien an gewesen. Das war Ende April und damals hieß es, dass die Anleger mit den Zahlungen kurzfristig beziehungsweise bis Ende Mai rechnen könnten.

Seltsamer Wandel. Am Freitagnachmittag, den 27. Mai, ruderte Magellan zurück. Die Gespräche der Geschäftsleitung in Asien hätten noch keine „spruchreifen Ergebnisse“ gebracht. Deshalb könne Ende Mai kein Geld an die Anleger fließen. Schließlich machte Magellan noch folgende merkwürdige Anmerkung: „Die Verwaltung der Container der Investoren ist nach allen bislang geprüften Szenarien weiterhin angestrebt und möglich.“ Wusste also Magellan schon am Freitagnachmittag, dass akute Insolvenzgefahr besteht beziehungsweise dass gleich nach dem Wochenende am Montag, den 30. Mai, der Gang zum Insolvenzgericht ansteht? So kam es jedenfalls und das Unternehmen teilte am 31. Mai mit, dass „ein Plan-Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung” beantragt worden sei.

Informationslücken. Weder am 27. Mai noch am 30. Mai machte Magellan wenigstens im Kern Angaben zu den Ursachen für die Zahlungsunfähigkeit. Das jüngste Schreiben vom 2. Juni enttäuscht die Hoffnung auf konkrete Informationen – es geht abermals weder auf die Probleme des Unternehmens noch auf die Probleme der Investments ein. Auf Anfragen von fondstelegramm hat das Unternehmen nicht reagiert. Deshalb kursieren unterschiedliche Gerüchte und Meinungen im Markt. Dem Vernehmen nach sollen eine oder mehrere chinesische Reedereien in Zahlungsverzug sein. Außerdem sollen Reedereien Container, bei denen die Mietverträge ausgelaufen sind, an Magellan zurückgegeben haben und ohne neue Beschäftigung in Depots gelagert worden sein. Gegenüber dem Vertriebspool Netfonds erklärte Magellan-Eigentümer Carsten Jans: „Es sind nicht nur die Container real vorhanden, sondern auch die bestehenden Verträge nicht alle in Gefahr (und somit auch nicht das Vermögen der Investoren).“

Verlustpotenzial. Nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters stehen rund 350 Millionen Euro von etwa 9.000 Anlegern im Feuer. Damit dürfte der größte Teil der Magellan-Kunden von der Insolvenz betroffen sein. Das Unternehmen sprach zuletzt davon, mehr als 10.000 private und institutionelle Investoren zu haben, die seit 2005 59 Direktinvestments gezeichnet haben, von denen 25 vollständig getilgt sein sollen. Die verwaltete Containerflotte soll 205.000 TEU groß und an die „Top-Linienreedereien“ dieser Welt vermietet sein. Sie besteht vorwiegend aus 20- und 40-Fuß-Standardcontainern und 40-Fuß-Highcube-Containern. Letzteren haben die Anleger voriges Jahr für 3.975 Euro pro Stück erhalten. Den 20-Fuß-Standardcontainer verkaufte Magellan für 2.100 Euro. Im Buschfunk der Branche ist hören, dass vereinzelte Anleger noch die Mieten für das erste Quartal 2016 erhalten haben.

Lange Gesichter. Im Vertrieb schlug die Insolvenznachricht wie eine Bombe ein. Es heißt, dass Investoren bei Magellan in den vergangenen Jahren für rund 80 bis 100 Millionen Euro pro Jahr Container gekauft haben. Magellan genoss einen relativ guten Ruf und hatte zahlreiche große Pools als Vertriebspartner im Rücken. Einer davon ist JDC, der nach Brancheninformationen noch etwa 18 Millionen Euro „im Bestand“ hat. Die Vertriebsgesellschaft ersucht die angeschlossenen Vermittler und Berater: „Wir bitten Sie ihre Kunden zunächst noch zu beruhigen und sie über die Optionen, die wir organisieren zu informieren.“ JDC hat bei der Kanzlei Andersen Weyer Rechtsanwälte ein Angebot für die Anleger zur „Überprüfung von Alternativen“ angefordert.

Hilfsmaßnahmen. Netfonds hat pro Jahr rund neun Millionen Euro mit Magellan-Containern umgesetzt. Die Vertriebspartner werden „so zeitnah wie wir es können“ informiert, erklärt Netfonds-Vorstand Karsten Dümmler auf Nachfrage. Es bestehe „eine Resthoffnung, dass es sich nur um eine kurzfristige Liquiditätsklemme“ handle. Hilfsmaßnahmen für die Anleger sind noch nicht getroffen worden, das ist aber laut Dümmler im weiteren Verlauf nicht ausgeschlossen. Zunächst einmal konkrete Informationen abwarten ist auch die Devise von Apano. Die Gesellschaft hat rund 60 Kundenverträge mit einem Investitionsvolumen von etwas mehr als einer Million Euro vermittelt. „Die Nachricht hat uns geschockt. Wir haben unsere Kunden sofort schriftlich informiert“, berichtet der Markus Sievers, geschäftsführender Gesellschafter bei Apano.

Tauchstation. Nicht nur Magellan hat auf die fondstelegramm-Anfrage nicht reagiert. Auch der Vertriebspool BIT Treuhand und das frühere Emissionshaus Hesse Newman, das vor einigen Jahren in beträchtlicher Höhe Investitionen in Magellan-Container abgewickelt hat, schweigen sich aus. Kurioserweise hat BIT am Montag noch eine „Blitz-Info“ mit einer Mitteilung des Containeranbieters P&R versendet. Darin heißt es: „Es ist erfreulich, dass — insbesondere aus Sicht des Gesamt-Container-Marktes — die gewohnte Kontinuität gegeben ist. Die bonitätsmäßig hervorragend einzustufenden Industriepartner verleihen uns die notwendige Stabilität für dauerhaft erfolgreich und marktgerecht kalkulierbare Investitionsmöglichkeiten und fristgerechte Mietzahlungen an die Kunden.“

fondstelegramm-Meinung. Die Pleite von Magellan ist für die Investoren tragisch und für den Vertrieb ein Schlag ins Gesicht. Sie müssen sich nun mit den Kunden auseinandersetzen und erneut heftige Probleme erklären, während die Kritiker der Sachwertinvestments die Keule „Grauer Kapitalmarkt“ herausholen. Wenn Magellan nicht transparent und professionell kommuniziert, droht ein großer Flurschaden im Vertrieb von Container-Direktinvestments. Die Anleger werden mit konkreten Informationen kurz gehalten und müssen sich in Geduld üben. Für das Unternehmen Magellan, das Kritiker vom hohen Ross herab diskreditiert hat, gilt: Hochmut kommt stets vor dem Fall.