Angebote zu Immobilienverrentung. Nur wenige Unternehmen bieten Eigentümern an, die von ihnen bewohnte Immobilie zu erwerben und statt eines Kaufpreises lebenslang eine monatliche Rente zu zahlen und zu erlauben, dass der Verkäufer in den einst eigenen vier Wänden wohnen bleibt. Zu den Anbietern gehören die Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG und die Stiftung Liebenau. Beide Leibrenten-Anbieter haben anhand eines von fondstelegramm vorgegebenen Beispiels dargelegt, mit welchen Zahlungen ein Leibrentenempfänger rechnen könnte.

Leibrente. Anders als die Umkehrhypothek, die auf einem Kreditvertrag fußt und sich wegen hoher Kosten am Markt nicht durchsetzen konnte, basiert das Leibrentenmodell auf einem Immobilienkaufvertrag. Das Grundprinzip der Leibrente besteht darin, dass ein Immobilieneigentümer die von ihm selbst bewohnte Immobilie veräußert und im Gegenzug dafür lebenslang eine monatliche Rente und ein Wohnrecht im verkauften Haus erhält. Die Leibrente wird im Grundbuch als Reallast eingetragen. Der Wohnberechtigte trägt die umlagefähigen Bewirtschaftungskosten, der neue Hauseigentümer die nicht umlagefähigen Kosten wie beispielsweise die Instandhaltung. Wenn der Vertrag auch auf den Lebenspartner abgeschlossen ist, darf er die Leibrente weiterbeziehen und im Haus wohnen bleiben, falls der Partner in ein Pflegeheim umzieht oder verstirbt. Für das Modell gibt es je nach Anbieter diverse Ausgestaltungsmöglichkeiten. So können zum Beispiel Mindestlaufzeiten für die Rentenzahlungen festgelegt werden, Einmalzahlungen vereinbart und die Instandhaltung auf den Leibrentenempfänger übertragen werden.
Auch bei der Ermittlung der Leibrente gehen die Anbieter, wegen fehlender einheitlicher Rahmenbedingungen, von unterschiedlichen Prämissen aus, sodass derselbe Senior mit derselben Immobilie unterschiedliche Angebote erwarten darf. Basis für die Berechnung sind Alter und Geschlecht des Verkäufers und eine Sterbetafel. Sterbetafeln werden von verschiedenen Einrichtungen und Organisationen zur Verfügung gestellt und weisen jeweils noch zu erwartende Lebensjahre aus. Eine weitere wichtige Kennziffer ist der Verkehrswert der Immobilie. Von ihm wird der kapitalisierte Wohnwert abgezogen, da die Immobilie weiterhin vom Verkäufer bewohnt wird. Sicherheitsabschläge können den verbleibenden Basiswert für die Rentenzahlungen weiterhin mindern. Neben den Erwerbsnebenkosten, die indirekt in die Leibrenten-Berechnung einfließen, können weitere Kosten und Gebühren erhoben werden. Aus rein finanzieller Sicht lohnt sich ein Leibrentenmodell in der Regel nicht.
Einen ausführlichen Artikel zum Thema Leibrente finden Sie in der Fondszeitung Ausgabe 1 2018.

Historie. Die 2013 gegründete Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG ist ein Immobilienunternehmen, das auf Leibrenten spezialisiert ist. Ihr Grundkapital liegt bei 15 Millionen Euro. 95 Prozent der Aktien gehören der Hevella Capital KGaA, einem Beteiligungsunternehmen der Obotritia Capital KGaA aus Potsdam. Hevella Capital hat für den Anbieter eine Patronatserklärung abgegeben. Die Obotritia Capital beendete das Geschäftsjahr 2016 mit einem Bilanzgewinn von rund 7,6 Millionen Euro bei einer Bilanzsumme von rund 192 Millionen Euro und einer Eigenkapitalquote von 19,7 Prozent. Nach eigenen Angaben finanziert sich die Deutsche Leibrenten Grundbesitz ausschließlich aus dem Eigenkapital seiner Eigentümer und nicht über Banken. Vorstand ist Immobilienökonom Friedrich Thiele.
Die 1873 gegründete Stiftung Liebenau, kirchliche Stiftung privaten Rechts, ist in mehreren europäischen Ländern vertreten, in Deutschland in den Bundesländern Sachsen, Hessen und Bayern. Die Stiftung ist karitativ tätig in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Bildung und in der Pflege. Sie erhält nach eigenen Angaben pro Jahr 200 bis 300 Anfragen zur Finanzierung einer Leibrente.

Fallbeispiel. Für fiktive Leibrentenempfänger wurden drei Varianten ausgewählt: ein Ehepaar mit einem 78 Jahre alten Mann und einer 70-jährigen Frau, die zwei Kinder haben; ein nicht verheiratetes Paar, 78 und 70 Jahre alt mit zwei Kindern aus früheren Beziehungen; ein alleinstehender 78-Jähriger ohne Kinder.
Die fiktive Immobilie liegt im hessischen Eschborn-Niederhöchststadt, auf einem 736 Quadratmeter messenden Grundstück in einer sehr ruhigen Wohnlage. Sie hat einen Verkehrswert von 750.000 Euro. Das 1979 errichtete Einfamilienhaus misst 156 Quadratmeter Wohnfläche zuzüglich 79 Quadratmeter Nutzfläche. Es befindet sich in einem guten baulichen Zustand. Im Verlaufe der kommenden fünf Jahre steht eine Erneuerung der Heizung für 20.000 Euro an. Zum Objekt gehört eine Garage. Das Objekt ist grundbuchlich unbelastet. Die ortsübliche Vergleichsmiete liegt bei 10,56 Euro. Die angenommenen Personen wohnen seit Fertigstellung in diesem Haus.

Höhe der monatlichen Rentenzahlung. Alle nachfolgenden Zahlen sind Angaben der Anbieter, deren Herleitung sie aber nicht offenlegen.
Für beide Anbieter spielt es keine Rolle, ob das Paar verheiratet ist. Wichtig ist nur, ob beide im Vertrag über die Leibrente aufgeführt sind. Ausschlaggebend für die Berechnungen ist stets die jüngere Person. Kinder spielen keine Rolle. Die Berechnungen beider Anbieter basieren auf der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamts.
Wir gehen davon aus, dass auch die Stiftung Liebenau die Instandhaltung trägt. Bei der Deutschen Leibrenten Grundbesitz hält jedenfalls der Immobilienkäufer das Objekt instand. Instandhaltungsstau und kurzfristig anstehende Reparaturen, wie hier die Erneuerung der Heizung, schlagen sich im Verkehrswert nieder.
Bei der Stiftung Liebenau bekäme das Pärchen lebenslang 950 Euro monatlich. Die Deutsche Leibrenten Grundbesitz ermittelte eine lebenslange Rente von 1.520 Euro pro Monat. Würden die Rentenempfänger 20.000 Euro als Einmalzahlung verlangen, würde die Monatsrente bei der Stiftung Liebenau auf 830 Euro sinken und die monatlichen Ratenzahlungen der Deutschen Leibrenten Grundbesitz auf 1.370 Euro.
Der alleinstehende 78-Jährige würde von der Stiftung Liebenau 2.550 Euro monatlich beziehen. Von der Deutschen Leibrenten Grundbesitz hätte er 4.417 Euro zu erwarten. Die Renten werden lebenslang gezahlt. Würden 20.000 Euro als einmalige Zahlung an den Leibrentenempfänger gehen, blieben ihm bei der Stiftung Liebenau 2.350 Euro monatlich und bei der Deutschen Leibrenten Grundbesitz 4.180 Euro.
Für beide Anbieter gilt, egal ob verheiratet oder nicht, wenn beide Partner im Vertrag berücksichtigt sind, wird die Leibrente weitergezahlt, auch wenn einer der Lebenspartner in ein Pflegeheim umziehen muss oder stirbt.
Beide Anbieter geben an, dass sie keine eigenen Gebühren erheben, auch keine, die mit den Monatszahlungen verrechnet werden. Auch Verwaltungskosten für die Immobilie werden von beiden nicht erhoben. Der Käufer muss die üblichen Erwerbsnebenkosten wie Notar-, Gerichtkosten und Grunderwerbsteuer tragen und wird diese Kosten bei seiner Ratenkalkulation berücksichtigen. Die umlegbaren laufenden Bewirtschaftungskosten tragen die Wohnberechtigten, das betrifft auch die Grundsteuer.
Erben haben nur dann etwas von der Leibrente, falls eine Mindestlaufzeit vereinbart wurde und die Rentenempfänger vor Ablauf des Zeitraums versterben. Die Erben würden bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit die Renten weiterbeziehen.
Der Verkehrswert für dieses Beispiel wurde vorgegeben. Im Normalfall wird der Verkehrswert der Immobilie bei der Deutschen Leibrenten Grundbesitz vom TÜV-Süd ermittelt, weitere Sicherheitsabschläge werden nicht abgezogen. Für die Stiftung Liebenau erledigt das ein von der Stiftung beauftragter Bausachverständiger, vom so ermittelten Wert werden bis zu 25 Prozent Sicherheitsabschläge genommen -– je jünger der Verkäufer und je älter das Gebäude, desto höher fallen die Abschläge aus. Vielleicht ist das einer der Gründe für die deutlich niedrigeren Rentenzahlungen durch die Stiftung Liebenau im Vergleich zur Deutschen Leibrenten Grundbesitz.

Wohnrecht. Generell gilt bei beiden Anbietern das Wohnrecht für beide im Vertrag aufgeführten Personen ein Leben lang. Wenn beide Wohnrechtsinhaber umziehen müssen, wird bei der Stiftung Liebenau die Immobilie an die Stiftung übergeben, die dann das Objekt selbst nutzt oder vermietet. Das noch nicht abgewohnte Wohnrecht wird dem Wohnberechtigen ausgezahlt. Die Deutsche Leibrenten Grundbesitz stellt dem Wohnberechtigten frei, die Immobilie selbst zu vermieten und die Mieten zu behalten oder sie kauft dem Wohnberechtigten das nicht genutzte Wohnrecht gegen Zahlung eines Einmalbetrags ab.

fondstelegramm-Meinung. Angesichts dessen, dass längst nicht jeder Senior genug auf dem Konto hat, um sich lang ersehnte Lebensträume zu erfüllen oder um sich einfach nur einen angenehmen Lebensabend zu gestalten, steht für so manchen älteren Menschen der Verkauf des Eigenheims zur Debatte. Doch wer will schon im hohen Alter umziehen, sich von seinem Haus und seiner lang gewohnten Umgebung und den dort wohnenden Freunden trennen? Ist die Immobilie genügend wert und ist das Wohl der Erben nebensächlich, bietet die Leibrente einen überlegenswerten Ausweg. In unserem Beispielfall hat die Deutsche Leibrenten Grundbesitz eindeutig die Nase vorn. Für Interessenten, die sich für die Stiftung Liebenau entscheiden, dürfte der Stiftungsgedanke ein wesentliches Entscheidungskriterium sein. Betroffene, die sich mit dem Modell der Leibrente angefreundet haben, sollten sich auf jeden Fall die Mühe machen, mehrere Angebote samt transparenter Berechnungen einzuholen – die Mühe ist echtes Geld wert. Nicht nur die Versprechungen der Anbieter sollten bei der Auswahl eine entscheidende Rolle spielen, sondern auch deren Bonität, denn schließlich soll der Immobilienkäufer über viele Jahre lang die monatlichen Renten zahlen können.

Leibrente – für Anbieter ein noch jungfräulicher Markt und für Interessenten eine Aufforderung, sich mehrere Vergleichsangebote einzuholen.