„Impact Investing“ liegt im Trend, das wirkungsorientierte Investieren verändert auch die deutsche Stiftungslandschaft. Die Rockefeller-Stiftung hat den Begriff im Jahr 2007 geprägt. In den USA boomt dieser Markt bereits. Mark Haefele von der UBS Vermögensverwaltung sagte vergangenes Jahr: „Wir sind davon überzeugt, dass „Impact Investing“ in den nächsten 20 Jahren zu den besten Investitionsmöglichkeiten gehören wird“. Doch ist dem wirklich so? Wir sprachen mit Phineo, dem Berliner Analyse- und Beratungshaus für wirkungsvolles gesellschaftliches Engagement.

Frau Petrick, worum handelt es sich beim Impact Investing? Was verstehen Sie darunter?
Stephanie Petrick: Impact Investing – übersetzt: wirkungsorientiertes Investieren – bedeutet, Geld mit der Aussicht auf soziale oder ökologische Wirkung und finanzielle Rendite anzulegen. Damit unterscheidet sich Impact Investing sowohl von der klassischen Kapitalanlage, die vorrangig auf Gewinne zielt, als auch von der traditionellen Spende, die in erster Linie gesellschaftliche Veränderungen anstoßen will.
Viele Investoren verfolgen heute bereits eine nachhaltige Anlagestrategie, indem sie ethische, soziale und ökologische Aspekte, sogenannte ESG Kriterien, in der Anlageentscheidung mit einfließen lassen und sich so ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Impact Investing geht noch einen Schritt weiter als nachhaltige Anlagen, indem gezielt in Organisationen, Unternehmen oder Fonds investiert werden, die als Kern oder Teil ihres Geschäftszwecks gezielte messbare und positive gesellschaftliche Wirkung haben. Die Vision von wirkungsorientiertem und nachhaltigem Investieren ist es, zu einem verantwortlichen Finanzsystem beizutragen.

Wirkungsorientiertes Investieren ist ein großer Trend bei Stiftungen – vom wirkungsorientierten Geben und strategischen Spenden zu Impact Investing. Werden aber damit nicht die Grenzen zwischen den verschiedenen Vermögenssphären einer Stiftung unterwandert? Oder anders gefragt: Was passiert, wenn ein Investment zwar die gewünschte Wirkung fördert, aber der Stiftung einen Kapitalverlust beschert? Wann wird dann die Stiftungsaufsicht aktiv?
Stephanie Petrick: Stiftungen können wirkungsorientiert aus dem Stiftungsvermögen oder in einigen Fällen auch aus den Fördermitteln tätigen. Werden Impact Investments aus dem Stiftungsvermögen getätigt, so werden sie in der Praxis häufig als Beimischung eines ansonsten bereits stark nach Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtetem Portfolio verwendet. Mit ihren Risiko- und Renditeerwartungen müssen sich die Impact Investments in einem auf Vermögenserhalt aus gerichteten Gesamtportfolio wiederfinden. Die Stiftungsaufsicht wird immer dann aktiv, wenn der Vermögenserhalt des gesamten Portfolios nicht mehr gegeben ist. Weil aber auch das Thema Impact Investing und die damit verbundenen Anlageformen, insbesondere in Bezug auf die Risikobewertung, für die Stiftungsaufsichten relativ neu ist, sind einige Impact Investing Pionierstiftungen wie beispielweise die BMW Stiftung dazu übergegangen sich regelmäßig mit der zuständigen Stiftungsaufsicht über ihr Impact Investing Portfolio auszutauschen.
Impact Investments werden manchen Fällen auch aus dem „Fördermitteltopf“ der Stiftung getätigt, beispielsweise wenn eine Stiftung ein niedrigverzinstes Darlehen an eine gemeinnützige Organisation gibt, können die Gelder nach Rückzahlung erneut investiert oder gespendet werden. Diese Gelder könnten durchaus mit einem „Impact first“ Ansatz investiert werden, bei dem die Wirkung und nicht der Kapitalerhalt im Vordergrund steht.

Wie wird sich die Idee des Impact Investings weiter entwickeln?
Stephanie Petrick: Noch befindet sich der Impact Investing Markt hierzulande auf geringem Niveau, dennoch beobachten wir seit einigen Jahren klar positive Indikatoren: mehr und mehr private und institutionelle Investoren versuchen ihre Vermögensanlage mit ihren gesellschaftlichen Zielen in Einklang zu bringen. Was sich in einem klar gestiegenem Anlagevermögen in diesem Bereich zeigt. Es gibt mehr Anlagemöglichkeiten und immer mehr Akteure, auch die der traditionellen Finanzindustrie, befassen sich mit der Entwicklung geeigneter Anlagemöglichkeiten.

Was braucht es um das Thema weiter zu entwickeln?
Stephanie Petrick: Neben einem fortgesetzten Wissensaufbau anhand von Beispielen, Erfahrungsberichten, Impact Investing Trainings und einer Vernetzung der Akteure, steht vor allen Dingen die Entwicklung geeigneter Anlageprodukte für eine breite Masse an Investoren im Vordergrund. Erfahrungen aus dem Ausland haben gezeigt, dass spezialisierte Intermediäre wie beispielsweise Berater, Vermögensverwalter und Plattformen entscheidend zur Marktentwicklung beigetragen haben. In Deutschland ist zudem die Einbindung politischer Akteure entscheidend, um auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Impact Investing zu verbessern. Phineo unterstützt in diesem Zusammenhang die Gründung der neuen Bundesinitiative Impact Investing – eine Interessenvertretung der Akteure im Feld, die in Zukunft auch verstärkt den Austausch mit der Politik suchen wird. Zudem bietet Phineo Informationen und Trainings zu Impact Investing Themen an, um den Wissensaufbau bei wirkungsorientierten Investoren zu fördern.

Bitte teilen Sie Ihre Praxiserfahrung mit uns. Welche Erfahrungen liegen mit Impact Investing Modellen vor?
Stephanie Petrick: Wir unterstützen und beraten Investoren dabei, strategische Wirkungsziele zu definieren und in ihre Kapitalanlage von der Anlagestrategie bis hin zur Umsetzung und Wirkungsberichterstattung der Investitionen zu integrieren. Beispielsweise wenn eine Stiftung verstehen möchte, mit welchen Strategien sie ihren Stitungszweck in Entwicklungsländern auch durch Impact Investments verwirklichen könnte oder wenn ein wirkungsorientierter Investor in Deutschland nach Tech Start-ups mit sozialer Wirkung sucht.
Gemeinsam mit den Partnern entwickeln und realisieren wir neue wirkungsorientierte Investitionsmöglichkeiten und Projekte, die innovative Lösungswege für gesellschaftliche Herausforderungen finden. Unser Angebot umfasst die Machbarkeitsprüfung eines Projekts, die Erstellung eines Finanzierungsmodells und die Umsetzung, das Fundraising und die Unterstützung beim Wirkungsmanagement.
Konkret prüfen wir gerade in einem EU-finanzierten Pilotprojekt die Umsetzung eines „Tech4Impact“ Fonds zur Frühphasen-Finanzierung, sogenanntes Seed Kapital, junger Technologie-Startups mit sozialer Wirkung. Zudem haben wir in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung und lokalen Akteuren in Mannheim und im Landkreis Osnabrück zwei Social Impact Bonds umgesetzt in den Bereichen Bildung mit dem Wirkungsziel Chancengerechtigkeit für Kinder mit Migrationshintergrund sowie in der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Wirkungsziel Stärkung von Familien mit Erziehungsproblemen. Beide Projekte sind erst gestartet, die Ergebnisse werden in 3 beziehungsweise 5 Jahren erwartet.

Gibt es Mythen, denen Sie immer wieder begegnen?
Stephanie Petrick: Ein Mythos, dem wir immer wieder begegnen, ist, dass Impact Investments keine ausreichenden Renditen erzielen. Zunächst einmal ist zu sagen, dass wirkungsorientiertes Investieren eine Anlagestrategie ist, bei der theoretisch in alle Anlageklassen investiert werden kann. Wie bei den Komponenten Rendite und Risiko gibt es auch bei der Wirkung ein breites Anlagespektrum: Investoren haben unterschiedliche Erwartungen an die Wirkung ihrer Impact Investments. Manche investieren wirkungsmaximierend gegebenenfalls unter Verzicht auf maximale finanzielle Renditen, andere möchten nicht auf finanzielle Renditen verzichten und zielen auf eine messbare positive, aber eben nicht maximale Wirkung ihrer Anlagen. Dass Impact Investments auch ohne Verzicht auf finanzielle Renditen möglich sind, wurde mittlerweile durch zahlreiche Studien, unter anderem vom Global Impact Investing Network, gezeigt.

Was erwarten sie von der im Koalitionsvertrag angekündigten Reform des Stiftungsrechts?
Stephanie Petrick: Der Bundesverband Deutscher Stiftungen bemüht sich seit einiger Zeit bei der anstehenden Reform des Stiftungsrechts auch Punkte in den Gesetzesvorschlag einzubringen, die die Voraussetzungen für wirkungsorientiertes Investieren in Deutschland verbessern könnten. Einige Stiftungen wie beispielsweise die Mitglieder des Arbeitskreises Impact Investing des Bundesverbands deutscher Stiftungen beweisen aber bereits heute eindrucksvoll, dass eine wirkungsorientierte Vermögensanlage auch bei derzeitiger Gesetzeslage möglich ist.

Stephanie Petrick ist Leiterin des Impact Investing Bereichs bei PHINEO.