Trend im Vertrieb. Die Branche der geschlossenen Fonds ist im Wandel, und mit ihr der Vertrieb. Die Banken haben in den vergangenen Jahren Vertriebsanteile gewonnen. Sie verfügen über eine hohe Schlagkraft. Initiatoren ist es in der Regel lieber, wenn wenige Vertriebe große Volumen bewegen als wenn viele Vertriebe jeweils kleinere Volumen bedienen. Freie Vertriebe beanspruchen auf der anderen Seite für sich, auf die Produkte besser vorbereitet zu sein. Über die Trends in stürmischen Zeiten sprechen Jörg Eusterhues (Nordwest Finanz-Vermögensberatung Gesellschaft der Sparkasse Bremen), Hans Ulrich Kosmack (Wirtschafts- und Finanzberatung Kosmack) und Helmut Schulz-Jodexnis (Jung DMS & Cie.).

fondstelegramm: Welche Kundenfragen bekomme Sie derzeit am häufigsten zu hören?

Kosmack: Natürlich beherrschen auch bei uns die Verwerfungen an den Finanzmärkten die derzeitigen Kundenfragen. Welche Korrelation besteht zwischen den Schwierigkeiten der Finanzinstitute und den geschlossenen Fondsprodukten, in denen die Kunden unseres Hauses überwiegend investiert sind? Wie wird sich die Krise auf den Welthandel und damit auch auf den Seetransport auswirken? Könnten Darlehensverträge aufgekündigt werden, weil die Kreditinstitute zahlungsunfähig sind? Neben diesen aktuellen Fragen stehen Handelbarkeit und Sicherheit im Fordergrund des Interesses.

fondstelegramm: Welche Segmente haben Ihre Kunden in diesem Jahr am stärksten nachgefragt? Welche Segmente liefen dagegen unter Ihren Erwartungen?

Schulz-Jodexnis: Besonders gut liefen bisher Schiffsbeteiligungen und US-Immobilienfonds. Unter den Erwartungen liefen die Segmente Flugzeuge, Private Equity, Inlandsimmobilien, Europa-Immobilien und erneuerbare Energien. Ebenfalls eher zurückhaltend war die Situation bei Infrastrukturangeboten.

fondstelegramm: Welches sind aus Ihrer Sicht die Vertriebsthemen und interessantesten Segmente für das kommende Jahr?

Eusterhues: Nach dem Wegfall des Progressionsvorbehalts für Investitionen in EU-Ländern rechnen wir vor allem mit Immobilienfonds im europäischen Ausland. Auch von Flusskreuzfahrtschiffen und erneuerbaren Energien, speziell dem Solarmarkt, versprechen wir uns einiges, ebenso von Waldfonds.

fondstelegramm: Innerhalb der Branche der geschlossene Fonds herrscht derzeit ein mächtiges Stühlerücken. Bringt das nicht unnötig Unruhe in den Markt und dadurch auch in den Vertrieb, weil eventuell bewerte Managementetagen wegbrechen?

Kosmack: Natürlich bedeutet jede Änderung Unruhe. Aber wie bei den großen Finanzinstituten, muss auch hier eine Marktbereinigung erfolgen. Die wirklich Erfolgreichen werden bleiben oder wiederkommen. Es gilt also, die Kontakte zu erhalten.

Eusterhues: Dieses Stühlerücken findet in Abständen ja immer wieder statt. Die handelnden Personen tauchen aber auch wieder auf. Wichtig für uns als Vertrieb ist ein tragfähiges Konzept. Was nutzt ein bekannter und renommierter Name eines Initiators oder der handelnden Personen, wenn der Fonds schlecht ausgestaltet ist.

fondstelegramm: Der Bankenvertrieb hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Wie wird sich das Verhältnis zwischen freien Vertrieben und Vertrieben mit Bankhintergrund entwickeln?

Eusterhues: Durch den Zugang zum Kunden wird der Vertrieb mit Bankenhintergrund gewinnen. Dem freien Vertrieb fällt es immer noch schwer, Fonds ohne Verlustzuweisung zu verkaufen.

Schulz-Jodexnis: Die Banken haben bei den Zertifikaten aus reiner Profitgier massive Fehlberatungen abgegeben. Ebensolche Fälle kennen wir bei Beteiligungen. Das könnte den Banken noch zusätzlich auf die Füße fallen. Unsere Einschätzung ist, dass die Banken zwar marktführend bleiben, aber der freie Vertrieb wie schon im vergangenen Jahr wieder deutlich Marktanteile gewinnen wird.

fondstelegramm: Rechnen Sie damit, dass der Vertrieb von geschlossenen Fonds stärker reguliert wird?

Kosmack: Die Regulierung geschlossener Fonds hat begonnen. Ich denke an die Prüfungen durch die Bafin, die Verschärfung des Fernabsatzgesetzes und die Anwendung des Geldwäschegesetzes jetzt auch auf geschlossene Fonds. Die Banken haben wohl ein verstärktes Interesse an einer weiterführenden Regulierung, da sie ihnen viele Vorteile bringt. Aufgrund ihrer starken Lobby, gehe ich davon aus, dass diesem Bankenwunsch auch nachgekommen wird.

fondstelegramm: Kommt es vor, dass Ihnen von Initiatoren zugesagte Kontingente am Vertrieb von geschlossenen Fonds wieder aberkannt werden?

Schulz-Jodexnis: Das ist passiert. Generell ist das eine schlechte Entwicklung, die zum einen mit plötzlicher Nachfrage von Banken und Großvertrieben oder zu kleinen Fondsvolumen, bei attraktiven Angeboten, verbunden ist. Generell entstehen hier zwei Probleme: Erstens verliert der Vertrieb das Vertrauen in Zusagen des Emissionshauses. Zweitens entsteht ein Zielkonflikt zwischen dem Wunsch des Emissionshauses, ein Produkt schnell zu platzieren, und dem Wunsch des Vertriebes eine qualitativ vernünftige Vermittlung und Beratung abzuliefern. Zum Beispiel waren einzelne Volumen plötzlich platziert, obwohl noch nicht einmal ein gedruckter Prospekt vorlag. Wir fassen Angebote ohne Prospekt und ohne Mindestplatzierungszeit nicht an. Generell wird der Vertrieb den Emittenten dieses opportunistische Vorgehen nicht danken und durchaus nachtragen. In Zeiten, wo der Vertrieb wieder deutlich mehr gefragt ist, ist das für die betroffenen Häuser sicher nachteilig.

fondstelegramm: Die Fondsprospekte sind seit Einführung der Bafin-Gestattung komplexer geworden. Wie bewerten Sie die Qualität der Prospekte am Markt? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Eusterhues: Die Qualität der Prospekte hängt doch sehr von der Erfahrung der handelnden Personen ab. Immer noch gibt es Fonds, deren Investitionen sich mir nicht immer erschließen. Ich denke da etwa an Dubaifonds, Bildungsfonds und Investitionen in Ölbohrplattformen. Verbesserungsbedarf besteht insbesondere in den Gesellschaftsverträgen: Den Vertrieben wird die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen leider oft verwehrt. Auch der Übertragungszeitpunkt von Fondsanteile meist zum 31. Dezember eines Jahres ist änderungswürdig.

Die vollständige Interviewrunde bringt die Fondszeitung in der Ausgabe 22-2008.