Abstimmung. Seit einigen Tagen dürfen die Anleger darüber abstimmen, ob der Insolvenzverwalter des zahlungsunfähigen Containermanagers Magellan dessen Container an die Buss Gruppe verkaufen soll. Den Investoren wird die Zustimmung damit schmackhaft gemacht, dass sie nur im Falle des Verkaufs noch Ende dieses Jahres die erste Auszahlung erhalten könnten. Leider werden die Anleger über wesentliche Aspekte des ausgehandelten Deals im Unklaren gelassen. Nachfragen werden mit dem Verweis auf eine Geheimhaltungsvereinbarung nicht beantwortet.

Ausgangslage. Magellan schlitterte im Frühjahr 2016 in die Insolvenz. Die Flotte besteht auf etwa 112.000 Container (Stand 1. Januar 2017). Etwa 90 Prozent der Boxen sind durch Anleger finanziert. Nach zwei juristischen Gutachten über die Rechte und Ansprüche der Investoren hat Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt mit der Buss Gruppe Verkaufshandlungen geführt. Die vermieteten Container verdienen Geld, wobei die Mieten, die ab dem Insolvenzantrag eingehen, in die Insolvenzmasse fließen. Ende 2016 waren 95 Prozent der Container vermietet. Über den Verkauf der Container müsste Borchardt die Investoren laut Gutachten von Professor Christoph Thole nicht abstimmen lassen. Er ist Direktor des Instituts für Internationales und Europäisches Insolvenzrecht an der Universität Köln. Thole bestätigte in seinem Gutachten, dass die Anleger wirtschaftlicher Eigentümer der von ihnen finanzierten Container sind. Der Insolvenzverwalter habe aber die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und könne die Container auch ohne Zustimmung der Eigentümer verkaufen.

Angebot. Buss Capital will dem Verlautbaren nach die Magellan-Container für 160 Millionen Euro erwerben. Weitere 15 Millionen US-Dollar soll Buss zahlen, wenn sich das Container-Portfolio „unter der Verwaltung von Buss positiv entwickelt“ und wenn „bestimmte Renditeschwellen“ erreicht werden. Laut Borchardt findet die Abstimmung auf ausdrücklichen Wunsch von Buss statt. Es muss eine „überwiegende Mehrheit“ der Anleger zustimmen, andernfalls findet der Verkauf nicht statt.

Alternative. Wenn Buss die Container nicht kauft, will Borchardt die Boxen behalten und erst sukzessive verkaufen, nachdem die bestehenden Mietverträge ausgelaufen sind. Für dieses Szenario gibt es eine von Magellan aufgestellte und von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte abgesegnete Prognose. Die Rückflüsse aus den Mieten und späteren Verkaufserlösen der Container, kurz „Abwicklungserfolg“, sollen sich auf 161,3 Millionen US-Dollar belaufen. In Euro werden die Rückflüsse mit unterschiedlichen Wechselkursen in einer Bandbreite von 128 bis 178 Millionen Euro angegeben. Borchardt plädiert allerdings für den Verkauf, weil die Risiken bei der Fortführung höher seien und das Insolvenzverfahren länger dauern würde.

Offene Fragen. Die Unterlagen, die Borchardt allen Anlegern gesendet hat, lassen wichtige Informationen vermissen. Zentrale Fragen lauten: Wie kommt der von Buss gebotene Kaufpreis zustande? Wie hoch ist der Kaufpreis pro Container beziehungsweise pro der Container-Einheit CEU? Will Buss alle Container kaufen oder bleibt ein Teil außen vor? Zu welchem Stichtag soll der Verkauf stattfinden und wann muss Buss bezahlen? Kann Buss in Etappen bezahlen und was passiert in diesem Fall mit den Mieten? Hat Buss eine Finanzierungszusage von einer Bank und wie lange gilt diese? Wann und unter welchen Umständen wird der Bonus in Höhe von 15 Millionen US-Dollar fällig? Was ist unter der „positiven Entwicklung unter der Verwaltung von Buss“ und unter den „bestimmten Renditeschwellen“ zu verstehen? Und last but not least: Wann ist eine Mehrheit „überwiegend“?

Geheimhaltungszirkel. In der Unterlagen für die Anleger befinden sich keine Informationen über die Modalitäten des Verkaufs an Buss. Das Unternehmen beantwortet wegen einer „vereinbarten Verschwiegenheit“ keine Fragen. Die Presseagentur des Insolvenzverwalters verweist auf „umfangreiche Informationen“ in den Unterlagen, die in eine „fundierte Basis für eine Entscheidung“ seien. Aufgrund der vielen offenen Fragen ist aber genau das nicht der Fall.

Irritierend. Für die Geheimniskrämerei haben die Protagonisten sicher gute Gründe. Schließlich könnten Antworten weitere Fragen aufwerfen und letztlich das umjubelte Kaufangebot in Frage stellen. Denn erklärungsbedürftig ist es auf jeden Fall. Dazu ein Beispiel: In den Erläuterungen zur Berechnung des Schadensersatzanspruchs der Anleger sieht man, dass die Containerpreise aus dem dritten Quartal 2016 herangezogen wurden. Das muss laut Borchardt wegen der Insolvenzordnung so sein. Die alten Preise sollen, wie es weiter heißt, der "Ausgangswert der Schätzung" sein. Ob und wie dann aber die kräftigen Steigerungen der Containerpreise in den vergangenen beiden Quartalen berücksichtigt wurden, wird nicht erklärt.

Langwierig. Auch beim Verkauf an Buss dauert das Insolvenzverfahren offenbar noch fünf bis sieben Jahre. Jedenfalls hat Borchardt erst in diesem Zeitraum die Schlussverteilung angekündigt. 2019 könnte es eventuell eine weitere Abschlagszahlung geben. Bei der Fortführung und schrittweisen Abwicklung des Portfolios rechnet der Insolvenzverwalter mit einer Verfahrensdauer von sieben bis neun Jahren.

Angemessen und fair? Auf Basis der Informationen, die an die Anleger gesendet wurden, lässt sich nicht beurteilen, ob Buss und der Insolvenzverwalter einen marktgerechten Verkaufspreis ausgehandelt haben und ob die Vertragsmodalitäten für alle Beteiligten gleichermaßen fair sind. Buss versucht indes mit der Abstimmung unter den Anlegern einen Schachzug. Das Unternehmen weiß, dass das Thema Magellan heikel und emotional geladen ist. Stimmen die Anleger für den Deal, könnte Buss bei Kritik immer ganz einfach auf das Votum der Investoren verweisen. Motto: „Ihr wurdet gefragt, ihr wolltet es so, also ist es jetzt so.“

fondstelegramm-Meinung. Buss will unbedingt den Segen der Anleger für den Kauf der Container haben. Deshalb sollten das erfahrene Containerunternehmen, das selbst sehr genau weiß, wie wichtig Transparenz ist, und der Insolvenzverwalter mit offenen Karten spielen. Anleger und Vertriebe, die mit den vorliegenden Informationen nicht so viel anfangen können und sich deshalb bei der Entscheidungsfindung schwer tun, sollten ihre Fragen ordentlich beantwortet bekommen.