Situation. Der Anlagenotstand institutioneller und privater Anleger, die Niedrigzinspolitik und mangelnde Angebote im Sektor mit relativ geringen Risiken – das alles führt zu einer hohen Nachfrage nach Pflegeimmobilien. Da das Angebot an herkömmlich genutzten Immobilien, wie Büro- und Einzelhandelsobjekte, begrenzt ist, akzeptieren Anleger auch Betreiberimmobilien. Durch die demografischen Voraussetzungen und den territorial unterschiedlich hohen, aber meist noch vorhandenen Bedarf an Pflegeheimen, fällt die Scheu, sich auf Pflegeimmobilien einzulassen. Zahlreiche Aspekte, die bei einem Kauf einer Pflegeimmobilie zu berücksichtigen sind, werden von vielen Direktanbietern nicht transparent gemacht, so dass Anleger die Pflegeapartments oft blauäugig erwerben.

Markt und Trend. Der politische Wille ist auf die Stärkung der ambulanten Pflege gerichtet, zu Lasten der vollstationären Pflege. Das unterstreicht auch der Entwurf des Dritten Pflegestärkungsgesetzes. Trotz der berechtigten Annahme, dass die ambulante Pflege zu Lasten der vollstationären Pflege anziehen wird, schätzt Wüest & Partner im Rahmen seines Pflegeatlas Deutschland 2016 ein, dass es in Deutschland bis 2025 einen zusätzlichen Bedarf an insgesamt 2.000 neuen Pflegeheimen mit jeweils 100 Pflegeplätzen geben wird. Den größten Nachholbedarf bei der Schaffung von Pflegeplätzen bis 2025 sieht Wüest & Partner in Berlin mit 10.500 Plätzen, in Hamburg mit 3.530 Pflegeplätzen und in der Region Hannover mit 3.340 Betten. In München liegt der Mehrbedarf bis 2025 bei 1.705 Pflegeplätzen, in Dresden bei 1.610 Betten. Über jeweils 1.000 Pflegeplätze werden bis 2025 in Köln, Leipzig, Bremen, Recklinghausen und Stuttgart benötigt. Einen außergewöhnlich geringen Bedarf sieht Wüest & Partner dagegen in Städten und Kreisen Bayerns und Rheinland-Pfalz. Allerdings ersetzen derartige pauschale Aussagen keine eingehende Analyse des Mikrostandorts.
CBRE verzeichnete im ersten Halbjahr 2016 einen regelrechten Run auf Pflegeimmobilien. Das Transaktionsvolumen übertraf das des gesamten Jahres 2015. Der Ankauf war geprägt von großvolumigen Portfolioankäufen, die 71 Prozent des gesamten Volumens ausmachten. Zwei Drittel der Nachfrage stammte aus dem Inland. Nur sieben Prozent der Transaktionen betraf Neubauten. Denn hier konkurrieren die Pflegeimmobilien mit wohnwirtschaftlich genutzten Objekten. Das Gros der gehandelten Objekte waren Bestandsimmobilien, bevorzugt wurden etablierte Einrichtungen in guter Lage. CBRE stellt fest, dass die verstärkte Nachfrage nach Pflegeimmobilien auch daran liegt, dass Deutschland ein derzeit sehr attraktiver Immobilienstandort und das Angebot an klassisch genutzten Objekten (Handel, Büro) nur begrenzt ist. Lang laufende Mietverträge und steigende Auslastungszahlen von Heimen stimmen die Investoren positiv. CBRE rechnet für 2016 mit einem neuen Rekordwert an Transaktionen im Pflegeimmobilienbereich.

Renditen und Vervielfältiger. Ende 2015 wurden laut CBRE für Pflegeimmobilien Spitzenrenditen (Nettoanfangsrenditen) von 6,25 Prozent erreicht beziehungsweise Vervielfältiger von 16. Die Spitzenrenditen liegen 2,13 Prozentpunkte höher als die erstklassiger Büroimmobilien und 1,25 Prozentpunkte über denen von Hotels.
Viele Immobilienunternehmen betreiben derzeit ein lukratives Geschäft, indem sie Pflegeimmobilien erwerben, im Sinne des WEG teilen und das Teileigentum mit dem Sondereigentum an einem Pflegeapartment, einer Betreuten Wohnung oder einem Tagespflegezimmer, verbunden mit Miteigentumsanteilen an gemeinschaftlichen Räumen und Flächen, zu horrenden Preisen an Anleger verkaufen. Die Angebote einer aktuellen Stichprobe liegen beim 21-Fachen. Das sind 5 Jahresmieten über den Spitzenpreisen. Doch damit ist für den Anleger die Geldausgabe längst nicht beendet.
Anbieter geschlossener Fonds stehen beim Kauf einer neuen Pflegeimmobilie im Wettbewerb mit den Akteuren des eben erwähnten Aufteilergeschäfts. Die 2015 und 2016 emittierten Fonds erwarben die Immobilien zwischen dem 13- und 14-Fachen. Es fällt zunehmend schwer, einen wirtschaftlich sinnvollen Fonds unter diesen Bedingungen auf den Markt zu bringen. Anders als im Aufteilergeschäft, wird den Fondsanbietern von Gesetzes wegen genau auf die Finger geschaut. Kenner wissen, dass ein Fonds Nebenkosten verursacht. Selbst wenn die einmaligen Fondsnebenkosten zum Kaufpreis addiert würden, läge der Vervielfältiger nur um etwa zwei Jahresmieten höher. Das ist für den Anleger immer noch weitaus günstiger als das Aufteilergeschäft.

Rechtliches. Thomas Kasper, Referent Recht beim Zentralen Immobilienausschuss ZIA empfiehlt jedem Kaufinteressenten von Teileigentum an einem Pflegeapartment, die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen, der sowohl auf das Wohnungseigentumsgesetz als auch auf Betreiberimmobilien spezialisiert ist. Denn nur was die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung wörtlich darlegen, ist rechtlich bindend.
Teileigentum bedeutet, dass der Anleger Eigentum erwirbt und in Höhe seines Miteigentumsanteils haftet. Bezogen auf sein Apartment ist er direkter Vertragspartner des Betreibers. Pflegeimmobilieneigentum über eine Fondsgesellschaft zu halten, ist hingegen weniger aufwendig als der Besitz von Teileigentum. Im Fonds kümmern sich die Fondsgeschäftsführung und der Treuhänder um die Immobilie und das Verhältnis zum Betreiber.
Schwierig wird es zum Beispiel, wenn Umbauten an der Immobilie anstehen. Ab wann eine Teilungserklärung geändert werden muss, hängt vom Einzelfall ab, so Thomas Kasper. Im Falle einer Gebäudeerweiterung müssen alle Eigentümer ausdrücklich zustimmen und die Änderung muss notariell beurkundet werden, um im Grundbuch eingetragen werden zu können. Problematisch wird es auch, wenn die Pflegeeinrichtung einem anderen Zweck zugeführt werden soll (Nutzungsänderung – denkbar bei Insolvenz des Pächters oder bei Auslaufen des Pachtvertrags). In dem Falle müssten ebenfalls alle Eigentümer einer Zweckänderung zustimmen. Bei größeren Teileigentümer-Gemeinschaften ist es faktisch ausgeschlossen, Einstimmigkeit zu erreichen, weiß Thomas Kasper.
Der Denkfehler vieler Pflegeapartmentkäufer besteht darin, dass sie meinen, eine Eigentumswohnung erworben zu haben. Gerade bei einem Verkauf der Immobilie kommt es weniger auf deren Optik an, als vielmehr auf den Inhalt der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung und auf die verbleibende Mietvertragslaufzeit mit dem Betreiber und seine Bonität. Eigenbedarf können die Teileigentümer im Regelfall nicht geltend machen. Hier ist entscheidend, was Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung dazu ausführen.
Dass in der Praxis häufig kleinere Untergemeinschaften gebildet werden – zum Beispiel eine für Betreutes Wohnen, eine für vollstationäre Pflege und eine für die Tagespflege – ist nach Auffassung von Thomas Kasper rechtlich fragwürdig, da diese Vorgehensweise im WEG nicht ausdrücklich verankert ist. Möglicherweise halten derartige Vertragskonstruktionen nicht stand und das WEG würde uneingeschränkt gelten, was dazu führen würde, dass Beschlüsse großer Teileigentümergemeinschaften einstimmig gefasst werden müssten, was bei großen Anlagen sehr problematisch wäre.
Einen Pluspunkt hat das Direkteigentum gegenüber einer Fondsbeteiligung jedoch: Es kann Gläubigern gegenüber leichter als eine Beteiligung als Sicherheit angeboten werden. Das Kapital wird nicht für eine Mindestlaufzeit, wie beim geschlossen Fonds, gebunden. Wurde jedoch ein Pflegeapartment überteuert gekauft und dann noch finanziert, stellt das keine Sicherheit mehr dar.

Aufteilermodelle – Dichtung und Wahrheit. Geworben wird mit einer Mietrendite (Jahresmiete durch Kaufpreis mal hundert). Diese berücksichtigt nicht die Erwerbsnebenkosten, die durch die unterschiedlich hohe Grunderwerbsteuer in den einzelnen Bundesländern erheblich abweichen können. Durch das Hinzurechnen der Grunderwerbsteuer von 3,5 bis 6,5 Prozent des Kaufpreises und der Notar- und Gerichtkosten von etwa 2 Prozent des Kaufpreises kann zum Beispiel eine in der Werbung angegebene Mietrendite von 4,7 Prozent um 0,25 bis 0,37 Prozentpunkte sinken – kling nach wenig, macht aber ein bis zwei Jahresmieten aus. Manchmal kommen noch Maklerkosten hinzu.
Leider werden die Anleger nicht explizit darauf hingewiesen, dass ihnen die Instandhaltung an Dach und Fach obliegt. Nur wer das Vertragswerk aufmerksam liest, dem wird die Vertragsklausel auffallen. Wie Dach und Fach definiert wird, kann im Einzelfall abweichen. Die Höhe der Kosten ist abhängig vom Alter und Zustand des Objekts. Selbst Objekte guter Qualität müssen zehn Jahre lang in Schuss gehalten werden, ehe sie steuerfrei veräußert werden können – Instandhaltungsmaßnahmen werden auf jeden Fall erforderlich. Die Kosten können zwischen 5 und 13 Euro je Quadratmeter Nutzfläche pro Jahr liegen. Bei einer angenommenen 46 Quadratmeter messenden Wohnfläche wären das zwischen 230 und 598 Euro jährlich, die auf den Anleger zukommen.
Pflegeimmobilien unterliegen politischen Entwicklungen und den daraus folgenden Heimbauverordnungen und -gesetzen der Bundesländer. Werden hier Änderungen vorgegeben, muss der Eigentümer des Heims darauf reagieren. Denkbar ist die Änderung baulicher Anforderungen, beispielsweise die maximal zulässige Anzahl an Pflegeplätzen pro Heim und die Einzelzimmerquote. Hier nützt dem Anleger auch eine Übergangsfrist von wenigen Jahren nichts. Rechtliche Schwierigkeiten, Handlungsunfähigkeit von Eigentümergemeinschaften, Behinderungen des Betreibers, Insolvenz des Betreibers, Betreiberwechsel mit Mietsenkungen sind mögliche Folgen.
Das Werbeargument, es sei völlig egal, wo die Pflegeimmobilie stehe, ist Unsinn. Der Pflegeplatzbedarf ist territorial sehr unterschiedlich. Er hängt nicht nur von demographischen Faktoren, sondern auch vom Wettbewerbsumfeld ab. Nur eine für den Makro- und Mikrostandort extra erstellte, qualifizierte Analyse gibt Auskunft darüber, ob vor Ort ein nachhaltiger Bedarf an Pflegeplätzen besteht. Viele Anbieter können dazu keine qualifizierten Angaben machen.
Die Argumentation, dass die Auslastung eines Pflegeheims den Eigentümer überhaupt nicht interessieren brauche, ist falsch. Denn erreicht ein Objekt nachhaltig nur sehr niedrige Belegungsquoten, erhält der Betreiber geringere Investitionskosten von den Pflegebedürftigen und gerät in Schwierigkeiten, seine Miete zu zahlen und für die Instandhaltung (ohne Dach und Fach) etwas zurückzulegen. Beides kann mittelfristig zur Insolvenz eines Betreibers führen. Ein Betreiberwechsel ist im Regelfall mit der Forderung verbunden, die Miete zu senken.
Genauso wichtig ist, dass der Verkäufer über den Betreiber umfassend informiert: wer ist der Betreiber, wer sind seine Patronatsgeber oder Muttergesellschaften, über welche Bonität verfügt er und welche Pflegenoten hat ihm der Medizinische Dienst der Krankenversicherung für das betreffende Heim erteilt. Wer die Möglichkeit hat, sollte dem Heim einen persönlichen Besuch abstatten und sich einen direkten Eindruck vom Heim und seinem Betrieb verschaffen, um die Atmosphäre im Heim direkt zu spüren.
Bei Werbungen über die Inflationssicherheit, muss beachten werden, dass die Mieten im Regelfall nur zwischen 60 und 70 Prozent an den Verbraucherpreisindex angepasst werden, wenn sich dieser um zehn Prozent geändert hat.
Wer seinen Immobilienkauf finanzieren möchte, muss zusätzlich die laufenden Zins- und Tilgungszahlungen berücksichtigen, denn die sind im Kaufangebot nicht enthalten. Hierbei ist es wichtig, nicht nur die heutigen niedrigen Zinssätze, sondern auch eine viel höhere Anschlussfinanzierung nach Ablauf der Zinsbindung zu kalkulieren.
Auch die von Maklern versprochene Eigenbelegung des Pflegeapartments ist tatsächlich nicht realisierbar. Die Eigentümer können allenfalls ganz oben auf die eventuell vorhandene Warteliste des Pflegeheims rutschen.
Bei geschlossenen Fondsbeteiligungen mit konkreten Immobilien ist ein derartiges Versteckspiel nicht möglich. Hier werden den Anlegern die voraussichtlichen laufenden Kosten des Fonds über die gesamte Laufzeit dargelegt. Nachschüsse müssen die Anleger nicht leisten. Es ist jedoch möglich, dass geplante Auszahlungen bei unvorhersehbaren oder anders verlaufenen Entwicklungen geringer ausfallen.

fondstelegramm-Meinung. Es stellt sich die Frage, warum die Finanzverwaltung mit derlei unterschiedlichen Maßstäben misst: im Fondsbereich werden die Flutlichter eingeschaltet und das Aufteilergeschäft darf sich im Dämmerlicht abspielen.

Es gibt keinen Grund, Pflegeapartments im Aufteilergeschäft für überzogene Preise zu erwerben.