Berufung. Im Rechtsstreit zwischen dem Investmentanbieter Solvium Capital und dem Versicherungskonzern Allianz sind die Würfel gefallen. Solvium hat unmittelbar vor der Verhandlung die Berufung zurückgezogen, deshalb wird das Urteil der ersten Instanz rechtskräftig. Das bedeutet: Es gab nie eine Versicherung und die Behauptung Solviums, dass es ein gültiges Versicherungsverhältnis mit der Allianz gegeben hat, ist falsch. Damit ist das Unternehmen endgültig überführt.

Verfahren. Das Landgericht Dortmund hatte im Dezember 2014 in der Klage, die von der Allianz gegen Solvium angestrengt wurde, zugunsten der Versicherung entschieden (fondstelegramm berichtete). Dagegen ging Solvium in Berufung. Die Verhandlung am Oberlandesgericht Hamm war für 1. September 2016 anberaumt. Am Tag davor zog Solvium die Berufung plötzlich zurück. Deshalb war die Verhandlung hinfällig und das erstinstanzliche Urteil aus Dortmund wird bestätigt.

Kalte Füße. Bis vor kurzem tat Solvium noch so, dass es selbstverständlich einen rechtsgültigen Versicherungsvertrag mit der Allianz gegeben habe. Deshalb kommt der Rückzieher von Solvium überraschend. Gegenüber dem Vertrieb erklärt Solvium nun, dass man sich einen jahrelangen Rechtsstreit bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs sparen wolle, da es nur ums Rechthaben gehe. Das dürfte aber eine Ausrede sein. Vom OLG Hamm gibt es zur Absage der Berufungstermins zwar keine Informationen. Es dürfte jedoch so gewesen sein, dass Solvium einen Hinweis erhalten hat, wie das Gericht zu entscheiden gedenkt.

Chronologie. fondstelegramm hat den Schwindel im Jahr 2013 aufgedeckt. Solvium warb für die Container-Investments der „Protect“-Reihe damit, dass das von den Anlegern eingezahlte Kapital und die Rendite bei der Allianz versichert seien. Der Versicherungskonzern wusste davon zunächst nichts und widersprach darauf angesprochen Solvium vehement: Es gibt keine Versicherung. Die Allianz erwirkte im Frühjahr 2013 eine einstweilige Verfügung gegen Solvium, die dann aber im Herbst 2013 von der nächsten Instanz aufgehoben wurde. Deshalb musste die Versicherung in einem Hauptsacheverfahren klären lassen, dass es die vermeintliche Versicherung nicht gibt.

Vertrag. Solvium beruft sich auf einen „Versicherungsvertrag“, der rechtswirksam geschlossen worden sein soll. Der „Vertrag“ wurde zwischen Solvium und dem Allianz-Makler Bert-Ulrich Weber in Nordrhein-Westfalen geschlossen. Involviert war außerdem der Industriemakler Nordtrust Insurance Broker aus Hamburg. Der Vertrag ist aber unwirksam, entschied das Landgericht Dortmund Ende 2014.

Kein Schutz. Abgesehen von der Unwirksamkeit der „Versicherung“, mit der Solvium im Vertrieb und der Vertrieb bei Anlegen geworben haben, war die gesamte Konstruktion eine Finte. Wie fondstelegramm vor Kurzem berichtete, nahmen es Solvium und der Ex-Allianz-Makler Bert-Ulrich Weber mit dem Versicherungsschutz in doppeltem Sinn nicht ernst. Denn in einer Nebenabrede wurden die im „Versicherungsvertrag“ getroffenen Leistungsverpflichtungen de facto wieder aufgehoben. Darüber wurden der Vertrieb und die Anleger natürlich nicht aufgeklärt.

fondstelegramm-Meinung. Die Posse um die Phantomversicherung ist nun zu Ende. Solvium ist endgültig überführt, letztlich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Anlegerkapital angeworben und eingesammelt zu haben. Zum Glück ist, wenn man das Solvium glauben kann, kein Anleger zu Schaden gekommen, weil der Versicherungsfall nicht eingetreten sei. Damit versucht das Unternehmen den Lügenskandal klein zu reden, frei nach dem Motto: Ein Betrug ist erst dann ein Betrug, wenn der Betrogene Geld verloren hat. Das kann man so sehen, wenn man will, aber juristisch gibt es diesbezüglich keinen Interpretationsspielraum, wie das LG Dortmund festgestellt hat.

Nach dem Ausgang dieses Gerichtsprozesses kann Solvium nicht (mehr) als seriöser Geschäftspartner gesehen werden.