Dilettanten und Betrüger. Wer hat nicht – und sei es nur innerlich – schon den Kopf geschüttelt, wenn er Stefan Loipfinger über die vielen Anbieter geschlossener Fonds sagen hörte: „Meiner Meinung nach: Drei Viertel Dilettanten und Betrüger“? Jetzt hat Stefan Loipfinger in 62 Episoden auf 300 Seiten Bilanz über 15 Jahre Fondsjournalismus gezogen. Man schüttelt nach ihrer Lektüre immer noch den Kopf. Aber nicht mehr über Loipfingers Einschätzung, sondern über das Gebaren zahlreicher Kräfte, die den Markt der Beteiligungen und der offenen Immobilienfonds getrieben haben und es noch tun.

Ross und Reiter. Loipfinger geht es um Transparenz und Aufrichtigkeit. Er hält sich jedoch nicht mit Appellen an die Branche auf oder verweist etwa auf den allgemeinen Zusammenhang von Informationspolitik eines Anbieters und die Qualität seiner Produkte. Ein großer Vorzug des Buches besteht darin, dass er Ross und Reiter nennt und seine Kritik an der gesamten Branche dezidiert am einzelnen Fall dingfest macht. Das wird den Genannten – einmal mehr – nicht schmecken, zumal es nicht nur um Träger vermeintlicher Altlasten der Branche, wie WGS, HAT oder Jürgen Hanne, Michael Vogelbacher und Wolfgang Görlich geht, sondern auch um Gerald Glasauer, Herbert Ebertz, Frank André Audilet und einige andere, die noch aktiv in der Branche sind.

Tacheles. Lopifinger redet Tacheles und zeigt wiederkehrende Muster in unterschiedlichen Konstellationen auf. Wenn ein Fondsobjekt zu einem über Marktniveau liegenden Preis in einen Fonds eingebracht wird, stellt sich nur allzu oft heraus, dass der Verkäufer mit dem Initiator direkt oder indirekt verbunden ist. Je schwieriger ein Produkt am Markt zu platzieren ist, umso üppiger fallen Vertriebsprovisionen aus und umso vehementer werden Ratings vertrieblich instrumentalisiert. OK, kennt man alles. Aber so klar und schwarz auf weiß auf den Punkt gebracht hat das bislang noch keiner.

Adressat Gesetzgeber. Die Brachenkritik geht aber nicht allein in Richtung Produktgeber und Vertrieb. Mindestens zu gleichen Teilen zielt Loipfingers Kritik auf eine unrühmliche Rolle des Gesetzgebers und der Bafin. Der Fall VIP, die bisherige Spitze des Desasters um Medienfonds, ist für ihn auch Beispiel einer kurzfristigen Gesetzgebung, die ihrerseits allein auf den kurzfristigen Vorteil bedacht ist.

Leidenschaft. „Mir war es sehr wichtig, all den Dilettanten, Luftschloss-Architekten und Verbalschaumlöfflern unter den Fondsanbietern öffentlich auf die Füße zu treten“, bekennt der Autor. Der größte Vorzug des Buches ist zugleich auch seine einzige Schwachstelle: Es ist ausgesprochen leidenschaftlich und emotional geschrieben. Stefan Loipfinger haut ganz schön auf die Pauke. Sein Buch ist nicht nur kurzweilig sondern spannend wie ein Krimi. Und genau das ermöglicht den Kritikern des Kritikers – einmal mehr – sich von ihm zu distanzieren und die Kritik als überzeichnet abzutun. Aber wer das Buch gelesen hat weiß, dass sie das tun werden und warum.

fondstelegramm-Meinung. Das Buch ist für zweierlei Leser empfehlenswert. Wer mit dem Markt der geschlossenen Fonds und offenen Immobilienfonds bislang nur wenig in Berührung kam, bekommt ein gutes Gespür für Zusammenhänge, die selten Thema sind, die aber konstitutiv nicht nur für diesen Teil des Kapitalmarkts sind: Die Rolle von Ratings und Gutachten, die spezifische Interessenslage von Produktgebern und Vertrieben, die Rolle entsprechender Anreizsysteme und nicht zuletzt der Stellenwert der Presse und ihrer Berichterstattung in diesem Mobile. Die Lektüre sei aber auch den Insidern empfohlen, die eh schon immer alles wussten. Denn sie bekommen hier nicht nur einen Einblick in die Arbeits- und Denkweise eines einzelnen Kritikers. Vielmehr können sie sich ein Bild über die Rolle und das Selbstverständnis eines unabhängigen und unerschrockenen Journalismus in einer gesetzlich wenig reglementierten Branche machen und Verständnis für so manchen Zungenschlag gewinnen.

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