Was beschäftigt Sie als Serviceanbieter für Risikomanagement von Immobilien derzeit am meisten?
Johannes Glasl: Wegen der steigenden Immobilienpreise ist die Stabilisierung des Cashflows von besonderer Bedeutung. Vor allem dann, wenn die Kaufpreise von Immobilien immer mehr in die Höhe schnellen, während die Mieteinnahmen weniger stark ansteigen. Deshalb ist es wichtig, intelligente Konzepte zu erarbeiten, die beispielweise Investoren großer Immobilienportfolios vor Mietverlust absichern. Aufgrund der vor vier Jahren in Kraft getretenen AIFM Richtlinie sind die Anforderungen an Risikomanagement sehr umfangreich. Hier begleiten wir zum Beispiel die Absicherung von Berufshaftungsrisiken unter Einhaltung der neuen gesetzlichen Vorgaben. Aber auch das Thema Digitalisierung ist allgegenwärtig: Wir unterstützen große Bestandskunden, beispielsweise indem wir ihnen Zugriff auf eine elektronische Schadenakte oder einen Realtime-Zugriff auf Informationen, Daten und Auswertungen ermöglichen.

Wie haben sich die Bewertungsmaßstäbe der Branche in den vergangenen Jahren verändert?
Johannes Glasl: Vor allem ist das Risiko ganzheitlich zu betrachten. Das vernachlässigen viele und konzentrieren sich zu sehr auf einzelne Risikofaktoren. Insbesondere müssen mögliche Wechselwirkungen zwischen den Faktoren in eine Risikobewertung einfließen.

Sie betreuen Immobilienportfolios von Immobilienfonds, Versorgungswerken, Immobilienverwaltern und Projektentwicklern. Haben sich die Anforderungen Ihrer Kunden verändert?
Johannes Glasl: Ja, das haben sie. Ich verweise in diesem Zusammenhang wieder auf die bereits erwähnten Entwicklungen, die uns am meisten beschäftigen: Die steigende Diskrepanz zwischen Kaufpreis und Mieteinnahmen oder die neuen gesetzlichen Vorgaben für Manager aller offenen und geschlossenen Fonds durch das Kapitalanlagegesetzbuch.
Aktuell gibt es darüber hinaus eine hohe Anzahl an Projektentwicklungen, die per se schon mit etlichen Risiken verbunden sind. Hinzu kommen Faktoren wie Zeit- und Kostendruck sowie Vertragsstrafen – beispielsweise, wenn Terminabsprachen nicht eingehalten werden. Diese Projekte haben einen besonders hohen Absicherungsbedarf.

Gibt es Bereiche, die schwierig abzusichern sind?
Johannes Glasl: Im Regelfall bereiten uns klassische Investmentobjekte, also Büros, Wohnungen und Gewerbe oder die Absicherung besonderer Risiken wie Mietverlust oder Elementargefahren keinerlei Probleme. Anders verhält sich das bei Risikofaktoren wie der Lage – beispielsweise überschwemmungsgefährdete Gebiete – oder der Nutzungsart wie zum Beispiel Recyclinghöfe. Diese sind deutlich herausfordernder abzusichern.

Was sind die größten Herausforderungen für den Immobilenmarkt in den kommenden Monaten?
Johannes Glasl: Da Immobilieninvestitionen immer mittel- oder langfristig getätigt werden, sehe ich in den nächsten Monaten keine großen Veränderungen auf uns zukommen. Seit Jahren beobachten wir einen extremen Anstieg institutioneller Anleger mit Investitionsfokus Immobilien und hohe verfügbare Liquidität in diesem Bereich. Damit verbunden steigt auch die Bereitschaft höhere Kaufpreise zu zahlen. Die Renditen geraten auf diese Weise automatisch unter Druck. Auch ein Überangebot, zum Beispiel an entwickelten Büroflächen in Großstädten, birgt Risiken. Diese Faktoren spielen in der Risikoabsicherung eine immer größere Rolle und werden uns in den kommenden Monaten und Jahren intensiv beschäftigen.

Wie schätzen Sie denn die Auswirkungen des Brexits ein?
Johannes Glasl: Das kann heute noch nicht genau gesagt werden. Wir beobachten aber beispielsweise bereits punktuell einen Rückgang von Arbeitsplätzen in London, weshalb die Nachfrage nach Büroimmobilien womöglich zurückgehen wird. Wesentlich relevanter ist der Wechselkurs von Euro und Britischen Pfund. Wenn in Euro investiert wurde und das Pfund gegenüber dem Euro verliert, kann dies ein deutlicher Nachteil für deutsche Investoren sein. Aber Panik unter den Anlegern ist aktuell nicht spürbar, im Gegenteil setzen immer noch viele auf Immobilieninvestitionen im Vereinigten Königreich.

Wie bewerten Sie die steigende Kapitaleinwerbung für Immobilien durch Crowdfunding? Ist Ihr Unternehmen dort schon aktiv?
Johannes Glasl: Prinzipiell finde ich Crowdfunding sehr interessant. Diese Beteiligungsform ist einfach umzusetzen und aufgrund geringer regulatorischer Anforderungen eine günstige Form der Beteiligungsfinanzierung. Dennoch ist beim Crowdfunding zu berücksichtigen, dass diese Finanzierungsform aufgrund ihrer Unkompliziertheit bei den Investoren Flexibilität, Dynamik und Einfachheit suggeriert: Insbesondere im Immobilienbereich werden Investitionen jedoch auf lange Sicht getätigt, dies passt mit der Wahrnehmung der Investoren unter Umständen nicht immer zusammen. Daher beraten wir Initiatoren generell – und so insbesondere auch hier - nicht nur beim Risikomanagement der Immobilien selbst, sondern auch zu Risiken im Zusammenhang mit dem Investmentvehikel.

Johannes Glasl ist Geschäftsführer der EURO Risk Immobilien Service GmbH.