Trotz guter Marktlage kämpfen Airlines ums Überleben. Die insgesamt gute Marktlage darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Fluggesellschaften ums Überleben kämpfen und manche den Kampf verlieren. Eine Dauerbaustelle ist die italienische Linie Alitalia. Die Airline hängt am Tropf des Staats und sucht seit langem Investoren. Bislang hat sich erst Delta aus den USA zu einem Investment bereit erklärt. Ein weiterer Partner wird gesucht, was sich weiterhin schwierig gestaltet. Mitte März sprang die große Hoffnung Easyjet ab. Nun halten Branchenkenner ein Engagement von China Eastern Airlines für möglich, zumal die asiatische Gesellschaft bereits mit Delta bei einem Investment bei Air France-KLM kooperiert. Viele Gesellschaften können dem Druck nicht standhalten und stürzen in die Insolvenz ab. Allein in Europa gab es im ersten Quartal 2019 drei Pleiten: Wow Air, Germania und Flybmi. Voriges Jahr erwischte es unter anderem Small Planet, Azur Air, Monarch, Primera Air und Skyworks. Anders als bei Air Berlin im Jahr 2017 handelt es sich hier um vergleichsweise kleine Insolvenzen, aber auch größere Gesellschaften wie die kriselnden Norwegian und Flybe sind Wackelkandidaten.

Konsortium kauft Flybe. Die 1979 gegründete britische Regionalfluggesellschaft Flybe meldete etwas überraschend im Herbst 2018 Probleme. Das Management stellte das Unternehmen kurzfristig zum Verkauf, um einen Absturz zu verhindern. Nach dem Jahreswechsel hat die Fluggesellschaft ihren Verkauf mit hohem Tempo forciert. Schließlich wurden Virgin Atlantic, Stobart Air und der Finanzinvestor Cyrus Capital Partners, die das Käuferkonsortium Connect Airways bilden, neue Eigentümer. Flybe ist Leasingnehmer bei zahlreichen deutschen Flugzeugfonds unter anderem des Initiators HEH in Hamburg. Die im November 2018 veröffentlichten Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2018/2019 sind durchwachsen. Flybe erzielte zwar einen Gewinn, allerdings waren die Ergebnis-Kennzahlen deutlich rückläufig: Der Umsatz sank im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017/2018 um 2,4 Prozent; der Gewinn brach um 54 Prozent ein. Operativ lief es gar nicht mal schlecht: Nachdem die Kapazitäten um neun Prozent reduziert wurden, stieg der Passagierumsatz pro Sitzplatz um acht Prozent. In dieser Größenordnung verbesserte sich auch die Auslastung der Flugzeugflotte. Die Zahl der Passagiere legte leicht auf etwas mehr als 5,2 Millionen Fluggäste zu. Probleme bereiteten Flybe aber die Kosten, und zwar nicht nur die operativen Betriebskosten, sondern auch die Finanzierungskosten. Beides belastete die freie Liquidität. Die HEH-Fonds sind von den Entwicklungen bei Flybe deutlich stärker betroffen als anfänglich erwartet. Die neuen Eigentümer haben alles zur Disposition gestellt und Beiträge der Geschäftspartner zur Sanierung gefordert. Wenn dies erfolglos bleibt, droht der Airline trotz des Verkaufs die Insolvenz. Von den HEH-Fonds hat Connect Airways einerseits die Reduzierung der Leasingraten gefordert. Andererseits sollen einige Flugzeuge früher an die Fondsgesellschaften zurückgegeben werden.

Flybe fordert Beitrag zu Sanierung. HEH hat über Publikumsfonds insgesamt 13 Flybe-Flugzeuge finanziert. Bis zur Krise haben laut HEH alle Fondsgesellschaften alle vereinbarten Zahlungen von Flybe pünktlich und vollständig erhalten. Außerdem haben die Fonds laut HEH alle Zins- und Tilgungszahlungen auf die langfristigen Fremdfinanzierungen geleistet. So gesehen liegen die Beteiligungen wirtschaftlich im Plan. Anfang März erhielten die Anleger Post. Flybe fordert von den Fonds in größerem Ausmaß Zugeständnisse: Einerseits will die Airline die Flugzeuge vom Typ Embraer E175 vorzeitig zurückgeben. Davon sind die Fonds „HEH Dublin“ und „HEH Southampton“ betroffen. Andererseits verlangt Flybe für die Q400-Maschinen von Bomardier eine Reduzierung der Leasingrate. Im Gegenzug sollen die Vertragslaufzeiten verlängert werden. Die Verhandlungsergebnisse erfordern die Zustimmung der Anleger, die letztlich auch erfolgte. Die E175 müssen ab dem Frühjahr 2020 neu vermietet werden. Das kostet laut HEH bis zu einer halben Million Dollar pro Flugzeug und bringt den Fonds deutlich geringe Leasingraten ein. Bei den Q400-Fonds sollen die Leasingraten rückwirkend beinahe halbiert werden. Die Vertragslaufzeit soll um 30 Monate verlängert werden. Die Auswirkungen auf die Finanzen der Fonds sind entsprechend: Zins und Tilgung der Darlehen müssen angepasst werden und die Auszahlungen an die Investoren müssen bis zur vollständigen Entschuldung ausgesetzt werden. Laut HEH könnten aber in Absprache mit den finanzierenden Banken jährlich zweiprozentige Auszahlungen möglich sein. Gemäß aktueller Prognosen ist das Anlegerkapitalin den Q400-Fonds nicht gefährdet. Der Initiator kalkuliert beispielsweise beim „HEH Edinburgh“ bis 2025 einen Gesamtmittelrückfluss von 184 Prozent.

Germania-Pleite tangiert Lloyd Fonds. Von diesem Ergebnis können die Anleger des Fonds „Air Portfolio II“ von Lloyd Fonds nur träumen. Diese Beteiligung war kürzlich zum zweiten Mal von einer Insolvenz betroffen. Bei Auflage der Beteiligung waren die beiden Fondsflugzeuge, zwei Airbus A319, an die kleine Chartergesellschaft HI Hamburg International vermietet. Sie ging im Herbst 2010 pleite und verlor ihre Betriebserlaubnis. Somit stand der 2007 aufgelegte Fonds ohne Mieter da. Anfang 2011 wurden die Flugzeuge zunächst für vier und später für weitere sechs Jahre an die Germania vermietet. Der Preis dafür war, dass die Fondsgesellschaft deutlich weniger Leasingeinnahmen erhält als 2007 kalkuliert wurden. Erfreulicherweise spilete bislang die finanzierende Bank mit, sodass der Fonds weiter bestehen konnte. Die Auszahlungen an die Anleger sind allerdings ausgesetzt. Sie stehen zurzeit bei insgesamt 7,5 Prozent.
Als nun Anfang Februar Germania Insolvenz anmeldete, hatten die Anleger Glück im Unglück. Germania hatte die Flugzeuge bereits längere Zeit an die Germania Flug AG in der Schweiz untervermietet. Dort ist sind die Maschinen problemlos in Betrieb und der Nutzer zahlt die vereinbarten Leasingraten. Zwischen den beiden Gesellschaften bestand eine Verflechtung in der Form, dass die Berliner Germania zu 40 Prozent an der Gesellschaft in der Schweiz beteiligt war. Dieses Verhältnis wurde nach der Insolvenz rasch aufgelöst. Eine Reiseunternehmerin übernahm die Germania Flug AG vollständig, sodass die Schweizer Gesellschaft nicht mehr von der Insolvenz in Berlin berührt ist. Laut Lloyd Fonds sind die Flugzeugfonds weiterhin bei Germania Flug im Einsatz. Der Initiator prüft mit seinem Assetmanager Doric mit dem aktuellen Mieter und anderen potenziellen Leasingnehmern den Abschluss eines längerfristigen Leasingvertrags. Aufgrund der „herausfordernden Wettbewerbssituation“ ist damit zu rechnen, dass die Fondsgesellschaft bei den Leasingraten erneut Zugeständnisse machen muss.

Fazit. Es fliegen so viele Menschen wie noch nie mit dem Flugzeug. Gleichzeitig ist das Fliegen so billig wie noch nie. Daher stehen die Airlines in einem enormen Wettbewerb, der viele Gesellschaften in die Bredouille bringt, obwohl die Luftfahrtindustrie ein Wachstumsmarkt mit positiven Zukunftsaussichten ist. Umso wichtiger ist für die Investoren, dass sie in etablierte Fluglinien und marktgängige Maschinen investieren. Bei der Fremdfinanzierung gilt das Motto: Weniger ist mehr.

Der Beitrag ist ein Auszug aus der aktuellen Fondszeitung.
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