Ausgangslage. Gemeinnützige Stiftungen sind sowohl von der Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuer befreit. Sie vereinnahmen daher die Erträge aus einer Direktanlage ihres Vermögens steuerfrei. Auch bei der Anlage über einen offenen oder geschlossenen Investmentfonds unterlagen nach der bis Ende 2017 geltenden Rechtslage die Erträge von gemeinnützigen Stiftungen grundsätzlich keiner steuerlichen Vorbelastung. Nach dem neu gefassten Investmentsteuergesetz, welches ohne Übergangsregelung ab dem 01. 01. 2018 Anwendung findet, erfolgt bei der Besteuerung von Erträgen aus kollektiven Anlageformen ein grundlegender Systemwechsel. Die bisherige Besteuerung, die wesentlich durch das Transparenzprinzip und in geringerem Umfang durch den Grundsatz der Trennung von Fonds- und Anlegerebene geprägt war, wird durch ein intransparentes Besteuerungssystem ersetzt. Nachfolgend wird dargestellt, wie sich die neuen steuerlichen Regelungen für die Anlagen von gemeinnützigen Stiftungen in offene oder geschlossene Investmentfonds auswirken.

Offene Investmentfonds. Das neue Investmentsteuergesetz unterscheidet zwischen offenen Investmentfonds und offenen Spezial-Investmentfonds. Sowohl inländische als auch ausländische offene Investmentfonds sind mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig. Der Körperschaftsteuersatz beträgt 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag; soweit die Einkünfte einem Steuerabzug unterliegen, ist im Steuersatz von 15 % der Solidaritätszuschlag enthalten. Allerdings sieht § 8 Investmentsteuergesetz eine Steuerbefreiung des Investmentfonds vor, soweit steuerbegünstigte Anleger, beispielsweise gemeinnützige Stiftungen, an ihm beteiligt sind. Die Höhe der Steuerbefreiung richtet sich nach dem Verhältnis der Anteile, die von steuerbefreiten Anlegern gehalten werden, zur Gesamtzahl aller ausgegebenen Anteile. Die Steuerbefreiung muss von Investmentfonds beantragt werden, wobei Nachweise für die Steuerbefreiung der Anleger in Form einer Statusbescheinigung und eine zusätzliche Bescheinigung der depotführenden Stelle über die Höhe der Beteiligung und die Haltedauer (Investmentanteil-Bestandsnachweis) vorgelegt werden müssen.

Nachdem die depotführende Stelle den Investmentanteil-Bestandsnachweis im Regelfall erst am Jahresende ausstellen wird, kann ein Kapitalertragsteuerabzug auf Ebene des Investmentfonds während des Jahres nicht verhindert werden. Der Investmentfonds wird in diesem Fall nach Ablauf des Geschäftsjahres die Erstattung der Kapitalertragsteuer beantragen und die Erstattungsbeträge an die steuerbefreiten Anleger überweisen. Allerdings ist derzeit noch unklar, ob sämtliche offenen Investmentfonds bereit sein werde, den erhöhten administrativen Aufwand im Zusammenhang mit der Steuerrückerstattung auf sich zu nehmen. Das komplexe Verfahren der Steuerrückerstattung für steuerbefreite Anleger kann von einem offenen Investmentfonds vermieden werden, wenn sich nach den Anlagebedingungen ausschließlich steuerbegünstigte Anleger an ihm beteiligen dürfen. In diesem Fall sind sämtliche Erträge von Anfang an steuerbefreit. Es ist anzunehmen, dass zukünftig vermehrt offene Investmentfonds angeboten werden, an denen sich ausschließlich gemeinnützige Stiftungen beteiligen können.

Offene Spezial-Investmentfonds. Der steuerliche Begriff des Spezial-Investmentfonds unterscheidet sich teilweise vom aufsichtsrechtlichen Begriff des Spezial-AIFs. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass sich an einem Spezial-Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes grundsätzlich keine natürlichen Personen beteiligen dürfen. Stiftungen können sich an einem investmentsteuerrechtlichen Spezial-Investmentfonds beteiligen.
Auch für Spezial-Investmentfonds gilt grundsätzlich ein intransparentes Besteuerungsregime, was insbesondere für steuerbegünstigte Anleger, die Erträge ohne steuerliche Vorbelastung auf Ebene des Investmentfonds erzielen wollen, nachteilig ist. Der Spezial-Investmentfonds kann jedoch die sogenannte Transparenzoption wahrnehmen, bei deren Ausübung die Erträge unmittelbar den Anlegern zugerechnet werden. Die Transparenzoption kann für inländische Einkünfte mit und ohne Kapitalertragsteuerabzug unabhängig voneinander ausgeübt werden:
Die Transparenzoption wird dadurch ausgeübt, dass der Spezial-Investmentfonds bei inländischen Beteiligungseinnahmen und sonstigen inländischen Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen, gegenüber der depotführenden Stelle unwiderruflich erklärt, dass die Steuerbescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer gegenüber dem Anleger und nicht gegenüber dem Spezial-Investmentfonds auszustellen ist. Die Anleger gelten in diesem Fall als Gläubiger der Einkünfte und als Schuldner der Kapitalertragsteuer. Wenn eine gemeinnützige Stiftung eine Bescheinigung über ihren steuerrechtlichen Status der depotführenden Stelle vorlegt, wird diese auf den Kapitalertragsteuerabzug verzichten und den vollständigen Betrag an die Stiftung auszahlen.

Soweit der Spezial-Investmentfonds inländische Immobilienerträge und sonstige inländische Einkünfte ohne Kapitalertragsteuerabzug erzielt, entfällt eine Steuerpflicht des Investmentfonds, wenn dieser auf die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge Kapitalertragsteuer erhebt, abführt und dem Anleger eine Steuerbescheinigung ausstellt. Da ein Spezial-Investmentfonds jedoch nicht zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet ist, wenn eine gemeinnützige Stiftung eine Bescheinigung über ihre Steuerbefreiung vorlegt, könnte nach dem Gesetzeswortlaut in diesem Fall eine Steuerbefreiung auf Ebene des Spezial- Investmentfonds nicht erreicht werden.

Im Hinblick auf den Gesetzeszweck wird in der Literatur insoweit überwiegend die Auffassung vertreten, dass auch ohne Einbehalt und ohne Abführung von Kapitalertragsteuer die Körperschaftsteuerbefreiung des Spezial-Investmentfonds eintritt.
Zur Vermeidung steuerlicher Risiken wird allerdings auch folgender Umweg vorgeschlagen: die Statusbescheinigung über die Steuerbefreiung der Stiftung wird von dieser erst nach Einbehalt und tatsächlicher Abführung von Kapitalertragsteuer durch den Spezial-Investmentfonds vorgelegt, der Spezial Investmentfonds ändert anschließend seine Kapitalertragsteueranmeldung und erstattet der Stiftung den entsprechenden Betrag.

Einordnung. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung künftig einen sowohl einfachen als auch rechtssicheren Weg aufzeigt, um die Steuerbefreiung des Spezial-Investmentfonds hinsichtlich seiner inländischen Immobilienerträge und sonstigen inländischen nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden Einkünfte sicherzustellen oder ob die Steuerbefreiung nur auf einem relativ unpraktikablen Umweg erreicht werden kann. Unabhängig davon, welche steuertechnische Abwicklungsform sich langfristig etablieren wird, ist festzustellen, dass die Freistellung von Immobilienerträgen bei offenen Spezial-Investmentfonds nur mit erhöhtem Verwaltungsaufwand auf Ebene des Investmentfonds und der gemeinnützigen Stiftung erreichbar sein wird.

Der Beitrag ist ein Auszug aus Fondszeitung 2/2018, die in den kommenden Tagen erscheint. Fordern Sie Ihr kostenfreies Exemplar an unter mail@welther-verlag.de

Teil II erscheint am Dienstag, den 4. April 2018.